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Mühsamer Dialog in Damaskus

Delegation der Arabischen Liga auf Vermittlungsmission zwischen Opposition und Regierung Syriens

Von Karin Leukefeld, Damaskus *

Der Arabischen Liga ist es bislang nicht gelungen, zwischen Opposition und Regierung in Syrien zu vermitteln. Am gestrigen Donnerstag (27. Okt.), einen Tag nach dem Treffen zwischen Präsident Assad und einer Außenministerdelegation der Liga in Damaskus, sollen Regierungstruppen bei einer Demonstration erneut sieben Zivilisten erschossen haben.

Das erste Gespräch zwischen einer Delegation der Arabischen Liga und der syrischen Führung am Mittwoch ist nach Auskunft von Teilnehmern »offen und verbindlich« verlaufen. Man einigte sich auf eine zweite Runde am Sonntag in Damaskus oder in Doha, der Hauptstadt von Katar. Ob es, wie ursprünglich vorgesehen, Gespräche der Ligavertreter mit Vertretern der syrischen Opposition gegeben hat, ist unklar.

Neben dem Generalsekretär der Arabischen Liga, dem Ägypter Nabil al-Arabi, nahmen die Außenminister von Katar, Sudan, Algerien und Oman an dem Treffen teil. Auf syrischer Seite war neben Präsident Baschar al-Assad Außenminister Walid al-Mouallem ranghöchster Regierungsvertreter. Die Arabische Liga hatte vor einer Woche eine Sonderkommission auf Ministerebene damit beauftragt, zwischen der syrischen Regierung und der Opposition zu vermitteln. Scheich Hamad bin Jassim al-Thani sagte anschließend gegenüber Reportern, man habe sich »gefreut, Präsident Assad zu treffen«. Alle Punkte der arabischen Initiative seien angesprochen worden, bei einigen habe es Übereinstimmung gegeben, bei anderen nicht. Erstmals räumte der Katari bewaffnete Aktionen gegen die syrische Staatsmacht ein. Man suche nach einem Weg, »die Kämpfe diskret zu stoppen«, damit ein Dialog in Gang komme.

Kurz vor der Ankunft der Delegation der Arabischen Liga hatten sich Hunderttausende Menschen auf dem Ummayyaden-Platz in Damaskus versammelt, um das Reformprogramm von Assad zu unterstützen und ausländische Einmischung zurückzuweisen. Die Nachrichtenagentur SANA sprach von bis zu zwei Millionen Menschen, die am Mittwoch für die Regierung auf die Straße gegangen seien.

Aus Oppositionskreisen war derweil zu hören, dass ebenfalls am Mittwoch ein Generalstreik in Homs, Deraa und anderen syrischen Städten das Alltagsleben weitgehend lahm gelegt habe. Ein Anwohner von Homs berichtete der Nachrichtenagentur Reuters, bewaffnete Regimegegner hätten die Ladenbesitzer dazu gezwungen. Übereinstimmend berichteten ein Informationszentrum der Opposition in London und SANA, dass allein am Mittwoch in Homs 15 Menschen getötet wurden, darunter neun Soldaten, die bei einem Raketenangriff nördlich der Stadt starben. Seit Tagen herrschen in Homs bürgerkriegsähnliche Zustände.

Nach Ansicht des in London ansässigen Instituts Maplecroft würden immer mehr Soldaten und Offiziere desertieren und sich der oppositionellen Freien Syrischen Armee anschließen, Maplecroft spricht von bis zu 15 000 Bewaffneten. Sie würden von der Verteidigung von Städten wie Homs, Hama und Idlib zu »Guerillaaktionen« übergehen, die Kämpfe würden an Härte zunehmen.

Die Menschenrechtsorganisation hat sich inzwischen einem Aufruf des Syrischen Nationalrats von Exiloppositionellen angeschlossen und fordert die Einreise von »internationalen Beobachtern«. Dagegen sagte der Vorsitzende der syrischen UN-Gesellschaft, George Jabbour, gegenüber dieser Zeitung, es solle Aufgabe der syrischen Zivilgesellschaft und von arabischen Intellektuellen des Auslands sein, die syrische Zivilbevölkerung vor Gewalt zu schützen.

* Aus: neues deutschland, 28. Oktober 2011


Karin Leukefeld referiert beim Friedenspolitischen Ratschlag 2011 in Kassel zum Thema:

Wohin treibt Syrien? Über Opposition, ausländische Interessen und den Wunsch nach Veränderung

18. Friedenspolitischer Ratschlag

26./27. November 2011

an der Universität Kassel
Beginn: Samstag, 26. Nov., 12 Uhr Ende: Sonntag, 27. Nov. 14 Uhr

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