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Druck aus New York – Stillstand in Genf

Der Syrienkonflikt weiter in der Sackgasse / Vermittler Brahimi fordert mehr Einsatz von USA und Russland *

Der UNO-Sicherheitsrat bastelt an einer Syrienresolution, die von Russland bereits abgelehnt wurde. In Genf geht es nicht voran.

Die Botschafter der 15 Mitgliedsstaaten des UNO-Sicherheitsrates haben erstmals über eine geplante Resolution zur humanitären Lage in Syrien gesprochen. Bei dem informellen Meinungsaustausch habe es zunächst allerdings keine Annäherung gegeben, verlautete am Dienstag (Ortszeit) aus Diplomatenkreisen in New York. Sowohl Russland als auch die westlichen Staaten seien auf ihren gegensätzlichen Standpunkten verblieben.

Der von Luxemburg, Australien und Jordanien erarbeitete Entwurf ruft unter anderem zu einem Ende der Belagerung von Homs und anderer Städte auf. Außerdem wird ein ungehinderter Zugang für Hilfsorganisationen zu den Bedürftigen gefordert. Gleichzeitig verurteilte der Entwurf die »zunehmenden terroristischen Anschläge« in Syrien.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte das Papier bereits vor den Beratungen in New York als »völlig inakzeptabel« und »einseitig« abgelehnt, da es ein »Ultimatum« an Damaskus enthalte.

UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon hat die jüngsten Kämpfe in Syrien mit zahlreichen Toten als »Massaker« bezeichnet und in schärfster Form verurteilt. Er forderte in New York, dass die Verantwortlichen gerichtlich verfolgt werden. »Dutzende Zivilisten sollen am 9. Februar im syrischen Dorf Ma'an gestorben sein«, teilte Bans Büro mit. »Diese furchtbaren Geschehnisse sollten uns daran erinnern, wie dringend wir den Konflikt in Syrien beenden und den Weg frei machen müssen für einen politischen Neuanfang, nach dem alle Menschen und Bevölkerungsgruppen Sicherheit, Rechte und Freiheiten genießen.«

Der internationale Sondergesandte Lakhdar Brahimi fordert unterdessen mehr Druck der USA und Russlands auf die syrischen Konfliktparteien. Amerikaner und Russen spielten eine Schlüsselrolle bei der Konfliktlösung, betonte er. An diesem Donnerstag trifft Brahimi zu Gesprächen mit Vertretern Washingtons und Moskaus zusammen, wie die Vereinten Nationen am Mittwoch in Genf mitteilten.

Am Mittwoch endete in der Schweizer Konferenzstadt eine weitere Sitzung der Friedensverhandlungen zwischen der Regierung von Baschar al-Assad und der oppositionellen Syrischen Nationalen Koalition ergebnislos. Hauptstreitpunkt ist die politische Zukunft Assads. Während das Regime an ihm als Präsident festhalten will, fordert die Opposition eine Übergangsregierung ohne ihn. Eine erste Verhandlungsrunde war Ende Januar ohne Resultat zu Ende gegangen. Die jetzt zweite Gesprächsrunde könnte bis Freitag dauern.

Der Sprecher des UN-Büros zur Koordinierung humanitärer Hilfe (OCHA) in Genf, Jens Laerke, teilte mit, man hoffe, möglichst viele Menschen aus der belagerte syrischen Stadt Homs retten zu können. Eine Feuerpause zwischen den Assad-Truppen und den Rebellen, die am Mittwochabend enden sollte, könnte verlängert werden. Bis Dienstagmittag hatten die Helfer rund 1150 Menschen aus der Altstadt evakuiert. Unter den Geretteten waren etwa 500 Kinder.

Unterdessen bestätigte das Auswärtige Amt in Berlin Überlegungen, wonach sich die deutsche Marine an der geplanten Vernichtung von syrischen Chemiewaffen auf einem US-Schiff im Mittelmeer beteiligen könnte. Die Bundeswehr könnte dabei die Sicherung übernehmen. Die Prüfung befinde sich in einer »sehr frühen Phase«.

* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 13. Februar 2014


Syrien-Verhandlungen in Sackgasse

UN-Vermittler Lakhdar Brahimi hofft in Genf auf die Hilfe von Rußland und den USA **

UN-Vermittler Lakhdar Brahimi hat Rußland und die USA zu Hilfe gerufen, weil es bei den syrischen Friedensgesprächen keine Fortschritte gibt. Am Verhandlungsort Genf traf er am Mittwoch den russischen Vizeaußenminister Gennadi Gatilow. Wie eine US-Sprecherin mitteilte, ist für den heutigen Donnerstag ein weiteres Treffen mit Gatilow geplant, an dem auch US-Staatssekretärin Wendy Sherman teilnehmen soll.

