Assad erfolgreich auf Südamerika-Tournee
Auslandssyrer gelobt als Brückenbauer
Von Karin Leukefeld *
Eine Million Syrer in Venezuela, drei Millionen in Brasilien, 2,5
Millionen in Argentinien - auf einer einwöchigen Lateinamerikareise hat
der syrische Präsident Assad die größten syrischen Gemeinden außerhalb
Syriens besucht. Die Auslandssyrer wirken wirtschaftlich und politisch
als wichtige Brückenbauer. Während EU und USA Syrien weiter auf Distanz
halten, knüpft das Land selbstbewusst internationale Kontakte.
Nach Venezuela, Kuba und Brasilien war am Freitag (2. Juli) Argentinien die letzte Station einer einwöchigen Lateinamerikareise von Präsident Bashar
al-Assad. In Buenos Aires zeigte er sich stolz über das syrische Ansehen
in Südamerika. »Ihr seid hierhergekommen, habt das Land mit aufgebaut
und habt es verteidigt, als man euch darum gebeten habt«, sagte Assad
bei einem Treffen mit Auslandssyrern. »Emotional und praktisch« seien
sie dennoch mit ihrer Heimat verbunden geblieben, »als Brücke zwischen
den beiden Regionen.«
Den Argentiniern dankte er für die offene Aufnahme von Syrern und auch
Libanesen seit mehr als 150 Jahren. Die wirtschaftlichen und politischen
Beziehungen »zwischen unabhängigen Staaten des Südens« müssten ausgebaut
werden, sagte Assad. Lateinamerika sei eine aufstrebende Macht, die
international nicht ignoriert werden könne. Allerdings gebe es Versuche,
die Staaten Lateinamerikas politisch »zu neutralisieren«, das dürfe man
nicht zulassen.
Wegen seiner guten Beziehungen zu Iran, der libanesischen Hisbollah und
der palästinensischen Hamas steht Syrien weiter unter US-Sanktionen, die
Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens mit der EU kommt nicht
voran. In anderen Teilen der Welt gewinnt das Land hingegen an
Anerkennung. Die Beziehungen zu asiatischen Staaten und Russland sind
gut, seit drei Jahren haben sich auch die Kontakte zu Lateinamerika
vertieft, allen voran die jetzt besuchten. Die wollen ihrerseits mit
unabhängigen Beziehungen zum Mittleren Osten die Hegemonie der USA
durchbrechen.
Jüngster Beleg dafür ist die Vermittlung von Brasilien und der Türkei in
Sachen iranisches Atomprogramm. Iran hatte sich bereit erklärt, Uran in
die Türkei zu bringen und anschließend in Frankreich oder Russland
kontrolliert anreichern zu lassen. Assad unterstützte in Brasilien den
Vermittlungsplan als »Grundlage für jede Friedenslösung in der Region«
und äußerte den Wunsch, Syrien wirtschaftlich enger mit den
MERCOSUR-Staaten (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay) zu
verbinden. Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva sagte, er
werde sich dafür ebenso einsetzen wie für die Aufnahme Syriens in die
Welthandelsorganisation. Assad forderte für Brasilien einen ständigen
Sitz im UN-Sicherheitsrat, um die unabhängigen Staaten des Südens zu
stärken.
Zu Beginn seiner Reise in Venezuela hatte Präsident Assad das Land als
»Symbol des Widerstandes« gewürdigt, während Präsident Hugo Chavez
betonte, Syrien und Venezuela müssten gemeinsam gegen die »Hegemonie von
Imperialismus und Kapitalismus« in der Welt kämpfen. In Kuba traf Assad
mit Präsident Raul Castro zusammen und verurteilte die US-Sanktionen
gegen Kuba, die seit 50 Jahren in Kraft sind. Auf allen Stationen seiner
Reise erhielt Assad Unterstützung für den Widerstand seines Landes gegen
die israelische »Apartheidpolitik« gegenüber den Palästinensern und
gegen die seit 1967 andauernde israelische Besatzung der Golan-Höhen,
der Scheeba-Höfe in Südlibanon, Ostjerusalems und der Westbank.
Assad stellte sich an die Seite Argentiniens und forderte die Rückgabe
der Malwinen (Falkland-Inseln) an das Land. Die waren Anfang des 19.
Jahrhunderts von den Briten 1833 gegen den Widerstand Argentiniens
besetzt worden.
* Aus: Neues Deutschland, 5. Juli 2010
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