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Mit oder ohne Iran nach Genf?

Kerry und Lawrow verhandeln am Montag über Vorbereitung von Syrien-Konferenz

Von Irina Wolkowa, Moskau *

Ob es in zehn Tagen eine zweite Syrien-Konferenz in Genf geben wird, ist noch immer ungewiss. Viel wird davon abhängen, ob sich Moskau und Washington auf gemeinsame Grundlinien einigen können.

Am Montag trifft Russland Außenminister Sergej Lawrow in Paris seinen US-amerikanischen Amtskollegen John Kerry. Bei den Konsultationen geht es um die Vorbereitung der neuen Syrien-Konferenz. Sie soll unter UN-Ägide am 22. Januar in Montreux in der Schweiz stattfinden. Ihr Zustandekommen ist vor allem ein außenpolitischer Erfolg Russlands. Kreml und Außenamt hatten im Sommer nach dem Einsatz von Chemiewaffen in Syrien von Präsident Baschar al-Assad verlangt, diese unter internationale Kontrolle zu stellen. Davon hatten die USA zuvor ihren Verzicht auf ein militärisches Eingreifen abhängig gemacht. Danach hatten sich beide Staaten auf eine weitere UN-Konferenz zur Beilegung des Syrien-Konflikts geeinigt und dazu auch ihre Kontakte mit der syrischen Opposition intensiviert. Diese hatte die erste Syrien-Konferenz in Genf boykottiert, weil sie mit Assad nicht verhandeln will.

Das Problem ist noch nicht vom Tisch. »Wir«, so am Donnerstag ein Sprecher des russischen Außenamtes, »müssen mit Bedauern konstatieren, dass eine der Bewegungen innerhalb der syrischen Opposition weiterhin ihre Teilnahme … an Vorbedingungen knüpft und damit versucht, die Ergebnisse der Konferenz im Voraus zu beeinflussen«. Gemeint war die »Nationale Koalition der syrischen Oppositions- und Revolutionskräfte«, die größte und einflussreichste Gruppe der Assad-Gegner, die Moskau wissen ließ, sie werde erst am 17. Januar – ganze fünf Tage vor Konferenzbeginn – über ihre Teilnahme entscheiden.

Offen ist weiterhin auch eine Teilnahme Irans, auf die Russland drängt. Die Islamische Republik gehört zu den wichtigsten Machtstützen Assads. Dennoch blieb Teheran bisher beim internationalen Konfliktmanagement außen vor. Washington, das 1981 nach der Geiselnahme in seiner Teheraner Botschaft die Beziehungen zu Iran abbrach, tut sich noch immer schwer mit Direktverhandlungen.

Erst zu Wochenbeginn hatte die russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti einen Beamten des US-Außenamtes mit den Worten zitiert, eine Teilnahme Teherans an Genf-II sei »kaum wahrscheinlich«.

Moskau vermittelte bereits beim Streit um Irans Kernforschungsprogramm erfolgreich und versucht jetzt, Washington davon zu überzeugen, dass eine tragfähige Lösung für Syrien nur gemeinsam mit Iran möglich ist. Eigens dazu telefonierte auch Präsident Wladimir Putin ein weiteres Mal mit seinem Teheraner Amtskollegen Hassan Ruhani.

* Aus: neues deutschland, Samstag, 11, Januar 2014


Die alte Angst vor Teheran

Roland Etzel über die Schwierigkeiten der USA mit der Teilnehmerliste für die Syrien-Konferenz **

26 Staaten sollen demnächst an der zweiten Genfer Syrien-Konferenz teilnehmen. Das klingt nach einer in Stein gemeißelten Liste, obwohl diese Länder vom einladenden UN-Generalsekretär bisher im einzelnen nicht genannt worden sind. Gestreut wird dennoch aus vermeintlich informierten Kreisen, wer nicht dabei sein werde: Teheran habe keine Einladung erhalten.

Es ist zu vermuten, dass dies auf Intention der USA geschah, die sich wohl noch immer nicht zu einem sachlichen Verhältnis gegenüber Iran verstehen möchten. Warum, kann man sich zusammenreimen; zu akzeptieren ist es auf gar keinen Fall. Denn Genf II ist nicht als Freundschaftstreffen annonciert, sondern als dringend nötige, längst überfällige Krisenkonferenz. Deren Teilnehmer sind nicht geladen, weil sie so nett zueinander sind, sondern weil sie – im Prinzip auf zwei Lager verteilt – seit nunmehr fast drei Jahren einen barbarischen Krieg gegeneinander führen.

Es wäre also äußerst unlogisch, an Teheran vorbeizusehen, sind es doch gerade die USA, die immer wieder über eine massive Einmischung Irans in den Syrien-Krieg klagen. Unabhängig davon, wie man dazu steht: Wenn es zutrifft, dass Iran eine maßgebliche Konfliktpartei ist – sollte es dann nicht sogar in die Pflicht genommen statt ausgeschlossen werden?

** Aus: neues deutschland, Samstag, 11, Januar 2014 (Kommentar)


Krieg der Assad-Gegner unter sich

Heftige Kämpfe um Aleppo, Idlib und Raka ***

Qaida-nahe Dschihadisten und andere Rebellengruppen haben sich am Freitag in Syrien weiter heftige Gefechte um strategisch wichtige Regionen geliefert. Die Gruppierung Islamischer Staat in Irak und der Levante (ISIL) sei in der von ihr zu großen Teilen kontrollierten nordostsyrischen Stadt Raka weiter vorgerückt, meldete ein AFP-Informant aus Aleppo. Hingegen hätten andere Aufständische in den Provinzen Aleppo und Idlib an Boden gut gemacht, wo es »praktisch keine ISIL-Stützpunkte mehr« gebe.

Die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London teilte mit, bei den Kämpfen zwischen den rivalisierenden Aufständischengruppen seien binnen einer Woche fast 500 Menschen getötet worden. Unter den Toten seien 85 Zivilisten, rund 160 ISIL-Kämpfer und 240 andere Aufständische.

Mehrere Rebellengruppen in Syrien hatten am Wochenende eine Offensive gegen ISIL begonnen. Die ISIL-Kämpfer, von denen viele aus Irak und anderen Ländern stammen, waren bei den syrischen Aufständischen im Kampf gegen die Regierung zunächst willkommen, weil sie gut organisiert, gut bewaffnet und kampferprobt sind. Inzwischen werfen mehrere Rebellengruppen ISIL jedoch vor, gewaltsam gegen andere Rebellen vorzugehen.

*** Aus: neues deutschland, Samstag, 11, Januar 2014


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