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Vermittler Brahimi, das Orakel von Damaskus

Genfer Friedenskonferenz findet statt – so Gott es will

Von Karin Leukefeld, Damaskus *

Der UN-Syrienvermittler Brahimi hält die Teilnahme der Opposition für unabdingbar, damit eine Syrien-Friedenskonferenz zustande kommt, wie er am Freitag in Damaskus erklärte.

Der UN-Sondervermittler für Syrien, Lakhdar Brahimi, hat keinen leichten Stand vor Journalisten und Kameraleuten, die sich am Freitagmorgen im Sheraton-Hotel in Damaskus eingefunden haben. Seit 7.30 Uhr warten Kollegen und Kolleginnen von Agenturen, Zeitungen, Rundfunk, von der britischen BBC bis zum chinesischen CCTV. Auch der am Eingang angebotene Tee und Kaffee zur Morgenstunde kann die Gemüter nur wenig besänftigen. Die Kameraleute vertreiben sich die Zeit mit dem Filmen von Journalisten, Witze fliegen hin und her, im Raum herrscht angeregtes Gemurmel unter den Kollegen, die über dieses und jenes diskutieren.

Als Brahimi schließlich den Saal betritt, wird alles ruhig. Die UNO bemühe sich weiterhin intensiv, den Konflikt in Syrien politisch zu lösen, sagt der algerische Diplomat nach einer kurzen Begrüßung. In den vergangenen zwei Wochen habe er Gespräche in »verschiedenen Staaten der Region« geführt. In Damaskus sei er mit Präsident Baschar al-Assad und Vertretern der Opposition zusammengetroffen.

Genf II selber solle nach einem Eröffnungstag direkt in Gespräche zwischen syrischer Regierung und Opposition übergehen, die als Hauptakteure gefragt seien, miteinander zu verhandeln. Vorgesehen seien zwei syrische Delegationen, führt Brahimi weiter aus. Eine Regierungsdelegation sowie eine Delegation der Opposition. Die allerdings müsse sich über die Zusammensetzung noch einigen. Ausführlich geht Brahimi dann auf die schwierige humanitäre Lage in Syrien ein. Ein Drittel des Landes sei zerstört, Millionen seien vertrieben. Die Welt sei bereit, einen Friedensprozess zu unterstützen und den Syrern zu helfen. Dafür brauche man aber die Kooperationsbereitschaft aller Seiten.

Auf Nachfragen zur Rolle Saudi-Arabiens und der Türkei, die nach wie vor bewaffnete Gruppen in Syrien unterstützen, antwortet Brahimi ausweichend. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon habe wiederholt gefordert, dass alle Waffenlieferungen nach Syrien gestoppt werden müssten. Dem habe er nichts hinzuzufügen. Auf die Frage der BBC, ob Genf II wirklich eine Chance habe, antwortet Brahimi: »Inschallah (so Gott will), es geschieht, wenn es geschieht.« Alle die eingeladen seien, könnten kommen. Alle wüssten, dass es ohne Genf II keine Lösung geben werde. »Alle Staaten, die an der Krise in Syrien interessiert sind, interessieren sich auch für Genf II«. Ob es angesichts der Zerstrittenheit der syrischen Opposition bei einer Delegation bleiben könne, wird gefragt. Darüber werde noch zu reden sein. Und wenn die Opposition nicht nach Genf gehen wolle? »Ohne Opposition kein Genf II«, lautet die knappe Antwort.

Auch in Syrien hat Brahimi keinen leichten Stand. Kaum ist der UN-Vermittler abgereist, äußert sich der syrische Informationsminister Omran al-Zoubi im libanesischen Fernsehsender »Al Mayadeen«. Brahimi werde seiner Rolle als unparteiischer Mediator nicht gerecht, kritisiert Zoubi den Algerier scharf. Nicht einmal habe Brahimi die beim Namen genannt, »die terroristische Gruppen (in Syrien) unterstützen, an erster Stelle Saudi-Arabien«. Offensichtlich verstehe er nicht, was in Syrien geschehe, sonst könne er die syrische »Regierung und bestimmte Oppositionsgruppen nicht auf eine Stufe stellen«, rügt der Minister.

* Aus: neues deutschland, Samstag, 2. November 2013


Israel griff Armeestellung in Syrien an

Vermutlich Flugabwehr nahe Latakia zerstört **

Tel Aviv. Israelische Kampfflugzeuge haben offenbar einen syrischen Luftwaffen-Stützpunkt am Mittelmeer angegriffen. Ziel des Einsatzes in der Nacht zum Donnerstag seien Raketen und Zubehör gewesen, die auf dem Gelände nahe der Hafenstadt Latakia lagerten. Israel behauptet, die Waffen seien für die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah bestimmt gewesen. So berichtet es allerdings nur der US- Sender CNN unter Berufung auf einen nicht benannten Vertreter der US-Regierung. Israel selbst verweigert dazu jede Auskunft. Eine israelische Militärsprecherin sagte: »Wir äußern uns nicht zu solchen Berichten.«

Das Zweite Israelische Fernsehen berichtete, Ziel des Angriffs sei ein hochmodernes Flugabwehrsystem Syriens gewesen. Satellitenaufnahmen des Gebietes zeigten eine Batterie russischer Abwehrraketen des Typs S-125 Newa.

Syrische Medien verlautbarten, eine Rakete sei aus Richtung Mittelmeer gekommen und möglicherweise von der israelischen Marine abgefeuert worden. Eine offizielle Bestätigung gab es auch aus Damaskus nicht.

Nach Darstellung der Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter von der Auslandsopposition wurde ein Stützpunkt in Al-Sanober Dschibla südlich Latakias getroffen.

»Sollte sich bestätigen, dass in der Nacht zu Donnerstag eine syrische Militärbasis von israelischen Raketen angegriffen wurde, wäre das eine völkerrechtswidrige Verletzung der syrischen Souveränität und ein höchst gefährliches Spiel mit dem Feuer«, erklärte dazu Wolfgang Gehrcke, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion der Partei Die LINKE im Bundestag.

** Aus: neues deutschland, Samstag, 2. November 2013


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