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Steht das Regime vor dem Fall? / Security Council fails to adopt resolution on Syria

Resolution im UN-Sicherheitsrat gescheitert / Widersprüchliche Meldungen aus Syrien - Sorge um lang anhaltenden Bürgerkrieg


Die Meldungen aus bzw. über Syrien überschlagen sich. Da ist von der Flucht des Präsidenten Baschar al-Assad die Rede, der russische Botschafter in Paris behauptet, Assad sei zur Übergabe der Macht bereit - eine Meldung, die sogleich dementiert wird -, und überall wird über das Chemiewaffenarsenal des Regimes spekuliert und ob es wohl gegen die Opposition eingesetzt wird oder ob es weit schlimmer wäre, wenn die Opposition in den Besitz der Waffen käme. Insbesondere die USA fürchten scheinbar ein Chaos in Syrien mehr als eine Verhandlungslösung (die sie allerdings monatelang hintertrieben haben). Und die medien hier zu Lande tun weiter so, als ginge es um den Endkampf zwischen der guten Opposition und dem bösen Assad-Regime.

Im Folgenden lassen wir die russischen Medien zu Wort kommen um zu sehen, wie das syrische Geschehen dort wahrgenommen wird. Doch auch sie tapsen offenbar vielfach im Dunklen. Weiter unten [im Kasten] folgt dann noch ein Bericht über die Sitzung im UN-Sicherheitsrat vom Donnerstag.



Der tödliche Anschlag auf den engsten Kreis um Präsident Baschar al-Assad könnte eine Wende im Syrien-Konflikt bringen, schreibt die Zeitung "Kommersant" am Freitag.

Experten zufolge werden die kommenden Tage zeigen, ob die Assad-treuen Soldaten Damaskus weiter kontrollieren oder es zu einer massenhaften Fahnenflucht kommt.

PARIS, 20. Juli (RIA Novosti). Sollte die Zahl der Deserteure in den Regierungstruppen weiter steigen, brechen die Sicherheitsstrukturen als Hauptstütze des Assad-Regimes zusammen. In diesem Fall würde Damaskus kurz vor der Eroberung durch die Rebellen stehen; es wird bereits über Kämpfe in der Nähe des Präsidentenpalastes berichtet. Zudem behauptet die Opposition, dass an einem Tag 500 Soldaten der Regierungstruppen und ein ranghoher Militär mit einem Konvoi aus 120 Panzern zu den Aufständischen übergelaufen seien. Diese Information wurde jedoch noch nicht bestätigt.

Allerdings könnte der Bürgerkrieg in Syrien auch zum Dauerzustand werden. Die Assad-treuen Truppen verteidigen weiter Damaskus und andere Gebiete. Trotz des Selbstmordanschlags auf Assads Führungszirkel sind die Regierungstruppen weiterhin kampffähig- allen voran die 4. Elite-Panzerdivision, die vor allem aus Glaubensbrüdern Assads, Alawiten, besteht und von Assads jüngerem Brüder Maher kommandiert wird. In diesem Fall könnte sich der Sturz des Assad-Regimes in die Länge ziehen. Die Weltgemeinschaft würde den Syrern einen Friedensplan unterbreiten, um Chaos und Massaker zwischen den Völkergruppen in dem Land zu verhindern.

Allerdings sind immer mehr Experten der Ansicht, dass der Konflikt gewaltsam gelöst wird. Auch Jordaniens König Abdullah II. schließt dies nicht aus. „Wir haben womöglich eine Phase erreicht, in der es zu spät für eine politische Lösung ist“, sagte König Abdullah. Er erinnerte daran, dass die Al-Qaida eine zunehmend wichtigere Rolle in der syrischen Opposition spielt. Er befürchtet, dass den Extremisten chemische Waffen der syrischen Regierungstruppen in die Hände fallen.

Auch der Westen hält das Chaos nach dem Aufstand für viel gefährlicher für die Region als das Assad-Regime selbst. Nach Angaben der „Washington Post“ sind die syrischen Chemiewaffen eines der Hauptprobleme, die die CIA beunruhigen. Kaum jemand glaubt daran, dass Assad die Waffen gegen seine Feinde einsetzen wird, weil keine klaren Fronten zu erkennen sind. Doch das Risiko, dass die Chemiewaffenarsenale von „unkontrollierbaren Elementen des syrischen Widerstandes“ ergriffen werden, ist viel höher.

