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Sudan: Chronik wichtiger Ereignisse

Juli/August 2009


Mittwoch, 1. Juli - Sonntag, 12. Juli
  • Die sudanesische Regierung übte starke Kritik an Frankreich und beschuldigte die Regierung unter Präsident Sarkozy, nicht an einer langfristigen Lösung des Darfurkonfliktes interessiert zu sein. (2. Juli) Grund hierfür: Frankreich will den Rebellenführer der Sudan Liberation Movement (SLM), Abdel-Wahid Al-Nur, nicht an die sudanesische Regierung ausliefern. Ein Sprecher des französischen Außenministeriums erklärte, Al-Nur würde in Frankreich bleiben, damit die französische Regierung mit ihm mehr Druck auf die sudanesische Regierung ausüben und die Friedensdiskussionen beschleunigen könne. Al-Nur wiederum verlangte ein Ende der Gewalt seitens der sudanesischen Regierungsarmee und machte dies zur Bedingung für Friedensgespräche.
  • Sudan ist der African Petroleum Producers Association (APPA) beigetreten. (6. Juli) Damit ist das Land das 15. Mitglied der Organisation für regionale Kooperation von Ölproduzenten. APPA wurde 1987 ins Leben gerufen, um Zusammenarbeit zu fördern und die Vereinheitlichung in Bezug auf u.a. Ölförderung und Vermarktung zu stärken.
  • Die Afrikanische Union betonte zum wiederholten Male, sie würde den Haftbefehl für Präsident Omar el-Beshir nicht unterstützen, das erklärte der ehemalige südafrikanische Präsident Thabo Mbeki. (10. Juli)
  • Mehrere sudanesische Frauen sollen in der Landeshauptsstadt Khartum aufgrund "unzüchtiger Kleidung" verhaftet worden sein, wie eine lokale Journalistin berichtete. (11. Juli) Sie gehörte zu den Frauen, die in Haft genommen wurden. Sie alle hatten, entgegen der üblichen Kleidungsart, Hosen getragen. Die Strafe wurde auf Peitschenhiebe festgesetzt.
  • Erneut ist es in der Krisenregion Darfur zur Entführung von Mitarbeitern einer Hilfsorganisationen gekommen. (12. Juli) Diesmal sollen es sich um zwei weibliche Helferinnen der irischen Nichtregierungsorganisation GOAL handeln. Laut ersten Meldungen sollen sie am Leben sein.
  • Der Leiter der UN-Friedensmissionen Alain LeRoy hat dem sudanesischen Außenministerium das weitere Engagement und die langfristige Kooperation zugunsten des Friedens zugesichert. (12. Juli) Die Friedensmission in Darfur (UNAMID) soll Ende 2009 auf die geplante Gesamt-Truppenzahl von 26.000 Soldaten und Polizisten anwachsen. Gleichzeitig äußerten die UN Besorgnis über die im Südsudan wachsende Gewalt.
Montag, 13. Juli - Freitag, 31. Juli
  • Die Vertreter der Justice and Equality Movement (JEM) drohten, sich aus den Friedensgesprächen zurückzuziehen, sofern die sudanesische Regierung weiterhin darauf beharre, andere Rebellengruppen an den Verhandlungen teilnehmen zu lassen. (13. Juli) Beobachter sehen in dieser Haltung eines der grundlegenden Probleme der Friedensbemühungen in Darfur: Nicht nur die JEM, sondern auch andere Gruppierungen sind nicht bereits zusammen mit anderen an den Verhandlungstisch zu treten.
  • China und der Sudan haben eine Vertiefung ihrer Kooperation bekanntgegeben, das erklärte der sudanesische Verteidigungsminister Abdel Rahim Mohamed Hussein bei seinem Besuch in China. (13. Juli)
  • Die sudanesische Regierung hat China in Bezug auf die Uiguren-Unruhen, die sich am 5. Juli ereignet haben, Unterstützung und Rückhalt zugesichert. (15. Juli) Die ethnische Minderheit in der Xinjiang-Region hatte sich mit Gewalt gegen Bestimmungen der chinesischen Regierung aufgelehnt. Dabei sollen mindestens 200 Menschen ums Leben gekommen sein. Der sudanesische Verteidigungsminister Abdel Rahim Mohamed Hussein erklärte, seine Regierung würde alle chinesischen Maßnahmen zur Beilegung der Unruhen unterstützen.
