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Kontroverse um Syrien

Rußland und China legen Veto gegen französischen Resolutionsentwurf im UN-Sicherheitsrat ein

Von Karin Leukefeld *

Syrien steht kurz vor der vollständigen Zerstörung seines Chemiewaffenbestandes. Darauf hat die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) hingewiesen. Die letzten rund 100 Tonnen des entsprechenden Materials, das sind rund acht Prozent der ursprünglichen Menge, seien verpackt und warteten an »einem einzigen Ort« auf den Abtransport zum Mittelmeerhafen Lattakia. Das erklärte Ahmet Uzumcu, der Vorsitzende der Organisation, Anfang der Woche in Den Haag. Sobald die Sicherheitslage es zulasse, werde damit begonnen. Der UN-Sicherheitsrat hatte im September 2013 die Zerstörung des Chemiewaffenbestandes bis Ende Juni 2014 angeordnet. Die Frist war im März auf Ende April verkürzt worden. Von Lattakia aus wird das Material auf dänischen und norwegischen Frachtern abtransportiert. Ein US-Spezialschifff hat die Zerstörung auf See übernommen.

Ein von Frankreich Mitte Mai vorgelegter Entwurf für eine UN-Sicherheitsratsresolution ist derweil am Donnerstag am Veto von Rußland und China gescheitert. Die Resolution sah vor, daß der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag sich mit dem Krieg in Syrien befassen sollte. Konkret sollten Verbrechen gegen die Menschlichkeit, verübt durch die syrische Regierung, die syrischen Streitkräfte und mit diesen verbündete Milizen ebenso untersucht werden wie Menschenrechtsverletzungen durch bewaffnete Gruppen.

Vor der Abstimmung hatte der französische UN-Botschafter Gerard Araud davor gewarnt, gegen die Resolution ein Veto einzulegen. Die Verbrechen in Syrien an den ISS zu verweisen, das verhindere keinen politischen Prozeß, sagte er und ging damit auf eine Kritik Rußlands ein. »Es gibt keinen Friedensprozeß der dadurch bedroht wird.«

Nach der Abstimmung warf die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Samantha Power, Moskau vor, die syrische Regierung diplomatisch zu schützen, »egal was sie tut«. Der britische Außenminister William Hague zeigte sich »angewidert« von dem Veto Rußlands und Chinas.

Er könne die Motive der Staaten verstehen, die den Resolutionsentwurf unterstützt hätten, räumte der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin ein. Er habe aber kein Verständnis dafür, daß Frankreich auf der Abstimmung dieses umstrittenen Textes bestanden habe. Die Resolution belaste die Suche nach einer politischen Lösung, zu der die Ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates sich verpflichtet hätten. Tschurkin kritisierte, daß der Resolutionsentwurf keine Liste von terroristischen Organisationen enthalten habe, konkret nannte er die Islamische Front. Offenbar strebten einige Staaten einen gewaltsamen Regimewechsel in Syrien an. Das sei der Grund, warum die internationale Gemeinschaft sich nicht auf eine politische Verhandlungslösung einigen könne.

Der chinesische UN-Botschafter Wang Min erklärte, sein Land lehne jede Gewalt und Menschenrechtsverletzungen in Syrien ab, habe aber ernste Probleme mit dem vorgelegten Resolutionsentwurf. Was Syrien wirklich brauche, sei ein Waffenstillstand und der Beginn einer dritten Verhandlungsrunde. Das Papier bringe für beides nichts.

In Syrien gingen derweil Kämpfe ebenso weiter wie die Vorbereitungen zu den Präsidentschaftswahlen, die am 3. Juni stattfinden sollen. Bewaffnete Gruppen griffen am Donnerstag abend eine Veranstaltung in Daraa mit Mörsergranaten an, bei der für die Wiederwahl von Baschar Al-Assad geworben wurde. Mindestens 22 Personen wurden dabei getötet.

In Aleppo durchbrachen die syrischen Streitkräfte am Donnerstag mit einem massiven Angriff eine Blockade, die bewaffnete Gruppen um das Zentralgefängnis der Stadt aufrecht erhielten. Die Belagerung hatte mehr als ein Jahr angehalten.

* Aus: junge Welt, Samstag, 24. Mai 2014


Russia, China block Security Council referral of Syria to International Criminal Court **

22 May 2014 – Despite repeated appeals by senior United Nations officials for accountability for crimes being committed in Syria, the Security Council was unable today to adopt a resolution that would have referred the situation in the war-torn nation to the International Criminal Court (ICC), due to vetoes by permanent members Russia and China.

The resolution, which was backed by the other 13 members of the Council, would have given the Court the mandate to investigate the horrific crimes committed during the course of the conflict in Syria, which since March 2011 has witnessed the deaths of over 100,000 civilians, the displacement of millions and widespread violations of human rights.

“The Syrian people have a fundamental right to justice. The United Nations and its Member States have a fundamental duty to defend that right,” Deputy Secretary-General Jan Eliasson said in remarks delivered on behalf of Secretary-General Ban Ki-moon prior to the vote.

“Since the outbreak of the war in Syria, I have persistently called for accountability for perpetrators of grave human rights violations, crimes against humanity and war crimes. The recent attacks against humanitarian convoys and personnel, which may constitute war crimes, add to the urgent need to see action now on accountability in Syria,” he stated.

“The Security Council has an inescapable responsibility in this regard. States that are members of both the Security Council and the Human Rights Council have a particular duty to end the bloodshed and to ensure justice for the victims of unspeakable crimes.”

In February 2013, the UN-appointed Commission of Inquiry concluded that the ICC is the appropriate venue to pursue the fight against impunity in Syria.

“If members of the Council continue to be unable to agree on a measure that could provide some accountability for the ongoing crimes, the credibility of this body and of the entire Organization will continue to suffer,” Mr. Eliasson warned.

Today’s action comes less than 10 days after the Joint UN-League of Arab States Special Representative on the Syria crisis, Lakhdar Brahimi, resigned from his post after nearly two years of diplomatic efforts to bring about a political solution to the brutal civil war.

In accepting the envoy’s resignation, the UN chief had acknowledged that the 80-year old Algerian diplomat had faced almost impossible odds, “with a Syrian nation, Middle Easters region and wider international community that have been hopelessly divided in their approaches to ending the conflict.”

** UN News Centre, 24 May 2014; http://www.un.org


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