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Der alte bleibt im Amt

Bei der Präsidentenwahl in Sri Lanka setzte sich zum zweiten Mal Mahinda Rajapakse durch. Sein Konkurrent, Exarmeechef Fonseka, erhebt Vorwurf der Manipulation

Von Hilmar König, Neu-Delhi *

Knallfrösche, Nationalflaggen, Tänze und Gesänge auf den Straßen von Colombo. Die Anhänger von Präsident Mahinda Rajapakse feierten am Mittwoch ausgelassen den Wahlsieg des 64jährigen. Das alte ist auch das neue Staatsoberhaupt Sri Lankas. Dessen Rivale, der ehemalige Armeechef General a.D. Sarath Fonseka, mußte einen Stimmenanteil von rund 40 Prozent gegenüber Rajapakses mindestens 58 Prozent quittieren. Der Verlierer saß am Mittwoch mit Vertretern der Opposition im von der Polizei umzingelten »Cinnamon Grand Hotel« im Zentrum Colombos. Er hatte sich dorthin in Sicherheit gebracht, weil er um sein Leben fürchtete. Gegenüber der indischen Zeitung The Hindu sprach er von einem »manipulierten Wahlergebnis« sowie von »Verletzung der Verfassung und Wahlgesetze« und sah eine »große Gefahr für die Demokratie im Land«. Das Sekretariat des Präsidenten wies das als »lächerliche Vorwürfe« zurück. Es habe »freie und faire Wahlen« gegeben.

Fonseka gescheitert

Dem mächtigen Politapparat des Staatsoberhaupts – allein 50 Minister, 36 Minister, die nicht dem Kabinett angehören, und 21 stellvertretende Minister – hatte der Exgeneral nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen. Zudem bediente sich Rajapakse natürlich der gut geölten Wahlmaschine seiner Sri Lanka Freiheitspartei sowie staatlicher Ressourcen, angefangen bei den Medien bis zu Fahrzeugen für die Wahlkampagne. So verwunderte auch nicht, daß das staatliche Fernsehen »Rupavahini« bereits am Mittwoch vormittag den Sieg verkündete, als 85 Prozent der Stimmen ausgezählt und mehr als die Hälfte davon auf Rajapakse entfallen waren.

Dessen Kalkulationen sind voll aufgegangen. Er hat die Präsidentenwahl zwei Jahre vorgezogen, um auf der Welle des Triumphes über die tamilischen Befreiungstiger (LTTE) zum Erfolg zu reiten. Er war 2005 mit dem Versprechen angetreten, die LTTE auszulöschen, und löste es im Mai 2009 mit Hilfe der unter dem Kommando General Fonsekas stehenden Armee und der politischen Assistenz der singhalesisch-nationalistischen Kreise ein. Fonseka wollte ihm deshalb den Status eines »Kriegshelden« streitig machen, trat als Gegenkandidat zur Wahl an und scheiterte nun. Rajapakses Kriegskurs, der mit der einseitigen Beendigung des brüchigen Waffenstillstands mit der LTTE begann und mit der Internierung von 300000 überwiegend tamilischen Flüchtlingen in Notlagern endete, stieß im Ausland wiederholt auf Kritik, allerdings ohne jegliche Wirkung.

Zum jetzigen Wahlerfolg Rajapakse dürfte beigetragen haben, daß er als Staatsoberhaupt demonstrativ eine Reihe von Infrastruktur- und Entwicklungsprojekten anschob und sich für die Wiederbelebung der Agrarwirtschaft engagierte. In den ländlichen Gebieten verfügt er über starken Anhang.

Den Frieden gewinnen

In seiner zweiten Amtszeit erwarten die tamilische Minderheit und die internationale Gemeinschaft von ihm endlich ernsthafte Lösungsvorschläge für den ethnisch-sozialen Konflikt. Dieser führte 1983 zum Krieg mit der LTTE, bei dem rund 100000 Menschen ums Leben kamen, die meisten davon Zivilisten. Nach wie vor wirft die Opposition dem Präsidenten vor, den Krieg, aber (noch) nicht den Frieden gewonnen zu haben. Sie kreidet ihm auch an, das Kriegsgeschehen und den Kampf der Befreiungstiger für einen separaten Staat Tamil Eelam zum Vorwand für den Abbau der Bürger- und die Verletzung von Menschenrechten genommen zu haben.

Mahinda Rajapakse gehört zu den erfahrensten Politikern Sri Lankas und blickt auf eine 40jährige politische Karriere in der Sri Lanka Freiheitspartei zurück. Bereits 1970 wurde er mit 24 Jahren ins Parlament gewählt. Bevor er 2005 erstmals zum Präsidenten gewählt wurde, hatte er sich über viele Jahre als Aktivist für Menschenrechte und die Interessen der Arbeiterschaft und Gewerkschaften eingesetzt. 30 Jahre lang fungierte er auch als Vorsitzender des srilankischen Solidaritätskomitees mit den Palästinensern. Die Opposition wirft ihm Vetternwirtschaft vor, weil er drei seiner vier Brüder in der Regierung untergebracht und etliche Verwandte mit einflußreichen Verwaltungsposten versorgt hat.

* Aus: junge Welt, 28. Januar 2010


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