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Jerusalemer Ratschlag

Israels Premier trifft seinen srilankischen Amtskollegen – Tips für den Kampf gegen die tamilische Befreiungsbewegung LTTE

Von Hilmar König, Neu-Delhi *

In Israel bekam die srilankische Regierung in dieser Woche wertvolle Tips. Deren Premier Ratnasiri Wickremanayake hielt sich erstmals zu einem mehrtägigem »Arbeitsbesuch« in Jerusalem auf und ließ sich dabei ausgiebig von seinem Amtskollegen Ehud Olmert »im Kampf gegen den Terrorismus« beraten, so am Dienstag die regierungsoffizielle Presseerklärung zum Treffen (25.3.). Dabei verbindet beide Staaten tatsächlich ein vergleichbares Problem: der Freiheitswille einerseits der Palästinenser, andererseits der Tamilen. Beide kämpfen für ihr Selbstbestimmungsrecht – auch bewaffnet. »Macht dem Terrorismus keine Zugeständnisse. Das würde nur Zerstörung über euer Land bringen. Terrorismus muß bekämpft werden. Man darf niemals kapitulieren.« Das riet Olmert dem Gast von der südasiatischen Tropeninsel, der ganz Ohr war und sich über die gleiche Wellenlänge sichtlich erfreut zeigte.

Wickremanayake läßt derzeit seine Armee massiv in den tamilischen Gebieten des Nordens und Ostens gegen die Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) vorrücken und berichtete seinen israelischen Gastgebern von einem »ernsten terroristischen Problem«. Dieses beeinträchtige das tägliche Leben in Sri Lanka und behindere die wirtschaftliche Entwicklung. Und er behauptete, die LTTE unterhielten Kontakte zur kurdischen PKK-Guerilla, den afghanischen Taliban, islamischen Gruppen auf den Philippinen und zu Al Qaida. Damit versuchte er, eine »Brücke zwischen Terrorismus und Islam« zu schlagen, was wiederum Premier Olmert in dessen Bewertung der Welt bestätigt haben mag.

Beide Seiten haben allerdings längst die Phase theoretischer Erörterungen hinter sich gelassen. Seit Jahren liefert Israel moderne militärische Ausrüstungen an Colombo, die sich im Krieg mit den tamilischen Rebellen »bewähren«. Die enorm gewachsene Schlagkraft der Luftwaffe Sri Lankas beruht zu einem beträchtlichen Teil auf Fluggerät aus israelischen Waffenschmieden. Auf diesem Gebiet gibt es offensichtlich keinen Nachholebedarf – oder man spricht darüber lieber nicht –, denn bei Wickremanayakes Visite wurden nur Abkommen über Zusammenarbeit in Wissenschaft, Kultur und Bildung unterzeichnet.

Olmerts Ratschläge können von Colombo nur als Ermutigung verstanden werden, die Offensive gegen die von der LTTE kontrollierten Gebiete und die im Norden der Insel lebende Bevölkerung fortzusetzen und an der anvisierten »militärischen Lösung« des Konflikts zwischen der tamilischen Minderheit und der singhalesischen Mehrheit festzuhalten. Die in Colombo erscheinende Tageszeitung Daily News kommentierte den Israel-Besuch ganz in diesem Sinne: »Es gibt keine andere Option, als Terror mit Gewalt zu bekämpfen. Der israelische Führer hat keineswegs von Zurückhaltung gesprochen.« Und dann moniert das Blatt, daß der Westen Doppelstandards anwendet, indem er die miserable Menschenrechtslage in Sri Lanka kritisiert, während er Israel »volle Handlungsfreiheit bei der Bekämpfung des Terrorismus« läßt.

Der Besuch in Jerusalem verlief in den erwarteten Bahnen. Israels und Sri Lankas Regierende zeigten unwillig, den Ursachen für den Widerstand der Palästinenser und der tamilischen Rebellen auf den Grund zu gehen. Wer Terrorismus, Selbstbestimmung, Freiheit und Unabhängigkeit in einen Topf wirft, trägt schwere Mitschuld am Fortdauern der blutigen Konflikte.

* Aus: junge Welt, 29. März 2008


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