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Cyril Ramaphosa ist bereit für mehr

Jacob Zuma bleibt ANC-Präsident

Von Armin Osmanovic, Johannesburg *

Mit deutlicher Mehrheit hat Südafrikas regierender Afrikanischer Nationalkongress (ANC) am Dienstag Staatspräsident Jacob Zuma als Parteivorsitzenden bestätigt.

Jubel und ein Hupkonzert von ANC-Anhängern vor der Tagungsstätte des ANC-Kongresses in Mangaung: Einer Wiederwahl Jacob Zumas zum Staatspräsidenten Südafrikas 2014 steht wohl nichts mehr im Wege.

Kgalema Motlanthe, Zumas Kontrahent im Kampf um den Parteivorsitz und sein bisheriger Stellvertreter sowohl an der Spitze des ANC als auch des Staates, konnte knapp 25 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen. Ein achtbares Ergebnis, denn erst wenige Tage vor der Wahl hatte Motlanthe sich zur Gegenkandidatur bereit erklärt. Unterstützt wurde er vor allem von der ANC-Organisation in Südafrikas reichster Provinz Gauteng und von der ANC-Jugendliga. Beide kritisierten die Korruptionsaffären und den Führungsstil des Präsidenten, der Abweichler politisch kalt stelle. Unklar ist, ob Motlanthe, der nach seiner Niederlage nicht mehr zur engeren Führung des ANC zählt, vom Amt des Vizepräsidenten Südafrikas zurücktreten wird.

In den Führungskreis aufgerückt ist dagegen der vom Gewerkschaftschef zum Geschäftsmann avancierte Cyril Ramaphosa. Der 60-Jährige löst Motlanthe als ANC-Vizepräsident ab. Mit großem Jubel reagierten die Delegierten auch auf seine Wahl. Viele erwarten, dass er sich um die lahmende Wirtschaft kümmert und Arbeitsplätze schafft. Südafrikas Unternehmerverbände zeigten sich denn auch zufrieden. Die Börse reagierte erfreut und Südafrikas Währung Rand gewann an Wert.

Ramaphosa, einst Lieblingsenkel Nelson Mandelas, der ihn sogar als seinen Nachfolger im Präsidentenamt auserkoren hatte, musste seinerzeit Thabo Mbeki den Vortritt lassen. Er wechselte daraufhin in die Wirtschaft und wurde einer der reichsten Männer Südafrikas. In die Kritik geriet er zuletzt wegen der Tragödie in der Platinmine bei Marikana. Dort starben Mitte August 45 Menschen, 34 davon bei einem brutalen Polizeieinsatz. Ramaphosa ist an dem Bergbauunternehmen Lonmin beteiligt, das die Mine bei Marikana betreibt. Viele im Land machten Ramaphosa für die schlechten Bedingungen verantwortlich, unter denen die Bergarbeiter arbeiten und leben müssen.

Der Politologe Adam Habib von der Universität Johannesburg sieht Ramaphosa kritisch: »Ihm fehlt es an Gespür für die große soziale Ungleichheit im Land.« Statt Armut und Ungleichheit werde wohl nur die Armut bekämpft werden. Habib vermutet, dass mit Ramaphosa, der sehr schnell zur starken Kraft im Land aufsteigen wird, eine »chinesische« Wachstumsstrategie verfolgt werde. Die Ungleichheit und damit die Gefahr einer sozialen Explosion werde wachsen.

Die Linken im ANC, die Kommunistische Partei und Teile des Gewerkschaftsverbands COSATU, sehen die Wahl Ramaphosas ebenfalls mit Sorge. Die SACP hatte ebenso wie COSATU Zuma unterstützt, doch beide hätten eine Wiederwahl Motlanthes zum Vizepräsidenten gerne gesehen. Nun müssen sie sich mit dem »Big Business« im engsten Kreis des ANC an einen Tisch setzen.

* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 20. Dezember 2012


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