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Der tiefe Fall eines Verbal-Revolutionärs

Südafrika: Keine Chance auf Rückkehr in den ANC für Julius Malema

Von Christian Selz, Kapstadt *

Das Ende von Julius Malema, des einstigen Präsidenten der Jugendliga des African National Congress (ANC), inszenierten seine Gegner dramatisch. Anhänger von Staats- und Parteipräsident Jacob Zuma zogen während des jüngsten Wahlparteitags mit einem Sarg-Imitat vor den Eingang des Konferenzorts, der Universität des Free State in Mangaung. »RIP Juju« stand auf der weißen Kiste, die mit Benzin übergossen schließlich in Flammen aufging. Die Parteikonferenz wäre für den rebellischen Jungpolitiker die letzte Chance auf eine Begnadigung und Wiederaufnahme in den ANC gewesen. Doch »Juju«, der skandalumwitterte Zuma-Gegner mit dem Baby-Spitznamen, gehörte in Mangaung nicht einmal zum Lager der parteiinternen Wahlverlierer, sondern blieb ausgestoßen. Der politische Stern des zumindest verbal radikalen Lautsprechers, der noch vor einem Jahr zu den einflußreichsten Kräften im ANC gehörte, ist wohl endgültig gefallen.

Als ANC-Generalsekretär Gwede Mantashe während des Kongresses bekanntgab, daß sich die 4500 Delegierten nicht mit Malemas Gnadengesuch beschäftigen würden, war dessen Schicksal ohnehin bereits entschieden. Eine überwältigende Mehrheit hatte nur einen Tag zuvor seinen Erzfeind Jacob Zuma als Parteipräsident im Amt bestätigt. Das Gnadengesuch, in dem Malema seine Loyalität versicherte, schmetterte Mantashe aus formalen Gründen ab. Das Schreiben sei zu spät eingegangen.

Malema hat sich im Machtkampf mit Zuma verhoben. Noch im Wahlkampf 2008 war der damalige Vorsitzende der ANC-Jugend nach eigener Aussage bereit, für Zuma zu töten. Auf dem Thron der Macht angelangt, ließ der Präsident die Jugendliga allerdings links liegen und lieferte mit seiner unentschlossenen Realpolitik die Steilvorlage für Malemas populistisch-radikalen Feldzug. Malema provozierte mit extremen Aussagen. Als er schließlich Zuma vorwarf, die innerafrikanische Vernetzung im Gegensatz zu seinem Vorgänger Thabo Mbeki schleifen zu lassen, schoß der angegriffene Präsident zurück. Malema wolle die Partei spalten, so der Vorwurf. Die Majestätsbeleidigung kostete den 31jährigen stets in edlen Zwirn gekleideten Gucci-Revolutionär schließlich nach einem monatelangen Schauprozeß sein Parteibuch und die Karriere. Im April soll sein bereits angelaufenes Verfahren wegen Geldwäsche fortgesetzt werden. Nicht auszuschließen, daß dann auch noch weitere Anklagepunkte wegen Korruption und Betrug hinzukommen. Die dicke Breitling-Uhr am Handgelenk zeigt schwere Zeiten an für Julius Malema.

Politisch hat der Fall des von der ANC-Jugendliga noch immer als Präsident geführten Politikers weite Kreise gezogen. Zuma wies in Mangaung darauf hin, daß der Jugendverband derzeit führungslos sei und dieses Problem »schnell abhandeln« müsse. Außergewöhnlich ausführlich und deutlich beschäftigte sich der gestärkte Parteichef mit dem Jugendverband. Dieser müsse »organisatorisch synchron« mit der Mutterpartei sein, so Zuma. »Ihr Job ist es, die Jugend zu organisieren und einzubinden, und nicht, den ANC zu attackieren, als sei sie in Opposition zu ihm.« Auch an die Adresse des ANC-Partners COSATU, Südafrikas Gewerkschaftsbund, sandte der Parteiführer eine klare Warnung, den »Ton« kritischer Äußerungen zu überdenken. Sein Ziel ist klar: Zuma will eine einheitliche Regierungsallianz unter seinem Kommando. Einen zweiten Malema wird er nicht dulden, die relative Unabhängigkeit der Jugendliga hängt am seidenen Faden der Selbstzensur.

* Aus: junge Welt, Samstag, 29. Dezember 2012


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