Feinde am Verhandlungstisch
Darfur-Rebellen und Sudans Regierung reden in Katar miteinander
Von Marc Engelhardt, Nairobi *
Die Regierung Sudans und Rebellen in Darfur verhandeln miteinander. Ein in Katar
unterschriebenes Abkommen erklärt den »guten Willen« beider Seiten, den Konflikt beizulegen.
Doch an den mag angesichts andauernder Kämpfe kaum jemand glauben.
Es schien, als hätten die Gastgeber im Wüstenemirat Katar massiv auf einen ersten Erfolg der
Gespräche zwischen den Darfur-Rebellen der »Bewegung für Gleichheit und Gerechtigkeit« (JEM)
und Sudans Regierungsunterhändlern gedrungen. Anders lässt sich der Enthusiasmus kaum
erklären, den Katars Premier Sheikh Hamad al Thani dieser Tage verbreitete. »Es gibt einen großen
Fortschritt, wir haben ein Abkommen, das unterschrieben wird.« Und tatsächlich kamen die Vertreter
beider Seiten letzte Woche zusammen, um ihre Unterschrift unter eine »Absichtserklärung des guten
Willens« zu setzen. Diese sieht vor, dass beide Seiten als vertrauensbildende Maßnahme
Kriegsgefangene austauschen und die Gespräche fortsetzen wollen. Ein Sprecher der JEM, Ahmed
Hussein Adam, fasste den Gehalt in einem Satz zusammen: »Dieses Abkommen ist der erste
Schritt, der die Grundlage sein könnte, auf dem man einen Friedensprozess beginnt.« Viel weiter als
bei Gesprächsbeginn vor einer Woche ist man also nicht -- das hatte auch kaum jemand erwartet.
Vergangene Darfur-Verhandlungen zogen sich über Monate, bevor sie dann doch scheiterten.
Daran, dass die Verhandlungen fortgesetzt werden, hat vor allem Sudans Regierung Interesse.
Schließlich will der Internationale Strafgerichtshof in naher Zukunft darüber entscheiden, ob gegen
Sudans Präsidenten Omar Hassan al Baschir ein Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen in Darfur
ausgestellt wird. Je bemühter sich Baschirs Regierung zeigt, zu einer friedlichen Lösung zu
kommen, desto eher werden die Richter oder in letzter Instanz der UN-Sicherheitsrat zu seinen
Gunsten entscheiden. Die JEM wiederum will im Gespräch bleiben, um sich in der bis zur
Unübersichtlichkeit zersplitterten Rebellenlandschaft zu profilieren.
Außer der JEM hatten alle anderen Rebellengruppen die Teilnahme abgesagt, weil sie Katar zu
große Nähe zu Sudans Regierung vorwerfen. Unterdessen goss Minni Minnawi, ehemals Führer der
»Sudanesischen Befreiungsarmee« und seit 2006 Sonderberater von Baschir, neues Öl ins Feuer.
»Die JEM will sich zur einzigen Macht in Darfur aufspielen«, warnte er. Es sah so aus, als wolle
Sudans Regierung die Chance nutzen, die Rebellen weiter zu spalten.
Der Weltsicherheitsrat und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon haben die Vereinbarung zwischen der
sudanesischen Regierung und der Rebellengruppe JEM zur Krisenregion Darfur als einen Schritt in
die richtige Richtung begrüßt. Jetzt müsse aber tatsächlich eine Waffenruhe folgen, verlangte der
Sicherheitsrat nach Angaben des amtierenden Präsidenten Yukio Takasu. Zudem müssten auch
andere Rebellengruppen in die Friedensbemühungen einbezogen werden. Ban erklärte: »Solange
die Beteiligten nicht ihre Feindseligkeiten einstellen, kann sich die Lage nicht verbessern.«
Doch ein wirklicher Frieden zwischen JEM und Baschir gilt als unwahrscheinlich. Baschir hat es der
JEM nicht verziehen, dass ihre Rebellen im vergangenen Frühjahr bis kurz vor Khartum
vorgedrungen sind und damit seine Macht gefährdet haben.
Der seit sechs Jahren währende Bürgerkrieg im Westen Sudans, bei dem mindestens 300 000
Menschen ums Leben gekommen und mehr als zwei Millionen vertrieben worden sind, wird wohl
weitergehen. Während in Katar unterschrieben wurde, schossen JEM-Einheiten und Armee in Darfur
erneut aufeinander. Ein Durchbruch in Richtung Frieden ist nach wie vor nicht in Sicht.
* Aus: Neues Deutschland, 26. Februar 2009
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