  • Ein UN-Repräsentant im Sudan, Ashraf Qazi, hat bekannt gegeben, dass südsudanesische Soldaten in die ölreiche Region Abyei Einzug gehalten hätten. (18. Juli) Die Provinz ist ein Streitpunkt zwischen Süd- und Nordsudan. Qazi wurde einen Tag später von der Regierung Südsudans aufgefordert, noch einmal nach Abyei zu reisen und sich davon zu vergewissern, dass dort keine südsudanesischen Truppen zugegen sind. Außerdem erklärten die Vereinten Nationen, auch die Rebellen müssten Abyei verlassen. (19. Juli) Qazi lagen Informationen bezüglich des Aufenthalts von Sudan People's Liberation Army (SPLA)-Kämpfern in der ölreichen Region vor. SPLA-Mitglieder – die mit ihrer Anwesenheit in Abyei gegen die Friedensvertraginhalte verstoßen würden – wiesen noch am selben Tag die Anschuldigungen Qazis zurück.
  • Die sudanesische Regierung hat sich an die Vereinten Nationen gewandt, weil das Militär des Nachbarsstaates Tschad Flugangriffe über dem sudanesischen Gebiet geflogen hatte. (20. Juli) Zwei tschadische Flugzeuge sollen Regionen im Westen Darfurs angegriffen haben. Die sudanesische Regierung betonte, sie wolle Frieden mit dem Nachbarsland fördern, würde sich jedoch zur Wehr setzen, sollten weitere Angriffe folgen.
  • Die sudanesische Regierung hat den Leiter der UN-Friedensmissionen Alain Le Roy für seine Kommentare kritisiert, dass Flüchtlinge in Darfur bei der Volkszählung für die anstehenden Wahlen im kommenden Jahr vernachlässigt und nicht registriert wurden. (26. Juli) Roy befürchtet, die aus ihren Heimatorten Vertriebenen werden nicht in der Lage sein, ihrem Stimmrecht nachzukommen. Ein Sprecher des sudanesischen Außenministeriums ließ verlauten, die National Election Commission (NEC) habe dieses Problem berücksichtigt. Sudanesische Diplomaten wiederum haben Roy kritisiert und betont, das UN-Mandat würde ihm kein Recht zugestehen, politische Äußerungen zu tätigen.
  • Vertreter Äthiopiens und Südsudans haben sich auf eine engere Zusammenarbeit verständigt. (27. Juli) Besonders die Elemente Sicherheit und Infrastruktur sollen ausgebaut werden. Die beiden Seiten haben drei Tage lang Diskussionen in Juba, der Hauptstadt Südsudans abgehalten.
  • Unter dem Titel „Towards a Comprehensive Strategy for Sudan” fand am 30. Juli eine Hörung des Komitees der Außenbeziehungen im US-Senat statt. Dazu wurden Experten aus der Politik, dem Militär und dem akademischen Sektor eingeladen. Die Ergebnisse wurden noch nicht veröffentlicht.
Samstag, 1. August, bis Sonntag, 16. August
  • Die Tageszeitung Sudan Tribune wirft der National Congress Party (NCP/NIF) unter Präsident al-Bashir vor, diese sei darauf bedacht, den südlichen Sudan als Teil des Landes zu behalten, obgleich im Friedensabkommen (Comprehensive Peace Agreement) von 2005 festgelegt wurde, die Südsudanesen würden in einem Referendum im Jahr 2011 selbst über ihren Staat und seine potentielle Unabhängigkeit bestimmen. (7. August)
  • Während ihrer elftägigen Reise durch Afrika hat Außenministerin Hillary Rodham Clinton mit dem südafrikanischen Präsidenten Jacob Zuma unter anderem die Situation in Sudan diskutiert. (8. August)
  • Mehrere Tausend Menschen in 35 Ländern unterstützen den Aufruf der Schauspielerin Mia Farrow, die Ende April aus Solidarität mit den Menschen in Darfur in Hungerstreik gegangen war. Zum Fasten haben sich unter anderem in den USA katholische und jüdische Gemeinschaften entschlossen. (9. August) Sie wollen gleichzeitig de Öffentlichkeit weiter auf die Lage der Menschen in Darfur aufmerksam machen.
  • Die ugandische Rebellengruppe Lord's Resistance Army, die für die Entführung von Kindern und ihre Heranbildung zu Soldaten berüchtigt ist, hat sich erneut über Ugandas Grenzen ins sudanesische Gebiet bewegt. (10. August) Im Südwesten Sudans, besonders der Provinz Western Equatoria, haben die Rebellen zahlreiche Dörfer und Ortschaften überfallen und rund 55.000 Menschen zur Flucht gezwungen. Während dieser Überfälle haben sie Minderjährige entführt.
  • Soldaten aus Burkina Faso, Äthiopien sowie Tansania haben die African Union-United Nations Mission in Darfur (UNAMID) um insgesamt rund 800 Mann verstärkt. (12. August) Sie werden unter anderen in den Gebieten El Geneina and Foro Baranga im Westen Darfurs tätig sein.
