Colombo drosselt die Hilfe
Sri Lankas Regierung lässt Konten tamilischer Hilfsorganisation sperren
Von Hilmar König, Delhi *
Die Konten der Tamilischen Organisation für Rehabilitation (TRO) sind seit dem Wochenende
gesperrt. Dies trägt zur weiteren Verschärfung des Konflikts in Sri Lanka bei.
Die Regierung in Colombo verdächtigt die Nichtregierungsorganisation der Kollaboration mit den
tamilischen Befreiungstigern (LTTE). Keheliya Rambukwella, Sprecher des
Verteidigungsministeriums, erklärte gegenüber der indischen Zeitung »The Hindu«, die
Entscheidung sei eine Folgemaßnahme der Festnahme von acht Personen am 19. August in den
USA. Den Verhafteten wird vorgeworfen, die LTTE, die in den USA auf der Liste der
Terrororganisationen steht, mit Material versorgt zu haben. Außerdem habe das Parlament in
Colombo im vergangenen Monat ein Gesetz gegen Geldwäsche verabschiedet. Sollten sich die
Vorwürfe gegen die TRO nicht bestätigen, so der Sprecher, würden die Bankkonten wieder frei
gegeben.
Vorerst jedoch wird sich diese Entscheidung spürbar auf die Versorgung der Bevölkerung im
Nordosten des Landes auswirken, wo seit dem Frühjahr wieder heftige Gefechte zwischen den
Rebellen und den Streitkräften toben. Wie das Verteidigungsministerium meldete, wurden allein am
Samstag vor Point Perdo im Norden der Jaffna-Halbinsel zwölf LTTE-Boote versenkt. Mindestens 75
Rebellen sollen ums Leben gekommen sein.
Die TRO ist bei der Regierung Sri Lankas als Wohltätigkeitsorganisation registriert und operiert
vorwiegend im Norden und Osten des Landes. Nach eigenen Angaben habe es nie zuvor
Beanstandungen an ihrer Tätigkeit gegeben. Ihre Bewährungsprobe hatte sie nach dem Tsunami
vom Dezember 2004 zu bestehen. Da die Vereinbarung zwischen der LTTE und der Regierung über
eine koordinierte Tsunami-Hilfe am Veto des höchsten Gerichtshofes scheiterte, lag die Hauptlast
der Hilfe auf der TRO. In einer Stellungnahme verwies sie darauf, dass sie bislang rund 20 Millionen
Dollar in Tsunami-Projekte investiert habe, von denen alle ethnischen Gruppen profitierten. Die
Mittel stammen aus Spenden der tamilischen Diaspora sowie Fonds der UNO und zahlreicher
internationaler Hilfsorganisationen. Eine Zusammenarbeit erfolgt u.a. mit dem UN-Kinderhilfswerk
UNICEF, mit Save the children, Action aid, Nippon Foundation und Swiss Village. Es handelt sich
um die Betreuung von Kindern, um Gesundheitsprojekte, Wohnungsbau, Wasserversorgung und
den Aufbau von Abwassersystemen.
Dass die Notwendigkeit für Hilfsmaßnahmen in den letzten Wochen noch zwingender geworden ist,
erklärt sich aus der ständigen Eskalation der Kämpfe im Norden und Osten. Mindestens 200 000
Menschen mussten deshalb ihre Siedlungsgebiete verlassen, tausende flüchteten ins indische Tamil
Nadu. Die unsichere Lage sowie die Ermordung von 17 Mitarbeitern einer französischen
Organisation Anfang August und die Schließung der Hauptverkehrsader in den Norden führten dazu,
dass die meisten internationalen Hilfsorganisationen ihre Tätigkeit aussetzten. TRO gehört zu den
wenigen, die in dieser kritischen Situation weiter arbeiten. Die UNO schätzt den Bedarf der
Flüchtlinge an Nahrung, Wasser, Unterkünften und Medikamenten auf 37,5 Millionen Dollar. Die
Tamilische Organisation für Rehabilitation nannte vor diesem Hintergrund die Kontensperrung einen
Schritt, der die Leiden der Bevölkerung im Nordosten verschlimmert und dringend benötigte Hilfe für
diese Region nahezu unmöglich macht.
* Aus: Neues Deutschland, 5. September 2006
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