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Böses Blut im ANC

Südafrikas Regierungspartei schließt Jugendligachef Malema aus

Von Christian Selz, Kapstadt *

Die Disziplinarkommission des African National Congress (ANC) hat den rebellierenden Chef der ANC-Jugendliga, Julius Malema, am Mittwoch abend endgültig aus der Partei ausgeschlossen. Damit verschärfte die Kommission die ursprüngliche Strafe gegen den mächtigen Jungpolitiker, dem vorgeworfen wird, die Partei mit Kritik an Präsident Jacob Zuma gespalten und zudem mit Forderungen nach einem Regimewechsel im Nachbarland Botsuana in Verruf gebracht zu haben. Ursprünglich sollte Malema dafür fünf Jahre suspendiert werden.

Die Entscheidung, die der Zuma-treue Kommissionsvorsitzende und Vizewissenschaftsminister Derek Hanekom am Mittwoch in Johannesburg verkündete, kam unerwartet, aber nicht überraschend. »Malema ist ein Wiederholungstäter, er hat keine Reue gezeigt«, so Hanekom. In der Tat: Weil Malema nach dem ersten Urteil im November den ANC-internen Machtkampf noch anheizte und offen einen Wechsel an der Parteispitze forderte, galt ein milderes Urteil bereits im Vorfeld als unwahrscheinlich. Mit dem Parteiausschluß hat die Führungsfraktion um Zuma allerdings auch ihren letzten Schuß Munition verfeuert. Malema hat nun nichts mehr zu verlieren und der ANC keine Handhabe mehr, den populistischen Nachwuchsmann in die Schranken zu weisen. Malema kündigte mit einer martialischen Erklärung umgehend an, weiterzukämpfen: »Ich bin ein Soldat, der bereit ist, in der Schlacht zu sterben. Selbst wenn ich aus dem ANC ausgeschlossen bin, wird mein Blut schwarz, golden und grün (Parteifarben des ANC, der Verfasser) bleiben. Ich bin bereit, das mit Bluttests zu beweisen.«

Die kruden Ankündigungen sollen vor allem die Diskussion darüber anheizen, wer die Werte des ANC tatsächlich verkörpert. Malema gefällt sich bestens in der Rolle als verstoßener Märtyrer der Armen, bei arbeitslosen Jugendlichen findet er genauso Unterstützung wie zu Wochenbeginn bei den streikenden Kumpeln der weltgrößten Platinmine. Er macht sich die Frustration über Arbeitslosigkeit und mangelnde Armutsbekämpfung zunutze und singt öffentlich Lieder über den »Duschmann« Zuma, in peinlicher Anlehnung an dessen Geständnis, nach dem Geschlechtsverkehr mit einer HIV-positiven Frau heiß geduscht zu haben. Malema ruft den Perspektivlosen und Entrechteten zu, daß »sein« ANC niemals auf der Seite der »weißen Kapitalisten, die euch ausbeuten« stehen werde und fordert Verstaatlichungen der Bergbaubetriebe.

Der Populismus wirkt, aber er ist gesteuert von der Geschäftsclique, die mit ihm durch Staatsaufträge reich geworden ist. »Malema ist 30 Jahre alt, hat keinen höheren Universitätsabschluß, aber dem Vernehmen nach 53 Millionen Rand (rund fünf Millionen Euro) auf dem Konto. Wo kommen die 53 Millionen her?«, wirft der politische Analyst Steven Friedmann ein, um die Frage gleich selbst zu beantworten: von den Leuten, die Malema dessen politische Positionen vorgeben.

Es ist wahrscheinlich, daß der Präsident der Jugendliga erneut Berufung einlegt. Nicht um tatsächlich ein milderes Urteil zu bekommen, was unter Zuma als ausgeschlossen gilt, sondern um auf Zeit zu spielen. Malemas Ziel ist die Abwahl Zumas beim Wahlparteitag im Dezember, wo vermutlich auch daß Urteil über den Ausschluß in letzter Instanz gefällt wird. Dann könnte auch für Zuma, der für seine angestrebte zweite Amtszeit die Unterstützung der Partei braucht, ein unangenehmer Bluttest anstehen.

* Aus: junge Welt, 2. März 2012


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