  • Einige oppositionelle Parteien im Sudan fordern eine Änderung der bestehenden Wahl- und Versammlungsgesetze, ansonsten wollen sie die Wahlen im nächsten Jahr boykottieren. (14. August) Sie befürchten die bestehenden Rechte würden zum Missbrauch seitens Präsident al-Bashir und seiner Partei führen und würden legale und faire Wahlen verhindern.
  • Hochrangige jüdische Geistliche aus Ägypten haben Präsident Mubarak dafür kritisiert, dass er al-Bashir in Ägypten empfangen hatte. (15. August) Die Geistlichen schrieben einen Brief, der Mubarak während seiner Reise in die USA überreicht würde. In dem Schreiben äußerten die Verfasser Sorge, weil Mubarak einen vom Internationalen Strafgerichtshof zur Verhaftung freigegeben Mann in ihrem Land willkommen geheißen hat. Al-Bashir, so die Geistlichen, habe Völkermordähnliches Vorgehen seines Militärs geduldet und müsse sich für dieses verantworten.
  • Erneut ist es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Rebellen des muslimischen Nord-Sudans und katholischen Rebellengruppen sowie Anhängern traditioneller afrikanischen Volksglauben im Südsudan gekommen. (15. August) Als Grund für die Fehde gelten die Ölquellen in einigen Provinzen des südlichen Sudans.
Montag, 17. August, bis Montag, 31. August
  • Am 18. August wurde eine spezielle Polizeieinheit innerhalb der African Union - United Nations Hybrid Operation in Darfur (UNAMID) zusammengestellt. Sie soll ihre Untersuchungstätigkeit auf geschlechtsbasierte Vergehen wie Vergewaltigungen konzentrieren. Sexuelle Übergriffe seien seit rund zwei Jahren zu einem markanten Problem innerhalb der sudanesischen Region angewachsen, so die UNAMID-Beobachter vor Ort. Die Polizeieinheit besteht aus sieben speziell für die Aufgaben ausgebildeten Mitarbeitern.
  • Vier Rebellengruppen aus Darfur haben sich nach mehrtägigen Gesprächen zu einer Kooperation zugunsten einer friedlichen Beilegung des Konflikts in der sudanesischen Region bereit erklärt. (22. August) Die Diskussionen wurden von den USA ausgerichtet und fanden in der äthiopischen Hauptstadt Addis Ababa statt. Führer von drei Splittergruppen der Sudan Liberation Army und einer Splittergruppe der Justice and Equality Movement willigten zur Zusammenarbeit ein. Das Treffen in Addis Ababa stell einen von mehreren Versuchen dar, die rund 30 Rebellen- und ihre Splittergruppen aus Darfur zu Verhandlungen mit der sudanesischen Regierung zu motivieren.
  • Die African Union - United Nations Hybrid Operation in Darfur (UNAMID) versucht die Situation in den Gefängnissen in Darfur zu verbessern: Sie hat am 24. August essentielle Gerätschaften in ein Frauengefängnis in Khanaga im Westen Darfurs geliefert, darunter Kochgeschirr, Bettzeug sowie medizinische Ausstattung. Außerdem hat UNAMID der Unterstützung beim Ausbau des Gefängnisses zugestimmt.
  • Der Berater des sudanesischen Präsidenten, Ali Tamim Fartak, wies die Anschuldigungen der früheren südsudanesischen Rebellengruppe Sudan People's Liberation Movement (SPLM) zurück: Die sudanesische Regierung ist laut Fartak in die gewaltsamen Auseinandersetzung vom vorangegangenen Tag nicht involviert gewesen. (29. August) Wenige Stunden zuvor sollen in dem Bundesstaat Jonglei rund 40 Menschen getötet und 60 verletzt worden sein.
  • Der venezuelanische Präsident Hugo Chavez hat seinen sudanesischen Amtskollegen trotz des Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofes offiziell zum zweiten Afrikanisch-Südamerikanischen Gipfeltreffen eingeladen, das in Caracas stattfinden soll (29. August) Sudan hatte seinen ersten Botschafter zwei Wochen zuvor nach Venezuela entsandt. Die beiden Länder führen seit 2005 diplomatische Beziehungen miteinander.
  • Die sudanesische Regierung verurteilt die Entführung von zwei African Union - United Nations Hybrid Operation in Darfur (UNAMID)-Mitarbeitern im Westen Darfurs. (31. August) Osman Khalid, der Sprecher des sudanesischen Außenministeriums, betonte, seine Regierung würde nicht in Verhandlungen mit den Entführern treten und sich von ihnen nicht erpressen lassen.


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