Israel greift Syrien an
Luftschläge am Flughafen von Damaskus und im Grenzgebiet zu Libanon. Kritik von Opposition in Tel Aviv
Von Karin Leukefeld *
Die syrische Regierung hat auf die jüngsten israelischen Luftangriffe mit einem Schreiben an die Vereinten Nationen reagiert. Kampfjets hatten am Sonntag nachmittag Gebiete um den Internationalen Flughafen von Damaskus und im libanesisch-syrischen Grenzgebiet bombardiert. Die libanesische Armee bestätigte die Verletzung Luftraums des Libanon durch israelische Militärmaschinen, Israel schwieg zu seinen völkerrechtswidrigen Attacken. Das syrische Fernsehen und die Nachrichtenagentur SANA berichteten, Menschen seien bei den Angriffen nicht verletzt worden.
Ein Sprecher im syrischen Generalstab teilte der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti mit, dass israelische Flugzeuge ein Munitionslager bombardiert und damit starke Explosionen ausgelöst hätten. Die »direkte Aggression« solle den »Terroristen in Syrien helfen, zumal die syrischen Streitkräfte wichtige Erfolge in Deir Essor, Aleppo und an anderen Fronten« erzielt hätten.
Die Angriffe zeigten, dass Israel terroristische Gruppen in Syrien direkt unterstütze, hieß es in dem vom Außenministerium in Damaskus verfassten Schreiben, das an den Sicherheitsrat und an den Generalsekretär der UNO adressiert war. Die Vereinten Nationen sollten alle Mechanismen aktivieren, die in der UN-Charta vorgesehen seien, um derartige Aggressionen gegen einen souveränen Mitgliedsstaat zu stoppen, so das Außenministerium. Konkret fordert Damaskus, gegen Israel Sanktionen zu verhängen.
In israelischen Oppositionskreisen lösten die Luftangriffe auf Syrien heftige Kritik aus. Der noch amtierende Ministerpräsident Benjamin Netanjahu habe die Kampagne zu seiner Wiederwahl mit der Bombardierung von Damaskus begonnen, hieß es im israelischen Fernsehkanal 2. Weil es ihm nicht gelungen sei, eine neue Koalitionsregierung zu bilden, wolle Netanjahu den Mittleren Osten in Brand setzen, zitierte der Sender den Abgeordneten Yifat Kariv (Yesh-Atid-Partei).
Wie schon bei früheren Angriffen auf Syrien schwieg Israel zu den Vorwürfen und überließ es israelischen Medien und Kreisen der syrischen Auslandsopposition, über die Ziele der Luftschläge zu spekulieren.
Die in London ansässige »Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte« meinte unter Berufung auf »Aktivisten«, Israel habe Waffensysteme zerstört, die möglicherweise an die Hisbollah geliefert werden sollten. Demnach seien allein in dem Ort Dimas im Grenzgebiet zu Libanon zehn Explosionen zu hören gewesen. Die Nachrichtenagentur dpa spekulierte - unter Berufung auf israelische Medienberichte - dass möglicherweise S-300-Raketen zerstört worden seien und damit »eine Aufrüstung der Hisbollah im Libanon verhindert« werden sollte.
Zuletzt hatte Israels Militär Ende September einen syrischen Kampfjet abgeschossen, der bei einem Angriff auf Stellungen der Al-Nusra-Front in der entmilitarisierten Zone auf dem syrischen Golan kurzfristig den israelischen Luftraum verletzt hatte. Tel Aviv hatte anschließend erklärt, man habe gewusst, dass nicht Israel das Ziel gewesen sei.
Die syrischen Golanhöhen waren von Israel 1967 völkerrechtswidrig besetzt und später annektiert worden. Offiziell befinden sich beide Staaten im Kriegszustand. Bei der UN-Vollversammlung am vergangenen Freitag war die israelische Besatzung der syrischen Golanhöhen erneut scharf verurteilt worden. Tel Aviv müsse sich an die UN-Sicherheitsratsresolution 497 aus dem Jahr 1981 halten, hieß es in der verabschiedeten Resolution. Danach darf Israel die Golanhöhen weder bebauen noch besiedeln und auch nicht die eigene Gesetzgebung oder Gerichtsbarkeit dort einführen.
Die syrische Nachrichtenagentur SANA veröffentlichte am Sonntag einen Bericht der UN-Truppen zur Sicherung des Waffenstillstandes auf dem Golan (UNDOF) an den UN-Sicherheitsrat. Der Report bestätigt eine enge Zusammenarbeit Israels mit der Nusra-Front und anderen Kampfverbänden. Zwischen März und Mai 2013 hat es demnach 59 Treffen zwischen israelischen Offizieren und den Anführern solcher bewaffneter Gruppen gegeben. Im gleichen Zeitraum wurden 89 verwundete Kämpfer in israelische Krankenhäuser transportiert. Weitere Treffen bestätigt der UNDOF-Bericht für den Zeitraum zwischen Dezember 2013 und März 2014, wobei erneut Verletzte in israelische Krankenhäuser gebracht worden seien. Nach wiederholten Angriffen und Entführungen durch die Nusra-Front hatte die UNO Mitte September ihre »Blauhelmsoldaten« aus dem entmilitarisierten Gebiet in Syrien abgezogen.
* Aus: junge Welt, Dienstag, 9. Dezember 2014
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