Frieden in Darfur und Norduganda?
Michael Leutert (MdB) über die Lage in zwei afrikanischen Krisengebieten
Michael Leutert kehrte gerade aus Ostafrika zurück. Er gehört der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag an und ist dort Sprecher für Menschenrechtspolitik.
Das im Folgende dokumentierte Interview haben wir dem "Neuen Deutschland" entnommen.*
Seit wenigen Wochen existiert ein Friedensabkommen in der westsudanesischen Bürgerkriegsregion Darfur. Hat sich die Lage dadurch schon gebessert?
Die Situation ist auf alle Fälle nach wie vor noch dramatisch. Bisher haben nicht alle
Rebellengruppen das Friedensabkommen unterzeichnet, es gibt nach wie vor
Auseinandersetzungen zwischen bewaffneten Gruppen und Übergriffe auf Zivilisten. Auch an dem
Umstand, dass viele Menschen noch in den Flüchtlingslagern leben, hat sich nichts geändert. An
Rückführung der Flüchtlinge ist aufgrund der Sicherheitssituation noch nicht zu denken, dabei ist die
Versorgung in den Lagern prekär – sowohl was Wasser als auch was Nahrungsmittel angeht. Das
Lager, das der Menschenrechtsausschuss des Bundestags in Darfur besucht hat, funktioniert nach
Angaben des Roten Kreuzes vergleichsweise sehr gut. Es gibt viel schlimmere Lager.
Wie wurde die Tragfähigkeit des Abkommens eingeschätzt?
Das wird im Zusammenhang mit der Situation in Südsudan diskutiert, weil dort ein
Friedensabkommen schon seit Januar 2005 in Kraft ist. Das Hauptproblem in Darfur besteht darin,
dass nur eine Rebellengruppe – wenngleich die größte –, die SLA, unterschrieben hat. Aber auch
innerhalb der SLA gibt es Auseinandersetzungen. Hinzu kommen die Rebellengruppen, die nicht
unterzeichnet haben, die weiter kämpfen. Auch die Janjawid-Milizen, die von der Zentralregierung in
Khartum Unterstützung genießen sollen, sind wohl weiter militärisch aktiv. Eine Befriedung steht also
trotz Friedensabkommens noch aus.
Wie steht es um die Realisierung des Friedensabkommens für den Süden Sudans?
In Südsudan läuft es wesentlich organisierter und geregelter ab. Es liegt bereits eine neue
Verfassung vor. Die ist relativ modern mit einem sehr umfangreichen Grundrechtekatalog. 2011 soll
die Bevölkerung in Südsudan dann in einer Volksabstimmung über den künftigen Status befinden –
Autonomie oder Unabhängigkeit. In Darfur steht das Friedensabkommen dagegen erst am Anfang.
Südsudan steht auch in Beziehung zur Widerstandsarmee des Herrn (LRA), die in Norduganda seit
20 Jahren brutal Krieg führt.
Die südsudanesische Regierung hat sich in der Tat erst in den letzten Tagen mit LRA-Führer Joseph
Kony getroffen und ihm Geld übergeben. Damit wollen sie laut offizieller Version die LRA dazu
bewegen, Lebensmittel zu kaufen, statt Dörfer zu überfallen und sie dort zu klauen. In Uganda ist
das freilich höchst umstritten.
Wie ist die Lage in Norduganda?
Von allen Seiten, Nichtregierungsorganisationen, Regierung und Militär, wurde berichtet, dass sie
sich relativ beruhigt habe. Aber noch immer leben 90 Prozent der Nordugander in Flüchtlingslagern,
und 40 000 Kinder flüchten täglich nachts in die Städte, um sich vor Entführung durch die LRA zu
schützen. Die Situation bleibt aus meiner Sicht dramatisch.
Uganda hängt am Entwicklungshilfetropf. Wird auf die Regierung Museveni Einfluss genommen, dass sie sich stärker um Frieden bemüht?
Es gibt auf alle Fälle eine klare Ansage des Auswärtigen Amtes, dass deutsche
Entwicklungshilfegelder künftig stärker in den verarmten Norden fließen müssen und nicht wie bisher
vor allem in den Süden. Das werden wir aber in den nächsten zwei Jahren sehen, ob das tatsächlich
so geschieht, oder nicht. Ich kann das nur unterstützen, denn der Norden braucht viel mehr Hilfe als bisher.
Die Fragen stellte Martin Ling
* Aus: Neues Deutschland, 22. Juni 2006
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