Eine weitere Gefahr ist die endgültige Verwandlung des Syrien-Konfliktes in einen religiösen Krieg zwischen Sunniten (Opposition) und Alawiten sowie anderen religiösen Minderheiten. Dies könnte zum Zerfall des Landes führen. Falls der Bürgerkrieg mit einem Sieg der Oppositionellen statt einer politischen Lösung endet, könnten die Alawiten die Kämpfe in ihren Enklaven weiterführen. Die Küstenstadt Latakia und ihre Umgebung ist einer dieser Orte. Dorthin sind Assad und seine Familie dieser Tage geflüchtet.


Weißes Haus: Syrische C-Waffen weiter unter Kontrolle der Regierung Assad

WASHINGTON, 20. Juli (RIA Novosti). Syriens Präsident Baschar al-Assad behält laut US-Angaben die Kontrolle über das C-Waffen-Arsenal des Landes. Das teilte der offizielle Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney, am Donnerstagabend den Journalisten des Präsidenten-Pools im Flugzeug auf dem Weg nach Florida mit.

„Wir haben keinen Grund zur Annahme, dass die C-Waffen momentan nicht von der syrischen Regierung kontrolliert werden.

Wie Carney betonte, sind die USA über die Situation in Syrien tief besorgt. Präsident Baschar al-Assad werde es verantworten müssen, sollte er C-Waffen einsetzen.

Zuvor hatte der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak seine Beunruhigung darüber zum Ausdruck gebracht, dass Terroristen im Zuge der Unruhen in Syrien in den Besitz von C-Waffen kommen könnten.


Syrisches Fernsehen: Präsident Assad wohlauf

MOSKAU, 19. Juli (RIA Novosti). Syriens Präsident Baschar al-Assad ist entgegen arabischen und westlichen Medienberichten wohlauf.

Am Donnerstag zeigte das syrische Fernsehen die Zeremonie der Vereidigung eines neuen Verteidigungsministers, wie die Nachrichtenagentur AFP meldete. Der Eid von General Fahad Jassim al-Freij sei persönlich von Assad abgenommen worden, hieß es. . Der Moderator teilte nicht mit, an welchem Ort die Vereidigung stattfand. Zuvor berichtete das Fernsehen über die Zeremonie, ohne aber Bilder zu zeigen.

Al-Freij war am Mittwoch in dieses Amt berufen worden, nachdem sein Vorgänger Daud Radschha am gleichen Tag beim Selbstmordanschlag eines Unbekannten tödlich verletzt worden war.


Als Videos „vor Ort“ ausgegebene Inszenierungen von Kämpfen in Syrien in Katar gedreht

KAIRO, 19. Juli (RIA Novosti). Ein in Katar ansässiges Unternehmen zur Herstellung von Filmkulissen dreht im Raum der Hauptstadt Doha aktuelle Nachrichten-Geschichten über die Ereignisse, die sich angeblich in Syrien abspielen, meldet die syrische Nachrichtenagentur SANA unter Berufung auf eigene Quellen.

Im Raum der Stadt az-Zubara, einem Vorort von Doha, gebe es Gebäude und Straßen, die ähnlich aussehen wie die syrischen Städte Damaskus, Latakia und Aleppo. Derzeit werden dorthin Fahrzeuge, darunter Militärjeeps, an denen syrische Kfz-Kennzeichen befestigt werden, sowie Uniformen der syrischen Armee gebracht, um Aktionen der syrischen Regierungstruppen vorzutäuschen.

Mit diesen generierten Kulissen mit real agierenden Schauspielern wollen arabische und westliche Nachrichtensender, die dem Assad-Regime feindlich gesinnt seien, eine neue Welle des Informationskrieges entfachen, so SANA. Ziel sei es, die Weltgemeinschaft von einem Militäreinsatz in Syrien zu überzeugen.


Russland und China blockieren UN-Resolution mit Sanktionen gegen Syrien

UNO/NEW YORK, 19. Juli (RIA Novosti). Russland und China haben am Donnerstag im Weltsicherheitsrat die vom Westen eingebrachte Resolution mit Sanktionen gegen Syrien blockiert.

Das wurde in New York offiziell mitgeteilt. Wenige Minuten vor der Abstimmung sagte der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin, dass sich der UN-Sicherheitsrat nicht auf eine Kompromisslösung einigen konnte.

