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Malema vor Gericht

Südafrika: Ehemaliger ANC-Jugendvorsitzender wegen Geldwäsche angeklagt

Von Simon Loidl *

Der Fall Julius Malema geht in die nächste Runde. Der aus dem regierenden African National Congress (ANC) wegen parteischädigenden Verhaltens ausgeschlossene frühere Präsident des ANC-Jugendverbandes (ANCYL) ist wegen Geldwäsche, Korruption und Betrug angeklagt worden, wie das zuständige Gericht in Malemas Geburtsstadt Polokwane am Mittwoch bekanntgab. Ende letzter Woche war Haftbefehl gegen den polarisierenden Politiker erlassen worden. Am Mittwoch erschien er freiwillig vor dem Richter und konnte nach der Anhörung gegen eine Kaution von 10000 Rand (1000 Euro) das Gerichtsgebäude wieder verlassen. Die Verhandlung wurde auf 30. November vertagt. Hunderte Anhänger Malemas warteten vor dem Gericht und jubelten dem Angeklagten zu.

Die Vorwürfe gegen Malema, die nun Gegenstand des Gerichtsverfahrens sind, waren bereits seit längerer Zeit von verschiedenen Seiten immer wieder erhoben worden. Der Expräsident der ANC-Jugend steht seit Monaten im Visier vor allem der liberalen Presse Südafrikas. Diese kritisiert seinen aufwendigen Lebensstil, der in krassem Gegensatz zu dem von Malema selbst gepflegten Bild als Fürsprecher der Armen und Ausgebeuteten des Landes steht.

Malema ist im Frühjahr nach monatelangen parteiinternen Auseinandersetzugen aus dem ANC ausgeschlossen worden. Offizielle Begründung war parteischädigendes Verhalten. Er hatte Parteichef Jacob Zuma vorgeworfen, in Südafrika die Demokratie durch eine Dikatur ersetzt zu haben; zudem hatte er nach Ansicht der ANC-Führung dem Ansehen des Verbandes und Südafrikas durch Aussagen über das Nachbarland Botswana geschadet. Dessen Präsidenten hatte Malema als Marionette des US-Imperialismus bezeichnet und angekündigt, eine Task-Force für einen Regierungswechsel in Botswana gründen zu wollen. Beobachtern war jedoch klar, daß Zuma durch den Ausschluß einen seiner gefährlichsten Konkurrenten loswerden wollte.

Da sich die ANC-Jugend nach dem Ausschluß hinter ihren Präsidenten stellte, kam es zu schwerwiegenden Differenzen zwischen Nachwuchs und Mutterpartei, die bis heute anhalten.

Im Zuge der wochenlangen Arbeitsniederlegung im Bergbausektor und dem Massaker an streikenden Kumpel im August, versuchte sich Malema erneut als Hoffnungsträger der Armen und Arbeiter zu profilieren. Bereits zuvor hatte er sich immer wieder für Verstaatlichungen im Bergbausektor und für Landenteignungen ausgesprochen. Mit seinen radikalen Phrasen sicherte er sich Sympathien an der Basis von ANC und Gewerkschaften. Vor allem bei arbeitslosen Jugendlichen ist die Enttäuschung über die neoliberale Politik des ANC während der vergangenen Jahre immer größer geworden. Diesen zunehmend frustrierten Teilen der südafrikanischen Bevölkerung entstammt der überwiegende Teil von Malemas Sympathisanten, von denen einige ihn am Mittwoch vor dem Gerichtsgebäude erneut wie einen strahlenden Helden feierten.

* Aus: junge Welt, Donnerstag, 27. September 2012


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