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Syrien: Diplomatie und Kämpfe

Rußland und China weiterhin für politische Lösung

Von Karin Leukefeld, Damaskus *

Der russische stellvertretende Außenminister Michail Bogdanov ist Berichten entgegengetreten, wonach der internationale Sondervermittler für Syrien, Lakhdar Brahimi, bei Gesprächen in Moskau einen bestimmten Plan vorgelegt habe. Moskau strebe weiterhin eine politische Lösung an, der man mit dem Genfer Abkommen im vergangenen Sommer nahe gewesen sei. Der chinesische Außenminister warb seinerseits nach einem Treffen mit Brahimi in Peking am Mittwoch erneut für eine Einstellung der Kämpfe und betonte, daß nur eine politische Lösung die Krise in Syrien beenden könne. Außenamtssprecher Hong Lei sagte am Donnerstag, China habe Brahimi einen Plan vorgeschlagen, wonach »ein Waffenstillstand Region für Region, Phase für Phase« umgesetzt werden solle. Außerdem solle ein »Gremium mit vorübergehenden Regierungsaufgaben« betreut werden. Militäroperationen »bieten keinen Ausweg«, sagte der Sprecher.

In verschiedenen Teilen Syriens gingen die Kämpfe auch am Donnerstag weiter. In Westdamaskus explodierten am Mittwoch abend drei Sprengsätze in Mezzeh, dabei wurde mindestens eine Person getötet und mehrere Menschen verletzt. In dem etwa zehn Kilometer entfernten Vorort Maadamiya starben ebenfalls am Mittwoch bei der Explosion eines Busses mindestens sechs Menschen. Die Zahl der Toten von einem Anschlag am Mittwoch nachmittag in Sayda Zeynab stieg auf 13. Am frühen Donnerstag morgen explodierten bereits um sechs Uhr die ersten Sprengsätze. Nach einer Doppel¬explosion zwei Stunden später stiegen im Süden der Stadt zwei große weiße Rauchwolken auf. Die Luftwaffe flog erneut Einsätze gegen östliche Vorstädte. Nach offiziellen Angaben gehen Armee und Luftwaffe dort gegen Stellungen von Aufständischen vor. Die setzen wiederum Luftabwehrgeschütze ein, was im Zentrum von Damaskus deutlich zu hören ist.

Die bewaffneten Aufständischen planen nach Einschätzung politischer Beobachter, eine vertikale Trennungslinie entlang der Provinzen Homs, Idlib und Aleppo zu ziehen, um so die Küstenregion und die wichtigen Industriezentren Homs und Aleppo dem Einflußbereich der syrischen Regierung in Damaskus zu entziehen und eine »Pufferzone« einzurichten. Für deren Schutz fordern sie internationale Waffenhilfe. Nach Angaben des »Strategischen Kommunikations- und Forschungszentrums« (SRCC), das dem »Syrischen Nationalrat« (SNR) nahesteht, hatten die Aufständischen trotz Zustimmung zu einer Waffenruhe während des Opferfestes bereits am vergangenen Sonntag landesweit eine »Großoffensive« gestartet. Dabei hätten die Kämpfer in der Provinz Idlib am Donnerstag mehr als 20 syrische Soldaten getötet.

Die US-Botschaft in Amman bestätigte am Donnerstag, daß die amerikanische Rüstungsschmiede Lockheed Martin Corporation im Auftrag der US-Luftwaffe die Kommando- und Kontrollsysteme der jordanischen Luftwaffe modernisiert. Seit Beginn der Unruhen in Syrien haben US-amerikanische und britische Militärexperten die jordanischen Streitkräfte systematisch aus- und aufgebaut.

* Aus: junge Welt, Freitag, 02. November 2012


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