Dem Weltsicherheitsrat liegen zwei Resolutionsentwürfe vor. Das von Russland erstellte Dokument sieht eine Verlängerung der UN-Mission in Syrien um weitere drei Monate in der Hoffnung auf eine politische Beilegung der Krise vor. Der westliche Entwurf beinhaltet Sanktionen bis hin zur militärischen Einmischung der Weltgemeinschaft in Syrien.

* Alle Meldungen aus: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, Donnerstag und Freitag, 19./20. Juli 2012; http://de.rian.ru


Security Council fails to adopt resolution on Syria

19 July 2012 – Despite the appeals for united and concerted action to help end the escalating violence in Syria, the Security Council today failed to adopt a resolution that would have threatened sanctions on Damascus, owing to the negative votes of permanent members Russia and China.

Eleven of the Council’s 15 members voted in favour of the resolution’s text, while two others – Pakistan and South Africa – abstained. A veto by any one of the Council’s five permanent members means a resolution cannot be adopted.

Ahead of today’s action, Secretary-General Ban Ki-moon, along with the Joint Special Envoy for the United Nations and the League of Arab States for the Syrian Crisis, Kofi Annan, repeatedly expressed the hope that the Council could reach agreement on a course of collective action to end the bloodshed in the Middle Eastern country.

“I am deeply disappointed by the failure of the Security Council today over the situation in Syria,” Mr. Ban told reporters in Slovenia, where he arrived to begin an official visit.

A separate statement issued by Mr. Ban’s spokesperson said the vote was disappointing as it comes at a time when more resolve and pressure were needed to achieve the goals endorsed by the Council, of a full cessation of violence to protect civilians and of facilitating a Syrian-led political transition leading to a democratic political system.

“The hour is grave. The international community has a collective responsibility to the Syrian people. The Syrian Government has manifestly failed to protect them,” it stated.

The statement added that the Secretary-General, together with the Joint Special Envoy and the UN as a whole, will spare no efforts in the search to end the violence and human rights violations, and to bring a peaceful democratic Syrian-led transition that meets the legitimate aspirations of the Syrian people.

Mr. Annan also expressed his disappointment that the Council could not unite and take the strong and concerted action he had urged and hoped for. “He believes that the voice of the Council is much more powerful when its members act as one,” his spokesperson said in a statement.

The UN estimates that more than 10,000 people, mostly civilians, have been killed in Syria and tens of thousands displaced since the uprising against President Bashar al-Assad began some 16 months ago.

The President of the General Assembly, Nassir Abdulaziz Al-Nasser, “deeply regrets that the Security Council has again been unable to unite and take collective action to put an immediate end to the appalling crisis in Syria,” said a statement issued by his spokesperson following the vote.

It added that the President remains deeply concerned about the “horrifying escalation” in the killing of innocent people, and that the deadlock in the Council sends the wrong signal to all parties in the conflict.

The Council is also expected to make a decision today on the future of the UN Supervision Mission in Syria (UNSMIS), which recently suspended its regular patrols due to the escalating violence on the ground and whose 90-day mandate expires tomorrow.

The Mission was set up to monitor the cessation of violence in Syria, as well as monitor and support the full implementation of the six-point peace plan put forward by Mr. Annan. That plan calls for an end to violence, access for humanitarian agencies to provide relief to those in need, the release of detainees, the start of inclusive political dialogue, and unrestricted access to the country for the international media.

“It pains me to say, but we are not on the track for peace in Syria and the escalations we have witnessed in Damascus over the past few days is a testimony to that,” the Mission’s head and Chief Military Observer, Major-General Robert Mood, told reporters in the Syrian capital today.

A bomb attack on the National Security Headquarters building in Damascus yesterday killed and wounded several Government officials. Among those killed were Syria’s defence minister and his deputy. There were also reports of clashes between Syrian Government forces and opposition fighters in several neighbourhoods of the city.

Maj.-Gen. Mood noted that it is for the Council to decide the fate of UNSMIS and the UN political and military presence in Syria. “It is no secret that its members are divided on what actions are needed to end the killing and begin a political transition process,” he stated.

“For the sake of the Syrian people we need effective leadership from the Security Council and genuine unity around a political plan that meets the aspirations of the Syrian people and that is accepted by the parties,” he added.

Quelle: UN News Centre, 19 July 2012; www.un.org




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