Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Obama setzt auf Dialog mit Sudan

Gegenleistungen der USA bei Kooperation / Darfur soll befriedet werden

Die USA haben eine diplomatische Initiative zur Stabilisierung Sudans ergriffen. Präsident Barack Obama stellte Sudans Führung damit vor die Wahl, entweder im Gegenzug für Hilfsangebote die Lage in der Unruheregion Darfur zu verbessern, oder aber mit »wachsendem Druck der USA und der internationalen Gemeinschaft« konfrontiert zu werden. Sudans Regierung wertete das USAngebot als »positiven Ansatz«.

Ohne Details zu nennen, stellte Obama der sudanesischen Führung für den Fall der Kooperation Gegenleistungen in Aussicht. »Wenn die Regierung Sudans die Lage vor Ort verbessert und den Frieden vorantreibt, wird es dafür Anreize geben«, erklärte der US-Präsident. Neben einer friedlichen Regelung für Darfur in Westsudan müsse Khartum außerdem das Friedensabkommen von 2005 zur Beendigung des Bürgerkriegs in Südsudan voll umsetzen und darüber hinaus verhindern, zu einem »Rückzugsgebiet für Terroristen« zu werden.

Als oberstes Ziel nannte Obama eine Befriedung von Darfur, wo nach UNO-Angaben rund 300 000 Menschen gestorben sind und 2,7 Millionen Menschen vertrieben wurden. »Wir wollen ein definitives Ende des Konflikts, der eklatanten Menschenrechtsverletzungen und des Genozids in Darfur sehen«, erklärte Obama. In den vergangenen Jahren hatten die USA vor allem auf die internationale Ächtung der Khartumer Führung gesetzt. Der sudanesische Präsidentenberater Ghasi Salaheddin begrüßte die US-Initiative: »Im Vergleich zur früheren Politik gibt es positive Ansätze«, sagte er in Khartum. »Es ist eine Strategie des Dialogs, nicht der Isolation.« Salaheddin bestritt zugleich vehement den Vorwurf des Völkermords.

Außenministerin Hillary Clinton machte klar, dass nach Auffassung der USA nun die sudanesische Regierung am Zuge sei. »Die Entscheidung darüber, ob es für Sudan Anreize oder Strafen gibt, wird von einer nachprüfbaren Verbesserung der Lage vor Ort abhängen«, sagte Clinton. Ein wichtiges Kriterium für die USA werde sein, ob es in Sudan im kommenden Jahr »glaubwürdige Wahlen« gebe, wie es im Friedensabkommen von 2005 vereinbart sei. Die UNO-Botschafterin der USA, Susan Rice, warnte Sudan vor »erheblichen Konsequenzen«, sollten Fortschritte bei der Befriedung Darfurs ausbleiben.

Die neue Sudan-Strategie steht in Einklang mit dem offiziellen Ziel Obamas, internationale Konflikte auf dem Wege des Dialogs zu lösen. »Wir wollen Ergebnisse durch breite Kontakte und offenen Dialog«, unterstrich Clinton.

* Aus: Neues Deutschland, 21. Oktober 2009

"Wir müssen sicherstellen, dass der Sudan nicht zur Zufluchtsstätte für internationale Terroristen wird"

US-Präsident Obama verkündet eine neue Strategie für den Sudan

Im Folgenden dokumentieren wir die Erklärung von Präsident Barack Obama zur neuen Strategie der Vereinigten Staaten für den Umgang mit der Situation im Sudan vom 19. Oktober 2009. Die Übersetzung besorgte der Amerika Dienst.

Erklärung des Präsidenten

Heute veröffentlicht meine Regierung eine umfassende Strategie zum Umgang mit der ernsten und drängenden Situation im Sudan.

Seit Jahren leben die Menschen im Sudan in großer, inakzeptabler Not. Hunderttausende Menschen sind dem Genozid in Darfur zum Opfer gefallen und Millionen weitere wurden vertrieben. Der Konflikt in der Region hat zu noch mehr Leid geführt; er birgt auch über die Grenzen des Sudan hinweg Gefahren und hemmt das Potenzial dieses wichtigen Teils Afrikas. Der Sudan wird noch weiter ins Chaos abgleiten, wenn nicht schnell Maßnahmen ergriffen werden.

Unser Gewissen und unser Interesse an Frieden und Sicherheit verlangen, dass die Vereinigten Staaten und die internationale Staatengemeinschaft ohne zu zögern und nachdrücklich handeln. Erstens müssen wir ein Ende des Konflikts, der schweren Menschenrechtsverstöße und des Genozids in Darfur anstreben. Zweitens muss das umfassende Friedensabkommen zwischen Nord- und Südsudan umgesetzt werden, um die Möglichkeit eines dauerhaften Friedens zu schaffen. Diese beiden Ziele müssen gleichzeitig und mit Nachdruck verfolgt werden. Um sie zu erreichen, brauchen wir das Engagement der Vereinigten Staaten sowie die aktive Mitwirkung internationaler Partner. Gleichzeitig werden wir uns offensiv dafür einsetzen sicherzustellen, dass der Sudan nicht zur Zufluchtsstätte für internationale Terroristen wird.

