Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Heimkehr der Tamilen begann

Vertriebene aus den Notlagern Sri Lankas dürfen zurück in ihre Dörfer

Von Hilmar König, Delhi *

In Sri Lanka begannen die Behörden jetzt mit der Rückführung von fast 42 000 Inlandsvertriebenen in ihre Heimatdörfer.

Bis Dezember, so die Regierung in Colombo, sollen 80 Prozent der rund 280 000 Flüchtlinge an ihre einstigen Wohnsitze zurückkehren. Präsident Mahinda Rajapakse hatte einer Parlamentarierdelegation aus dem indischen Unionsstaat Tamil Nadu Mitte des Monats bei einem Treffen in Colombo versprochen, dass innerhalb von 14 Tagen 58 000 Vertriebene, die überwiegend der tamilischen Minderheit angehören, heimkehren können. Tamil Nadus Chefminister M. Karunanidhi, der in der Vergangenheit seine Solidarität mit den ethnischen Brüdern im Norden Sri Lankas wiederholt unterstrichen hatte, erklärte zu der guten Botschaft aus Sri Lanka: »Wer bislang Zweifel hegte, sieht nun die allmähliche Rückkehr der Tamilen.«

Die Tamilen waren im Verlaufe des Krieges zwischen der Armee und den Befreiungstigern von Tamil Eelam (LTTE), die für einen tamilischen Separatstaat kämpften, geflüchtet bzw. vertrieben worden. Im Mai besiegten die Streitkräfte die Guerillatruppen des LTTE-Chefs Velupillai Prabhakaran endgültig. Seit dieser Zeit hausten die Flüchtlinge in von den Behörden eingerichteten Notlagern. Ihre Rückkehr gestaltete sich aus verschiedenen Gründen schwierig.

Die Sicherheitsdienste filzten jeden Lagerinsassen auf eventuelle Zugehörigkeit zu oder Kollaboration mit den Tamiltigern. Etwa 10 000 Menschen sollen ausgesondert worden sein. Durch den Krieg wurden weite Gebiete in den fünf nördlichen Distrikten verwüstet, die Infrastruktur, angefangen bei Straßen bis zur Versorgung mit Trinkwasser, zerstört. Außerdem wurde der Boden von nicht explodierten Granaten und Bomben sowie von Minen verseucht. Diese Hinterlassenschaft zu beseitigen, musste und muss Colombo noch immer ausländische Hilfe in Anspruch nehmen. Präsidentenberater Basil Rajapakse erklärte: »Die gesamte Infrastruktur wird wiederhergestellt. Der große Irrigationstank im Distrikt Mannar wird zum Beispiel bis zum 15. November repariert. Danach können daraus rund 4400 Hektar Reiskulturen bewässert wurden.«

Die Heimkehrer traten ihre Reise in die Distrikte Mannar, Mullaithivu, Kilinochi und Vavuniya mit von der Regierung gemieteten Bussen an. Jeder Vertriebene erhielt 5000 sri-lankische Rupien in bar und ein Sparbuch über 20 000 Rupien. Zur Versorgung gehört ein »Rationspaket« mit Nahrungsmitteln, Haushaltsgeräten, Betttüchern sowie mit Baumaterial zum Abdichten der Dächer, denn in den nächsten Tagen beginnt die Regenzeit in Sri Lanka. Etiketten an den Rationspaketen, die das zum Überleben Wichtigste für die nächsten sechs Monate enthalten, weisen darauf hin, dass es sich um Geschenke aus Indien handelt. Delhi unterstützt die Rehabilitation der tamilischen Vertriebenen großzügig materiell und finanziell.

* Aus: Neues Deutschland, 26. Oktober 2009


Zurück zur Seite Sri Lanka

Zurück zur Homepage