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Colombo in der Kritik

Appelle der UNO, Indiens und der USA: Zivilisten schützen

Von Hilmar König, Neu-Delhi *

Sri Lankas Präsident Mahinda Rajapakse hat am Wochenende auf einer Veranstaltung seiner Freiheitspartei (SLFP) erklärt, die Führer der Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) stünden vor ihrem ­Waterloo. In der sogenannten Sicherheitszone auf drei Seiten von der Armee umzingelt, blieben den Rebellen nur noch die Kapitualtion oder Selbstmord bzw. ein Sprung ins Meer. Er erwarte für die letzten »wichtigen Entscheidungen im nationalen Interesse« die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft und nicht Behinderungen und Querschüsse. Gemeint war offensichtlich die Absicht, der LTTE den militärischen Todesstoß zu versetzen.

Der Präsident, der vorige Woche erstmals das »befreite Gebiet« des einstigen LTTE-Verwaltungszentrums Kilinochi besuchte, war in den letzten Tagen verstärkt in die Kritik der UNO, Indiens und der USA geraten, sich ernsthaft für die Sicherheit der über 100000 Zivilisten in der »Sicherheitszone« und der in Lagern hausenden Tausenden Flüchtlinge zu kümmern. Die Regierung in Colombo wies einen neuerlichen Appell der UNO zurück, einer längerfristigen Feuerpause zuzustimmen, um wenigstens den festsitzenden Zivilisten humanitäre Hilfe leisten zu können. Verteidigungsminister Gotabhaya Rajapakse lehnte das gegenüber dem UN-Beamten Vijay Nambiar bei dessen jüngstem Besuch in Colombo mit der Begründung ab, die Feuerpause am 12. und 13. April habe »kein Ergebnis« gebracht, denn nur ein paar hundert Zivilisten hätten die »Sicherheitszone« verlassen können. Deshalb werde die militärische Offensive fortgesetzt. Diese, so behauptete er, führe man sehr umsichtig durch, da es sich um eine »Rettungsaktion von Geiseln« handele.

Farhan Haq, einer der Sprecher des UNO-Generalsekretärs, nannte zwei gravierende Probleme: Einerseits habe man das Militär Sri Lankas wiederholt aufgefordert, nicht mit schweren Waffen und Artillerie in der Konfliktzone zu operieren, damit unschuldigen Zivilisten nicht der Weg nach draußen versperrt wird. Andererseits müsse die LTTE erlauben, daß Zivilisten die Zone verlassen können. Die UNO setzte ihre Bemühungen in beide Richtungen fort.

Indiens Außenminister Pranab Mukherjee gab am Freitag die bislang stärkste Stellungnahme Neu-Delhis zum Krieg in Sri Lanka ab. Darin hieß es, die fortgesetzten militärischen Schläge der srilankischen Streitkräfte, die zu Opfern unter der Bevölkerung führen, seien »völlig inakzeptabel«. Die Interessen der Tamilen, die Bürger Sri Lankas sind, müßten berücksichtigt werden. Priorität habe die Sicherheit der in die Falle der »Nichtfeuerzone« geratenen Zivilisten. Ein ähnlicher Appell aus Washington unterstrich: »Ein dauerhafter Frieden wird nur durch eine politische Lösung erreicht, die die legitimen Aspirationen aller Gemeinschaften in Sri Lanka berücksichtigt.« M. Karunanidhi, der Chefminister des südindischen Bundesstaates Tamil Nadu, forderte von Neu-Delhi, die diplomatischen Beziehungen zu Sri Lanka abzubrechen, wenn Colombo nicht auf die indischen Forderungen eingeht.

Ein Abordnung der Tamilischen Nationalen Allianz (TNA), die im srilankischen Parlament vertreten ist, begrüßte bei ihrem Besuch in Neu-Delhi die Erklärung von Außenminister Mukherjee. Der Führer der Gruppe, R. Sampanthan, wies auf einer Pressekonferenz die Behauptungen der srilankischen Armee zurück, die LTTE würde Zivilisten als »menschliche Schutzschilde« einsetzen. Im Gegenteil, so betonte er, wäre es das Militär, das erbarmungslos hilflose Menschen tötet, die auf Medikamente, Nahrungsmittel, Milch und Wasser warten. Colombo wäre darauf aus, »die ethnischen Tamilen auszurotten«. Die in der »Sicherheitszone« gestrandeten Menschen hätten Angst vor den Streitkräften, und bei den Flüchtlingslagern handele es sich um nichts anderes als um »Konzentrationslager«. Deren Insassen würden illegal festgehalten, gefoltert und verschleppt. Die TNA-Delegation führte Gesprache mit indischen Regierungsvertretern und Politikern.

* Aus: junge Welt, 20. April 2009


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