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Gute Hoffnung am Kap auf Zuma

Wahlsieg des ANC in Südafrika macht Weg frei für neuen Präsidenten

Bei den Parlamentswahlen in Südafrika ist dem regierenden Afrikanischen Nationalkongress (ANC) erneut eine Zweidrittel-Mehrheit sicher.

Kapstadt (Agenturen/ND). Nach Auszählung von gut 95 Prozent der Wahllokale lag der Afrikanische Nationalkongress am Freitag mit 66,6 Prozent der Stimmen vorn. Es gilt damit als sicher, dass die Nationalversammlung ANC-Chef Jacob Zuma zum neuen Staatsoberhaupt wählen wird. Die Vereidigung ist für den 9. Mai vorgesehen.

Die Demokratische Allianz (DA) der Kapstädter Bürgermeisterin Helen Zille kommt auf 15,9 Prozent der Stimmen und bleibt damit die stärkste Oppositionspartei. Auf dem dritten Rang folgt der im vergangenen Herbst von ANC-Abweichlern gegründete Volkskongress (COPE) mit 7,6 Prozent.

Auch bei den gleichzeitig stattfindenden Provinzwahlen konnte der ANC seine Dominanz verteidigen. Acht von neun Provinzen bleiben weiterhin in der Hand der ehemaligen Befreiungsbewegung. Nur in der Provinz Westkap eroberte die DA eine Mehrheit. Sie dürfte dort künftig in einer Koalition mit kleineren Parteien regieren.

Die Afrikanische Union bescheinigte der südafrikanischen Regierung »freie und faire« Wahlen. Bis auf kleinere Zwischenfälle gestaltete sich der Ablauf am Mittwoch bei großem Andrang friedlich und reibungslos. Insgesamt waren 23 Millionen registrierte Wähler dazu aufgerufen, die Abgeordneten der Provinzparlamente und der Nationalversammlung zu bestimmen.

Der designierte Präsident Jacob Zuma feierte am Mittwochabend seinen Sieg gemeinsam mit Tausenden ANC-Anhängern in Johannesburg. Erst zwei Wochen vor der Wahl hatte die Generalstaatsanwaltschaft eine Korruptionsklage gegen den Politiker eingestellt. Eine Zweidrittel-Mehrheit würde es seiner Partei ermöglichen, die Verfassung im Alleingang zu ändern. Zuma löst Übergangspräsident Kgaglema Motlanthe ab, der das Land seit dem Rücktritt von Thabo Mbeki im September 2008 führt.

Südafrika ist die stärkste Wirtschaftsmacht Afrikas. Wichtigste Exportgüter sind Gold, Platin und Diamanten.

* Aus: Neues Deutschland, 25. April 2009

Letzte Meldung

Der Afrikanische Nationalkongress (ANC) hat bei der Parlamentswahl in Südafrika die für Verfassungsänderungen notwendige Zweidrittelmehrheit nach Angaben der Wahlkommission knapp verfehlt. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis kam die Regierungspartei auf 65,9 Prozent der Stimmen, das sind 264 der 400 Sitze im Parlament.
Die größte Oppositionspartei Demokratische Allianz (DA) erzielte den Angaben zufolge 16,68 Prozent (67 Sitze). Die neue Partei Volkskongress (COPE) von Ex-Präsident Thabo Mbeki, die sich vergangenes Jahr vom ANC abgespalten hatte, errang 7,42 Prozent (30 Sitze). ANC-Spitzenkandidat Jacob Zuma wird aller Voraussicht nach Anfang Mai vom neuen Parlament zum Staatspräsidenten gewählt.

Nachrichtenagenturen, 25. April 2009



Afrikanischer Nationalkongress feiert Sieg am Kap

Zwei-Drittel-Mehrheit für ANC so gut wie sicher / Regierungspartei profitierte am stärksten von hoher Wahlbeteiligung

Von Hans-Georg Schleicher **

Dieses Votum war die größte Herausforderung für den ANC bei allen bisherigen vier Wahlen seit 1994. Der klare Sieg der Regierungspartei Südafrikas stand nie in Frage – aber wie hoch würde er ausfallen?

