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Malemas Flehen war vergebens

Chef der Jugendliga aus Südafrikas ANC ausgeschlossen

Von Armin Osmanovic, Johannesburg *

Julius Malema, Führer der einflussreichen Jugendliga des in Südafrika regierenden Afrikanischen Nationalkongresses (ANC), ist auch im Berufungsverfahren gescheitert: Mit sofortiger Wirkung wurde er aus dem ANC ausgeschlossen.

Neben Malema sind auch Floyd Shivambu und Sindiso Magaqa, der Sprecher und der Generalsekretär der Jugendliga mit Einsprüchen gescheitert. Ihre ANC-Mitgliedschaft wurde für drei Jahre beziehungsweise ein Jahr ausgesetzt.

Malema und seinen Gefährten wurde vorgeworfen, Zwietracht gesät und die Partei in Misskredit gebracht zu haben. Malema hatte öffentlich für die Ablösung des ANC- und Staatspräsidenten Jacob Zuma getrommelt. Er hatte aber auch die Politik des simbabwischen Präsidenten Robert Mugabe unterstützt und sich für einen Regimewechsel im Nachbarland Botswana ausgesprochen.

Bereits im November wurde er von der Disziplinarkommission des ANC schuldig gesprochen. Dagegen legte der Chef der Jugendliga, der von jungen arbeits- und perspektivlosen Südafrikanern durchaus Zuspruch erfährt, Berufung ein. Zugleich goss er Öl ins Feuer, indem er Präsident Jacob Zuma als »Diktator« bezeichnete.

Malemas Anwalt ließ verlauten, sein Mandant habe die Disziplinarkommission des ANC angefleht, ihn nicht aus der Partei auszuschließen. Er sei auch bereit gewesen, auf eine führende Position im ANC zu verzichten, sollte die Kommission Gnade walten lassen. Doch die zeigte sich hart. Nachdem sie Malemas ANC-Mitgliedschaft zunächst für fünf Jahre ausgesetzt hatte, schloss sie ihn mangels Reue und Aussicht auf Verhaltensänderung nun aus.

Abzuwarten bleibt, wie die ANC-Jugendliga darauf reagiert. Im vergangenen Jahr war es vor dem Luthuli-Haus, dem Sitz des ANC in Johannesburg, zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Malema-Anhängern und der Polizei gekommen.

Der Generalsekretär des mit dem ANC verbündeten Gewerkschaftsverbandes COSATU, Zwelenzima Vavi, sprach von einer souveränen Entscheidung des ANC, die man respektiere. Er betonte aber auch, dass es Pflicht der Jugend sei, weitergehende Forderungen zu stellen und kämpferisch zu sein.

* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 26. April 2012


Harte Linie

Südafrikanischer ANC schließt Jugendliga-Chef endgültig aus. Der will den Kampf trotzdem nicht aufgeben

Von Christian Selz, Kapstadt *


Julius Malema muß seine Mitgliedskarte des African National Congress (ANC) abgeben. Das verkündete am Dienstag abend die Berufungskommission des parteieigenen Disziplinarkomitees. Wirklich überraschend kam der Ausschluß des Jugendliga-Präsidenten nicht. Zu mächtig schien zuletzt die Position des von Malema öffentlich attackierten Staats- und Parteichefs Jacob Zuma. Malemas einstige Unterstützer verstummten oder wandten sich gar gegen ihn, und auch in der Jugendliga selbst offenbarten sich trotz einer Pro-Malema-Resolution der Führung deutliche Risse.

Gleich nach dem ersten Urteil im November vergangenen Jahres, als Malemas Mitgliedschaft zunächst für fünf Jahre suspendiert worden war, hatte dieser zähen Widerstand gegen das ihm feindlich gesonnene ANC-Führungslager angekündigt. »Wir müssen jetzt kämpfen«, verkündete er nach dem damaligen Richterspruch und fügte vielsagend hinzu: »Laßt dem Feind die Freude, aber dieser Sieg wird nicht halten. Wir werden durch Mangaung befreit werden.« Mangaung ist die Metropole, in der im Dezember der ANC-Wahlparteitag stattfindet. Dort hatte der ANC im Januar auch sein hundertjähriges Bestehen gefeiert, was Malema nutzte, um Zuma bei eigenen Kundgebungen als »Duschmann« lächerlich zu machen – eine Referenz an Zumas bekannte Aussage, als Schutz gegen eine HIV-Ansteckung nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr heiß geduscht zu haben. In der Parteiführung machte sich Malema damit ebenso wenig Freunde wie mit dem Vorwurf, Zuma habe Demokratie durch Diktatur ersetzt. An der Basis, besonders bei armen, arbeits- und perspektivlosen Jugendlichen, hat der polarisierende Jungpolitiker allerdings nach wie vor viele Anhänger, die seine Parolen zu Landenteignungen und Minenverstaatlichungen auch ohne tatsächliches Programm wohlwollend aufnehmen.

Weiße Südafrikaner hassen Malema dafür. Die liberale Presse des Landes füttert ihre Klientel seit Wochen mit meist nur anonym belegte Enthüllungen über zurückgezogene Finanziers, entlassene Hausangestellte, unbezahlte Gärtner und Steuerschulden. Doch dafür hat der ANC Malema nicht ausgeschlossen. Zum Verhängnis wurde ihm die scheinbar harmlose Aussage, daß Zumas Vorgänger Thabo Mbeki die afrikanische Agenda wesentlich stärker verfolgt habe als Zuma. Das war im Juli 2011, kurz nach Südafrikas Enthaltung im Sicherheitsrat bei der Entscheidung über die verhängnisvolle Libyen-Resolution, die den Weg zur Bombardierung des nordafrikanischen Landes freimachte. Der zweite Anklagepunkt, in dem Malema schuldig gesprochen wurde, bezog sich auf seine Kritik an Botswanas Präsident Ian Khama, den er wegen der Debatte um eine US-Militärbasis in dem Nachbarland Südafrikas als »Puppe« des Imperialismus bezeichnete und ankündigte, eine Task-Force für einen Regierungswechsel gründen zu wollen. Tatsächlich fürchtet Zuma jedoch die populistische Wirkung Malemas. Er kann diesem wenig Argumente dafür entgegensetzen, warum Südafrikas Bodenschätze weiter als Investorenfutter herhalten müssen, während die Kumpel, die sie aus der Erde holen, nach wie vor getrennt von ihren Familien in ärmlichen und ungesunden Verhältnissen leben. Die Spaltung der Partei, die dem Nachwuchspolitiker vorgeworfen wird, vertieft Zuma mit dessen Ausschluß allerdings nur weiter. In Mangaung könnte das deutlich werden. Dann ist die ANC-Basis berechtigt, über eine Aufhebung von Malemas Parteiausschluß abzustimmen.

** Aus: junge Welt, Donnerstag, 26. April 2012


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