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Friedenstruppen für Syrien?

Arabische Staaten verlangen Entsendung von Blauhelmen / Assad lehnt ab, Russland prüft *

Russland will den Vorschlag zur Entsendung von UN-Blauhelmtruppen nach Syrien prüfen. »Wir erwarten von unseren Freunden in den arabischen Staaten, uns in einigen Punkten Klarheit zu geben«, sagte der russische Außenminister Lawrow am Montag (13. Feb.) in Moskau.

Mit Empörung hat Syriens Regierung auf den Vorschlag reagiert, UN-Friedenstruppen in das Land zu schicken. »Syrien lehnt die Entscheidung der Arabischen Liga kategorisch ab«, erklärte der syrische Botschafter Jussif Ahmed am Montag (13. Feb.) in Kairo. Hinter diesem Komplott gegen Syrien steckten Katar und Saudi-Arabien.

Die Arabische Liga hatte am Sonntag (12. Feb.) den Weltsicherheitsrat aufgefordert, UN-Blauhelme nach Syrien zu schicken, »um dort einen Waffenstillstand zu überwachen«. An dem Einsatz würden sich dann auch arabische Soldaten beteiligen, hieß es. Im Sicherheitsrat blockieren allerdings die Vetomächte China und Russland eine Resolution. Beide lehnen einen Militäreinsatz in Syrien strikt ab. Sie befürchten unter anderem, dass ausländische Truppen wie im Fall Libyen einen Regimewechsel unterstützen könnten.

Bei ihrer Sitzung in Kairo hatten die arabischen Staaten zudem beschlossen, ihre diplomatischen Beziehungen zu Syrien abzubrechen. Der Handel solle auf Güter beschränkt werden, die für die syrische Bevölkerung lebensnotwendig sind. Die Araber erklärten außerdem, sie wollten ihre Kontakte zum Syrischen Nationalrat ausbauen. Dem Vorschlag einiger Golfstaaten, den oppositionellen Rat als »einzige legitime Vertretung des syrischen Volkes« anzuerkennen, folgten sie jedoch nicht.

Der irakische Außenminister Hoschiar Sebari sagte nach dem Treffen, dafür sei es noch zu früh. Libanon lehnte die Resolution insgesamt ab. Algerien meldete Bedenken gegen einige Punkte an.

Russland will den Vorschlag einer Blauhelmmission für Syrien prüfen, aber in jedem Fall erst bei einem Waffenstillstand in dem Land zulassen. Das sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Montag. Moskau studiere den Vorschlag der Arabischen Liga, UN-Blauhelm-Soldaten nach Syrien zu entsenden, sagte Lawrow nach Angaben der Agentur Interfax bei einem Treffen mit dem Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate, Scheich Abdullah bin Said Al-Nahjan, in Moskau. Für eine solche Mission sei in jedem Fall auch das Einverständnis von Syrien erforderlich.

Nach seiner Darstellung kann eine Friedensmission erst beginnen, wenn in Syrien Frieden herrsche, der dann mit UN-Hilfe unterstützt werden könne. Lawrow äußerte zudem sein Bedauern über den Abbruch der Beobachtermission der Arabischen Liga in Syrien. Russland sei bereit, die vorgeschlagene Konferenz der »Freunde Syriens« am 24. Februar zu unterstützen, wenn dabei alle politischen Kräfte des Landes mit an einem Tisch sitzen. Moskau lehnt Forderungen nach einem Rücktritt des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad als Vorbedingung für den Beginn von Gesprächen ab. Lawrow forderte die Opposition nun erstmals zum Dialog mit Assads Stellvertreter auf.

Die Kämpfe in Daraa, Hama und Homs gingen auch am Montag weiter. Nach Zählung der Opposition sind in den elf Monaten seit Beginn der Proteste rund 6300 Zivilisten und 1650 Soldaten getötet worden. Gefechte wurden am Montag auch aus der Ortschaft Al-Rastan in der Provinz Homs gemeldet.

* Aus: neues deutschland, 14. Februar 2012


Militärintervention angedroht

Syrien weist Einmischung der Arabischen Liga zurück. Pentagon prüft Einsatzmöglichkeiten **

Als »eklatante Einmischung in die inneren Angelegenheiten und Verletzung der nationalen Souveränität« hat Syrien am Montag die am Vortag gefaßten Beschlüsse der Arabischen Liga zur Lage im Land zurückgewiesen. Das berichtete die staatliche Nachrichtenagentur SANA unter Berufung auf »offizielle Quellen«. Die regierungsnahe Zeitung Al-Watan schrieb, die arabischen Staaten hätten nichts Neues gebracht, »außer ihrem Aufruf zur Besetzung Syriens mit ausländischen Truppen«.

Die Außenminister der Liga hatten in Kairo eine Resolution verabschiedet, in der sie den syrischen Regierungsgegnern umfassende »politische und materielle« Hilfe versprechen. Ferner erklärten sie die eigene Beobachtermission in Syrien offiziell für beendet und forderten vom UN-Sicherheitsrat die Entsendung einer »Friedenstruppe« zur »Überwachung des Waffenstillstands«. Zugleich drohten sie jedoch Syrien mit einer militärischen Intervention und riefen zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit Damaskus auf.

Auch in den USA werden die Kriegstrommeln lauter. Der US-Sender CNN berichtete unter Berufung auf Regierungsvertreter, das Pentagon habe »eine vorbereitende interne Überprüfung der Einsatzmöglichkeiten des US-Militärs« veranlaßt. Dabei prüfe die US-Armee üblicherweise »alle Optionen von humanitären Hilfsaktionen über die Unterstützung von Oppositionsgruppen bis zu direkten Militärschlägen«.

Rußland zeigte sich am Montag bereit, den Vorschlag der Arabischen Liga für eine gemeinsame Mission mit der UNO zu prüfen. Außenminister Sergej Lawrow machte aber auch deutlich, daß für eine Entsendung von »Blauhelmen« die Zustimmung der syrischen Regierung nötig wäre. Voraussetzung wäre deshalb ein von beiden Seiten akzeptierter Waffenstillstand. Auch Chinas Außenamtssprecher Liu Weimin erklärte, sein Land setze weiterhin auf Dialog.

** Aus: junge Welt, 14. Februar 2012


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