23 Millionen Südafrikaner hatten sich registrieren lassen, eine Rekordzahl. Die Wahlbeteiligung am Mittwoch war mit 77 Prozent viel höher, als viele Analysten erwartet hatten. Die Bilder erinnerten an die ersten freien Wahlen vor 15 Jahren – schon frühmorgens hatten sich lange Schlangen vor den Wahllokalen gebildet. Die Abstimmung verlief trotz organisatorischer Probleme ohne ernste Zwischenfälle. Wahlbeteiligung und Wahlverlauf sind ein großer Erfolg für die junge Demokratie in Südafrika. 5000 südafrikanische und 350 internationale Beobachter attestierten einen freien und weitgehend fairen Urnengang. Die Opposition konnte ungehindert agieren, Medien spielten eine kritische und wichtige Rolle.

Von den 26 Parteien, die auf nationaler Ebene antraten, ist nur eine knappe Handvoll politisch relevant. Die Opposition wollte eine erneute Zwei-Drittel-Mehrheit des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) verhindern und scheiterte damit. Nach Auszählung von über 95 Prozent der Wahllokale lag die Partei am Freitag mit 66,6 Prozent der Stimmen vorn. Wie die ANC-Führung erkläre, wolle man diese Mehrheit auch weiterhin nicht für Verfassungsänderungen nutzen. Nationalkongress und Opposition hatten ihren Wahlkampf auf den politisch umstrittenen ANC-Chef Jacob Zuma zugeschnitten. Das führte offenbar zu einem Solidarisierungseffekt bei der Mehrheit der Wähler. Zumas Wahl zum neuen Präsidenten Südafrikas durch das Parlament ist sicher. Entsprechend war die Stimmung bei ersten Feiern des ANC.

Getrübt wurde die Ausgelassenheit durch das Wahlergebnis in der Provinz West-Kap, wo der ANC seine bisherige einfache Mehrheit verlor und deutlich zurückliegt. In allen anderen acht Provinzen gab es dagegen klare Erfolge mit absoluter Mehrheit. In Zumas Heimatprovinz KwaZulu-Natal deklassierte der ANC die rivalisierende Inkatha Freiheitspartei (IFP) sogar regelrecht.

Das erwartete Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den Oppositionsparteien Demokratische Allianz (DA) und Volkskongress (COPE) blieb aus. Die überraschend starke DA verbesserte sich auf knapp 16 Prozent (vorher 12,4), konnte als »weiße« Partei aber erneut keinen Durchbruch bei schwarzen Wählern erzielen. Am West-Kap mit einer Bevölkerungsmehrheit der Mischlinge (Coloureds) wurde sie dagegen deutlich stärkste Partei, ein beachtlicher Erfolg. COPE blieb mit 7,5 Prozent dagegen ebenso deutlich unter den Erwartungen, selbst in der Hochburg Ost-Kap lag man nur bei enttäuschenden 13 Prozent. Nicht überraschend kam der Absturz der IFP von sieben auf 3,8 Prozent.

Wichtigstes Ereignis im Vorfeld der Wahlen war die Gründung von COPE durch enttäuschte ANC-Abweichler. Das trug auch zur hohen Wahlbeteiligung bei. Die Ironie der Geschichte ist, dass die Herausforderung durch COPE dem ANC einen Mobilisierungsschub verschaffte, während COPE selbst sich nicht überzeugend als Alternative darstellen konnte. Der ANC dürfte gegenüber 2004 (69,7 Prozent) nur leicht verlieren. Nicht das jedoch bringt die Analysten in Erklärungsnot, sondern die anhaltend starke Wählerunterstützung für den Afrikanischen Nationalkongress. Soziale Verwerfungen, Kriminalität und Aids sind nach 15 Jahren ANC-Regierung weiterhin große Probleme, die Partei hat gerade eine tiefe Krise überwunden. Traditionelle Loyalität zur ehemaligen Befreiungsbewegung reicht da nicht als Erklärung; sie gilt kaum für junge Wähler, die Apartheid und Befreiungskampf nicht erlebten. Offensichtlich erwarten viele Menschen weiterhin vom ANC das größte soziale Engagement. Ob COPE sich zumindest langfristig als echte Alternative profilieren kann, bleibt offen.

** Aus: Neues Deutschland, 25. April 2009


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