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Des Herrschers neuer Palast

Südafrikas Präsident hat sich ein Luxusanwesen bauen lassen. Seine Minister blockieren die Ermittlungen

Von Christian Selz *

Schön ist er geworden, der generalüberholte ländliche Ansitz Jacob Zumas im Dörfchen Nkandla. Eine eigene Klinik, ein doppelter Hubschrauberlandeplatz und eine eigene Feuerwehrwache stehen für Südafrikas Präsidenten nun inmitten der lockeren grünen Baumsteppe der östlichen Küstenprovinz KwaZulu-Natal bereit. Ästhetisch den Rundhütten der Zulus entlehnt, schmiegen sich die Gebäude an einen der unzähligen, rollenden Hügel. Im Zentrum des präsidialen Anwesens lädt ein »Unterhaltungszentrum« zum Feiern ein, am Rande sorgt ein üppiger Gemüsegarten für Appetit. Selbst an zwei Kunstrasenplätze für die Bodyguards des Regierungschefs ist gedacht. Doch nicht alles ist sichtbar: Die Johannesburger Tageszeitung City Press berichtet von »unterirdischen Tunneln«, die Zumas Wohnpalast mit den Häusern seiner vier Gemahlinnen verbinden.

Einziges kleines Manko des herrschaftlichen Komplexes: Die umgerechnet knapp 20 Millionen Euro hohe Rechnung für den als Sicherheitsmaßnahme deklarierten Ausbau des Luxuswohnsitzes werden zu mehr als 95 Prozent aus der südafrikanischen Steuerkasse beglichen. Zuma selbst zahlt höchstens ein Trinkgeld von weniger als einer Million Euro – wenn dafür nicht auch noch ihm wohlgesonnene Geschäftsmänner einspringen, wie im Land spekuliert wird.

Die kreative Finanzierung hat die Generalstaatsanwältin Thulisile Madonsela auf den Plan gerufen. Gegen die Veröffentlichung des vorläufigen Berichts der emsigen Anklägerin sperren sich vier Zuma loyale Minister nun vor Gericht. Unter Führung von Polizeiminister Nkosinathi Mthethwa reichte die »Sicherheitsgruppe« der Regierung eine Unterlassungserklärung gegen Madonsela ein. Darin forderten sie unter dem Vorwand einer nötigen Vorabprüfung, die Veröffentlichung der Untersuchungsergebnisse zu verschieben. Sonst drohe Südafrika ein »irreparabler Schaden, die Sicherheit des Staates und der Schutz des Präsidenten würden stark gefährdet«. Die Regierung habe in der »guten Absicht« gehandelt, »die nationale Sicherheit zu erhalten«, ließ die Gruppe die Staatsanwältin schließlich nach ausführlicher Lektüre am Freitag in einem Schreiben wissen. Die Strategie ist klar: Die Minister wollen das Heft in der Hand halten, um für Zuma und den Staat kompromittierende Passagen aus dem Ermittlungsreport zu streichen.

Die »Sicherheitsgruppe« verschweige, daß sie mit den Ministern seit April in einer Reihe von Treffen sicherheitsrelevante Belange ihrer Untersuchung besprochen habe, versuchte Madonsela daher, die Vorwürfe zu entkräften – und die Souveränität der Justiz zu retten. Ihr Bericht sei »vorsichtig zusammengestellt«, so die Generalstaatsanwältin: »Ich habe mich selbst davon überzeugt, daß er keine ›Sicherheitsverstöße‹ enthält.« Obwohl Mthethwa ihr eine »Fülle« an Sicherheitsverletzungen unterstelle, sei er »nicht in der Lage, eine einzige zu benennen«.

Während sich die Flügel des staatlichen Machtapparats in der juristischen Auseinandersetzung selbst zerlegen, rätseln südafrikanische Medien, wer letztlich als Schuldiger für den üppigen Bau des präsidialen Privatwohnsitzes auserkoren wird. Der in Durban erscheinenden Daily News zufolge ist es zumindest nicht Zuma selbst. Madonselas Bericht werde den Staatschef von jeglichem Fehlverhalten freisprechen, schreibt das Blatt unter Berufung auf zwei anonyme Informanten, die den Bericht gelesen hätten. Als Missetäter würden statt dessen hochrangige Staatsbedienstete identifiziert. Diese hätten allein in der Hoffnung, »Zuma glücklich zu machen«, nicht sicherheitsrelevante Baumaßnahmen auf Staatskosten erledigen lassen. In einem Land, dessen Bürger inzwischen beinahe wöchentlich für den Bau von Sozialwohnungen und bessere medizinische Versorgung auf die Straße gehen, dürfte dem Präsidenten selbst eine schriftliche Entlastung kaum Rettung bringen. Im kommenden Jahr sind Wahlen in Südafrika, und die Opposition lechzt bereits danach, Zuma für sein Prachtanwesen an den Pranger zu stellen.

* Aus: junge Welt, Mittwoch, 20. November 2013


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