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Was wird aus der Waffenruhe?

Sri Lanka: Mahinda Rajapakse übernahm nach Wahlsieg Staatschefamt

Am 17. November wurde in Sri Lanka gewählt. Und es kam, wie die meisten Beobachter vorausgesehen hatten: Der Favorit Mahinda Rajapakse von der Freiheitspartei (SLFP) gewann gegen seinen Herausforderer. Das Ergebnis war knapp - aber das spielt im nachhinein keine Rolle mehr.
Die große Frage wird sein, wie der neue Staatschef im Konflikt mit den tamilischen Befreiungstigern agieren wird. Befürchtungen, dass sich das Klima wieder verschärft und beide Seiten zum bewaffneten Kampf zurückkehren, werden laut - auch wenn Rajapakse unmittelbar nach seiner Vereidigung im neuen Staatsamt den Befreiungstigern Friedensgespräche angeboten hat.
Im Folgenden einen Bericht über den Ausgang der Wahl sowie eine aktuelle Meldung.



Premier als Präsident

Von Hilmar König

Fast fünf Millionen Wähler in Sri Lanka bereiteten ihrem Premier ein Geburtstagsgeschenk, als sie ihm am vergangenen Donnerstag mit ihrem Votum zum Sieg über den Gegenspieler von der oppositionellen Vereinten Nationalpartei (UNP) verhalfen. Im Endergebnis lag Mahinda Rajapakse als Kandidat der Freiheitspartei (SLFP) mit 50,3 Prozent nur 1,9 Prozentpunkte vor Ranil Wickremasinghe. Am Freitag feierte Rajapakse seinen 60. Geburtstag, am Sonnabend wurde er in sein neues Amt eingeführt.

Rajapakse stammt zwar aus einer konservativen singhalesischen Familie, was ihn aber nicht daran hinderte, eine Katholikin zu heiraten. Über seine politischen Ansichten gehen die Meinungen beträchtlich auseinander. Die einen bezeichnen ihn als links von der in der Mitte angesiedelten »Sozialisten«, der im staatlichen Sektor den Motor für wirtschaftlichen Aufschwung sieht und gern populistische Versprechungen macht. Die anderen bescheinigen ihm eine gehörige Portion Opportunismus und argumentieren, er wolle nirgendwo anecken und rede jedem zum Munde. Ideologische Wurzeln habe er nicht. Wie dem auch sei: Das Kapital reagierte verschreckt auf seinen Sieg. Die Aktienkurse an der Börse in Colombo sackten bereits am Donnerstag um etwas mehr als sieben Punkte.

Den entscheidenden Beitrag für seinen Wahlsieg leisteten jedoch überraschend die tamilischen Befreiungtiger (LTTE), die von Rajapakses Allianz aus 24 Parteien einen scharfen Konfrontationskurs zu erwarten haben. Sie riefen in den tamilischen Gebieten des Nordens und des Ostens zum Wahlboykott auf und setzten diesen auch durch. Zumindest im Norden lag die Wahlbeteiligung nur bei 0,5 Prozent, im ganzen Land bei 75 Prozent. Für Ranil Wickremasinghe bedeutete das nicht nur eine herbe Enttäuschung, denn er genießt den Ruf als »Architekt der Waffenruhe«, die er 2002 als Premier aushandelte und von der die tamilische Bevölkerungsminderheit bis heute beträchtlich profitiert. Der Boykott brachte Wickremasinghe wohl auch um den Wahlsieg, ohne den die Tamilen wahrscheinlich mehrheitlich für ihn gestimmt hätten. Deshalb fordert er auch Neuwahlen im Norden.

Es bleibt das Geheimnis der LTTE, was sie mit dem Boykott bezweckte. Pessimisten äußerten, er sei ein Signal dafür, daß die Guerilla zum nächsten Waffengang bereit ist. Sie habe von dem im Wahlmanifest der Vereinten Volks-Freiheits-Allianz formulierten »neuen Ansatz« nichts Positives für die Lösung des ethnisch-sozialen Konflikts zu erwarten. In der Allianz spielen die SLFP und die singhalesisch-chauvinistische Volksbefreiungsfront die dominierende Rolle.

* Aus: junge Welt, 21. November 2005


Neuer Präsident bietet Rebellen Gespräche an

Sri Lankas neuer Präsident Mahinda Rajapakse hat den Tamilen-Rebellen der LTTE nach seiner Vereidigung am Wochenende Friedensgespräche angeboten. Zugleich forderte er, das Abkommen zum brüchigen Waffenstillstand zu überprüfen. Rajapakse trat am Samstag die Nachfolge von Chandrika Kumaratunga an, die dieses Amt elf Jahre innehatte. Wahlbeobachter forderten allerdings, in den Tamilen-Gebieten im Osten und Norden die Präsidentenwahl zu wiederholen. Sie bemängelten, der von den LTTE-Rebellen erzwungene Wahlboykott habe das Ergebnis beeinflusst.
>br> Der Hardliner Rajapakse von der Regierungspartei SLFP hatte die Wahl mit 190 000 Stimmen Vorsprung nur knapp gegen Oppositionsführer Ranil Wickremesinghe gewonnen. Königsmacher war die LTTE, die einen Wahlsieg des moderaten Wickremesinghes verhinderte. Sie hielt Wähler in den Tamilengebieten von der Stimmabgabe ab.

Quelle: Frankfurter Rundschau, 21. November 2001


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