Der Sondergesandte der Vereinigten Staaten hat aktiv und effektiv darauf hingearbeitet, alle beteiligten Parteien miteinzubeziehen, und er wird weiterhin Maßnahmen verfolgen, die Leben retten und Ergebnisse erzielen. Ende der Woche werde ich die Erklärung des nationalen Notstands in Bezug auf den Sudan (National Emergency with respect to Sudan) erneuern, um strenge Sanktionen gegen die sudanesische Regierung fortzusetzen. Wenn die sudanesische Regierung handelt, um die Lage vor Ort zu verbessern und den Frieden zu fördern, wird es Anreize geben. Tut sie das nicht, wird zunehmender Druck seitens der Vereinigten Staaten und der internationalen Staatengemeinschaft die Folge sein. Genauso wie die Vereinigten Staaten und ihre internationalen Partner ihrer Verantwortung zu handeln nachkommen müssen, muss die sudanesische Regierung ihrer Verantwortung nachkommen, konkrete Schritte in eine neue Richtung zu unternehmen.

Während der vergangenen Jahre sind Regierungen, Nichtregierungsorganisationen und Einzelpersonen überall auf der Welt aktiv geworden, um auf die Situation im Sudan hinzuweisen und den Genozid in Darfur zu beenden. Zukünftig müssen sich alle unsere Bestrebungen an dem Leben der Menschen im Sudan ausrichten. Nach so viel Leid verdienen sie eine Zukunft in größerer Würde, Sicherheit und mit mehr Chancen. Das wird nicht einfach sein, und es gibt keine einfachen Lösungen für die außergewöhnlichen Herausforderungen, vor denen dieser Teil der Welt steht. Aber jetzt ist es an der Zeit, dass wir alle zusammenarbeiten und umfassende und dauerhafte Maßnahmen für eine bessere Zukunft für die Menschen in Sudan treffen.

Quelle: US-Botschaft Berlin, Abteilung für öffentliche Angelegenheiten; http://amerikadienst.usembassy.de


Statement of President Barack Obama on Sudan Strategy

Today, my Administration is releasing a comprehensive strategy to confront the serious and urgent situation in Sudan.

For years, the people of Sudan have faced enormous and unacceptable hardship. The genocide in Darfur has claimed the lives of hundreds of thousands of people and left millions more displaced. Conflict in the region has wrought more suffering, posing dangers beyond Sudan’s borders and blocking the potential of this important part of Africa. Sudan is now poised to fall further into chaos if swift action is not taken.

Our conscience and our interests in peace and security call upon the United States and the international community to act with a sense of urgency and purpose. First, we must seek a definitive end to conflict, gross human rights abuses and genocide in Darfur. Second, the Comprehensive Peace Agreement between the North and South in Sudan must be implemented to create the possibility of long-term peace. These two goals must both be pursued simultaneously with urgency. Achieving them requires the commitment of the United States, as well as the active participation of international partners. Concurrently, we will work aggressively to ensure that Sudan does not provide a safe-haven for international terrorists.

The United States Special Envoy has worked actively and effectively to engage all of the parties involved, and he will continue to pursue engagement that saves lives and achieves results. Later this week, I will renew the declaration of a National Emergency with respect to Sudan, which will continue tough sanctions on the Sudanese Government. If the Government of Sudan acts to improve the situation on the ground and to advance peace, there will be incentives; if it does not, then there will be increased pressure imposed by the United States and the international community. As the United States and our international partners meet our responsibility to act, the Government of Sudan must meet its responsibilities to take concrete steps in a new direction.

Over the last several years, governments, non-governmental organizations, and individuals, and from around the world have taken action to address the situation in Sudan, and to end the genocide in Darfur. Going forward, all of our efforts must be measured by the lives that are led by the people of Sudan. After so much suffering, they deserve a future that allows them to live with greater dignity, security, and opportunity. It will not be easy, and there are no simple answers to the extraordinary challenges that confront this part of the world. But now is the time for all of us to come together, and to make a strong and sustained effort on behalf of a better future for the people of Sudan.

Statement of President Barack Obama on Sudan Strategy; www.america.gov/




Obamas Realpolitik

Von Martin Ling **

Barack Obama steht für einen politischen Klimawandel. Dafür soll er als Vorschuss den Friedensnobelpreis erhalten. Dialog statt Säbelrasseln wie beim Vorgänger Bush soll nun auch in Bezug auf Sudan die Devise sein. Klar ist zumindest, dass Bush mit seinem Versuch, die sudanesische Regierung von Omar al-Baschir zu isolieren, nicht allzuweit gekommen ist. Zumal die Lage reichlich vertrackt ist: Sudan ist ja für die USA nicht nur Gegner. Seit dem 11. September 2001 lässt Sudan seinen Geheimdienst zähneknirschend mit den USA im Kampf gegen den Terror zusammenarbeiten, um nicht selbst weiter unter den Terrorstaaten zu firmieren. Auch das Friedensabkommen mit dem Süden hat Khartum 2006 unter externem Druck unterzeichnet. Schließlich stellt es den Machterhalt des Regimes nicht unmittelbar infrage - erst mittelbar, wenn das für 2011 im ölreicheren Süden geplante Referendum stattfinden und zur Staatsteilung führen sollte. Unnachgiebig zeigte sich der vom Internationalen Strafgerichtshof mit einem Haftbefehl bedachte al-Baschir bisher nur in Sachen Darfur, weil er im Sicherheitsrat China auf seiner Seite wusste. China ist auch der größte Investor in Sudan.

Al-Baschir wird Obamas Dialogangebot gerne annehmen, denn es wertet ihn im Aus- und Inland auf. Ob Obama damit eine Lösung des Darfur-Konflikts fördert, ist offen. Mehr als scheitern wie sein Vorgänger kann er indes auch nicht. Das gilt wiederum nicht nur für Sudan.

** Aus: Neues Deutschland, 21. Oktober 2009 (Kommentar)


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