Die Delegation der Regierung von Präsident Baschar Al-Assad lehnte es während einer gemeinsamen Sitzung mit Brahimi und den Delegierten der Opposition ab, über die Bildung einer Übergangsregierung zu sprechen. Sie legte statt dessen ein Papier zur Terrorismusbekämpfung vor. Bevor man über eine neue Regierung sprechen könne, müsse erst das Terrorproblem gelöst werden, sagte der Verhandlungsführer Baschar Al-Dschaafari.

Die Opposition verlangt dagegen, erst eine Übergangsregierung zu bilden, die dann mit Hilfe der Sicherheitskräfte den »Abzug aller ausländischen militärischen Kräfte und Kämpfer« aus Syrien sicherstellen solle. In Syrien sind radikale sunnitische Islamisten aus verschiedenen Staaten zum Kampf gegen die Regierung eingesickert. Viele von ihnen haben sich der Terrorgruppe Islamischer Staat im Irak und in der Levante (ISIL) angeschlossen.

Gatilow sagte russischen Journalisten in Genf, Rußland werde im Weltsicherheitsrat gegen eine westliche Resolution zur humanitären Lage in Syrien sein Veto einlegen. Der Entwurf wird von einigen arabischen und westlichen Staaten unterstützt. Rußland plane seinerseits eine eigene UN-Resolution zur Terrorgefahr in Syrien. Seit Beginn des Krieges gegen die Regierung sind in Syrien laut Schätzungen mehr als 130000 Menschen getötet worden.

Verteter der syrischen Opposition berichteten am Mittwoch von einer Offensive der Regierungstruppen in Jabrud im Umland der Hauptstadt Damaskus. Dabei wurden den Angaben zufolge auch Kampfflugzeuge und Artillerie eingesetzt.

** Aus: junge Welt, Donnerstag, 13. Februar 2014


Syria: More aid gets into besieged Homs as more evacuees leave, UN reports ***

12 February 2014 – More relief moved in today for Syrians trapped in the Old City of Homs for nearly two years without aid, and more evacuees moved out, as Government and opposition delegates met in Geneva in United Nations-sponsored talks seeking to end the bloody conflict.

UN-Arab League Joint Special Representative Lakhdar Brahimi, who yesterday said scant progress was being made in the talks which he is mediating, today met both delegations simultaneously, but made no statement afterwards.

Tomorrow, he will hold a joint meeting with Russian Deputy Foreign Minister Gennady Gatilov and United States Under-Secretary of State Wendy Sherman in a bid to speed up the talks, which the two countries initiated in a diplomatic push to end a war that has killed well over 100,000 people and driven nearly 9 million others from their homes since it erupted between President Bashar al-Assad and various groups seeking his ouster nearly three years ago.

On the humanitarian front, food for around 1,000 people for one month was delivered to community leaders inside the Old City of Homs under a sometimes violated three-day “humanitarian pause” that the warring sides agreed to last week and then extended for a further three days to bring relief to a city that has become an iconic symbol of the suffering endured by civilians in the war’s relentless bombardments and sieges.

Some 200 men, women and children were reported to have left the besieged area so far today, bringing the total evacuated under the accord to 1,350, more than half the estimated 2,500 who have suffered the years-long siege, the UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (OCHA) said. As with those who left earlier, many were frail and had difficulty walking, it added.

Under the agreement, women, children and the elderly were allowed out but not men over 15 and under 54 years of age, but 336 men in this latter category, apparently unwilling to abandon their families, were detained by Syrian authorities in a school on the outskirts where UN officials are present but do not attend interrogation sessions. So far over 150 of these have been questioned and released.

UN officials have voiced deep concern at the detentions, warning that torture and mistreatment are war crimes.

The UN Refugee Agency (UNHCR) is waiting along with partners to receive evacuees at a reception point at the edge of the Old Town. Only 200 have so far opted to go to a centre in the suburb of Al Waer which Syrian authorities have designated as a shelter should they wish, while the rest have asked to be taken to neighbourhoods where they have ties or might feel more secure.

Despite the declared “pause” sporadic mortar and sniper fire has at times interrupted the operation, which has been fraught with risk. On Sunday, UN and Syrian Arab Red Crescent aid workers delivering food and medical aid were deliberately targeted by fire that killed 11 civilians and almost completely destroyed the car of the UN country representative while he and colleagues were in it.

*** UN News Centre, 12 February 2014; http://www.un.org


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