Russland lehnt US-Papier zu Syrien ab
Moskau vermisst Forderungen an bewaffnete Opposition / Libanon will keine Deserteure aus dem Nachbarland *
Russland lehnt einen von den USA ins
Spiel gebrachten Entwurf für eine Resolution
des UN-Sicherheitsrats zu
Syrien als unausgewogen ab. Die syrische
Armee stürmte am Freitag (9. März) vier
Dörfer in der Provinz Idlib im Nordwesten
des Landes.
Die UN-Vetomacht Russland lehnt
einen US-Vorschlag für eine neue
Resolution des Weltsicherheitsrates
gegen Syrien als »unausgewogen
« ab. Es fehlten Anforderungen
an beide Seiten, die Gewalt zu beenden,
sagte Vizeaußenminister
Gennadi Gatilow am Freitag der
Agentur Interfax. Moskau fordert,
sowohl die Führung des syrischen
Präsidenten Baschar al-Assad als
auch die Regierungsgegner für das
Blutvergießen verantwortlich zu
machen. »Wir können den Entwurf
in der Form, wie er jetzt präsentiert
wurde, nicht akzeptieren
», sagte Gatilow. Russland hat
im Sicherheitsrat bereits zweimal
eine UN-Resolution gegen seinen
engen Partner Syrien mit einem
Veto verhindert.
Libanon will keine bewaffneten
syrischen Deserteure auf seinem
Staatsgebiet dulden. Der Kommandeur
der Streitkräfte, General
Jean Kahwadschi, sagte dem libanesischen
Magazin »Al-Afkar« am
Freitag, jeder, der in Beirut um
Bewegungsfreiheit für syrische
Rebellen bitte, »klopft an der falschen
Tür an«. In der vergangenen
Woche hatten die libanesischen
Behörden bewaffnete Oppositionelle
verhaftet, die aus Syrien
über die Grenze gekommen
waren.
Libanon hat derzeit eine Regierung
unter Beteiligung der
schiitischen Hisbollah-Bewegung,
die mit dem syrischen Präsidenten
Baschar al-Assad kooperiert. Sie
erlaubt, anders als Jordanien und
die Türkei, lediglich Zivilisten aus
Syrien die Einreise. Die US-Botschafterin
in Beirut, Maura Conelly,
hatte kürzlich in einer Besprechung
mit Innenminister Marwan
Charbel gefordert, Libanon solle
alle Syrer schützen, auch die Angehörigen
der Freien Syrischen
Armee. Libanon hatte sich auch
bei den Debatten in der Arabischen
Liga gegen den Ausgrenzungskurs
der Organisation gegenüber
Syrien gestellt.
Zu dem für den 29. März geplanten
Gipfel der Liga in Bagdad
wird Syrien nicht eingeladen werden.
Die Ligastaaten hatten im
November mehrheitlich beschlossen,
die Mitgliedschaft Syriens ruhen
zu lassen.
In der Nacht zum Freitag (9. März) wurde
nach Angaben der Protestbewegung
in Damaskus ein Aufständischer
von den Sicherheitskräften
getötet. Eine Explosion soll es in
der zweitgrößten Stadt Aleppo gegeben
haben. Vermutlich habe eine
Gruppe von Regierungsgegnern
eine Zentrale der Sicherheitsbehörden
angegriffen, erklärte die
oppositionelle Organisation Syrischer
Menschenrechtsbeobachter.
Neue Gefechte und Razzien
wurden aus den Provinzen Hama
und Idlib gemeldet. Wie die Organisation
mitteilte, durchsuchten
die Sicherheitskräfte auf der
Fahndung nach Deserteuren Bauernhöfe
und Häuser in der Region
an der türkischen Grenze. Die Opposition
fürchte einen Großangriff,
sagte der Leiter der Beobachtungsstelle,
Rami Abdel Rahman.
* Aus: neues deutschland, 10. März 2012
Paris: Keine Syrien-Resolution in den nächsten Tagen **
Der französische Außenminister Alain Juppé glaubt nicht, dass die Ablehnung Russlands gegen die Unterzeichnung einer Syrien-Resolution des UN-Sicherheitsrates in den nächsten Tagen überwunden werden kann.
„Ich glaube nicht, dass wir diese Resolution erzielen werden, weil wir leider nach wir vor auf eine unbeugsame Haltung Russlands stoßen. Ich hoffte (auf eine Veränderung nach den Wahlen). Aber ich sehe keine Anzeichen. Morgen in New York werden wir weitersehen“, sagte der Minister im Radiosender Europe 1.
Er hob hervor, dass das Ziel einer Resolution, die in New York besprochen wird, das Ende der Gewalt, ein Waffenstillstand sowie humanitäre Hilfe für das Land sei.
„Wir können nicht akzeptieren, dass ein Regime, das seine Bürger tötet, und die Aufständischen, die versuchen, sich zu verteidigen, in der Resolution auf die gleiche Stufe gestellt werden“, hieß es.
Paris besteht auf der Umsetzung des Plans der Arabischen Liga in Syrien.
„Wir werden nicht nachstehen, da uns 13 der 15 Mitglieder des Sicherheitsrates, 137 Mitglieder der UN-Vollversammlung und alle ‚Freunde Syriens’ unterstützen. Dieser Plan sieht wie auch im Jemen die Machtenthebung des heutigen Präsidenten vor, die Bildung einer Koalitionsregierung unter Beteiligung der Opposition und die Organisation von freien Wahlen“, äußerte Juppé. Er verwies darauf, dass Frankreich derzeit eine Militäroperation in Syrien nicht für möglich halte.
„Warum ist ein militärisches Eingreifen in Syrien unmöglich? Erstens schließen wir die Teilnahme an einer Militäroperation ohne die Genehmigung des UN-Sicherheitsrates aus. Heute legen Russland und China ihr Veto ein“, hieß es weiter. Die zweite Ursache liegt seinen Worten nach darin, dass die syrische Opposition im Gegensatz zur libyschen nicht strukturiert sei.
„Sie ist innerlich gespalten. Die einen rufen zu einer militärischen Einmischung auf und die anderen lehnen das ab. Außerdem besteht in Syrien das maximale Risiko des Ausbruchs eines Bürgerkrieges im Falle eines militärischen Eingreifens. Denn im Land gibt es eine alevitische, eine schiitische, eine sunnitische und eine christliche Gemeinschaft, die keinen Plan unterstützen. Nicht einmal die Arabische Liga fordert heute offiziell eine militärische Invasion“, sagte der französische Außenminister.
** Aus: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 11. März 2012; http://de.rian.ru
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