Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Armeezentrale in Bangkok besetzt

Proteste weiter friedlich / Militär beugt Putschgerüchten vor *

Nach einem Tag Verschnaufpause haben in Bangkok am Freitag wieder Tausende Demonstranten der Regierung die Stirn geboten.

Demonstranten stürmten in Bangkok das Stabsquartier der thailändischen Armee in der Innenstadt und besetzten den Rasen vor dem Gebäude. Oppositionsführer Abhisit Vejjajiva zog an der Spitze eines Demonstrationsblocks zur US-Botschaft. Vor dem Hauptquartier der Regierungspartei Pheu Thai forderten wieder andere Demonstranten die Regierung zum Rücktritt auf. Suthep Thaungsuban, der Wortführer der Demonstranten, versprach einen Sieg innerhalb von zwei Tagen.

Die Demonstranten kletterten zu Hunderten am Armeequartier über die Zäune und machten sich auf dem Gelände mit Fahnen und Trillerpfeifen breit. Die Stimmung blieb entspannt. Soldaten standen zwar überall Wache, aber sie ließen sich bereitwillig mit den ungebetenen Gästen fotografieren. Nach zwei Stunden zogen die Besetzer ab.

Die Demonstranten prangern Korruption und Bereicherung an. Sie werfen der Regierung von Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra vor, ihre Macht zu zementieren, indem sie sich die Stimmen der Armen mit kostspieligen Steuergeschenken sichert und dabei die Staatsfinanzen ruiniert. Sie sehen dahinter vor allem Yinglucks Bruder Thaksin, der selbst als Ministerpräsident 2006 gestürzt wurde. Er setzte sich ins Ausland ab.

Um Gerüchten über einen bevorstehenden Militärcoup vorzubeugen, teilte die Armee mit, das zwölf Bataillone in den nächsten Tagen nach Hua Hin 200 Kilometer südwestlich von Bangkok ziehen. Dort lebt der König in einem Palast. Er soll den Soldaten an seinem Geburtstag, dem 5. Dezember, dort den Fahneneid abnehmen.

* Aus: neues deutschland, Samstag, 30. November 2013


Thai-Revanchist

Von Roland Etzel **

Suthep Thaungsuban, ist Gesicht und Stimme der Demokratischen Partei in Thailand und damit der Opposition, seit vor zwei Jahren die Wahl verlorenging. Suthep sinnt auf Revanche. Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra lieferte Anfang des Monats mit dem lauten Nachdenken über eine mögliche Amnestierung ihres Bruders die Gelegenheit zum Angriff, Suthep war sofort bereit zur Attacke.

Seit dieser Woche ist Schluss für den inzwischen 64-Jährigen mit dem parlamentarischen Firlefanz. Aus dem ehrwürdigen Herrn mit gedecktem Anzug, Krawatte und biederer Brille wurde die rasende Furie gegen den gesamten Shinawatra-Clan mit Thaksin Shinawatra an der Spitze. Der Bruder der Regentin war selbst Ministerpräsident, wurde 2006 aber gestürzt und wegen Korruption verurteilt. Der Gedanke Yinglucks, ihren exilierten Bruder zu amnestieren, genügte Suthep als Anlass, die nur allmählich zuwachsenden Gräben in Thailand zwischen Anhängern und Gegnern Shinawatras erneut aufzureißen.

Bangkoker Korrespondenten berichten, dass Suthep den meisten Thais in weißer Paradeuniform erinnerlich sein dürfte, abgehoben und einigermaßen volksfern. Jetzt zeigt er sich als Barrikadenkämpfer »für die Interessen des Volkes«, stand beim Sturm auf die Ministerien an vorderster Front und schwor vor laufenden Kameras, notfalls »im Staub der Straße für die Freiheit zu sterben«.

Klingt verwegen, ist aber wohl nicht wörtlich zu nehmen. Der Mann hat auch eine Menge Materielles zu verlieren. Nach dem Studium in den USA investierte er zu Hause in Betriebe zur Verarbeitung von Garnelen und Palmöl und wurde einer der wohlhabendsten Thais, allerdings noch deutlich hinter der superreichen Shinawatra-Sippe.

Diese hat bereits erlebt, dass mit Suthep ein Dialog kaum möglich ist. Als ihre Anhänger 2010 in ähnlicher Weise demonstrierten, soll es Suthep – damals Vizepremer – gewesen sein, der dem Militär Schießbefehl erteilte. Die Opferzahlen gingen damals in die Hunderte.

** Aus: neues deutschland, Samstag, 30. November 2013


Neue Proteste in Bangkok

Oppositionsführer verspricht Anhängern Sieg innerhalb von zwei Tagen ***

In Bangkok haben am Freitag wieder Tausende Demonstranten der thailändischen Regierung die Stirn geboten. Sie stürmten das Stabsquartier der Armee in der Innenstadt und besetzten den Rasen vor dem Gebäude. Die Demonstranten kletterten zu Hunderten am Armeequartier über die Zäune und machten sich auf dem Gelände mit Fahnen und Trillerpfeifen breit. Die Stimmung blieb entspannt. Dutzende Soldaten standen zwar überall Wache, aber sie ließen sich bereitwillig mit den ungebetenen Gästen fotografieren. Die Demonstranten forderten die Armee auf, sich im Machtkampf gegen die Regierung auf die Seite der Protestierenden zu stellen. Nach zwei Stunden zogen sie ab.

Die Demonstranten prangern Korruption und Bereicherung an. Sie werfen der Regierung von Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra vor, ihre Macht zu zementieren, indem sie sich die Stimmen der breiten Schicht der Armen mit kostspieligen Steuergeschenken sichert und dabei die Staatsfinanzen ruiniert. Sie sehen dahinter vor allem Yinglucks Bruder Thaksin, der selbst als Ministerpräsident 2006 gestürzt wurde. Er setzte sich ins Ausland ab, bevor er wegen Korruption zu zwei Jahren Haft verurteilt wurde.

Vor der Parteizentrale legten 3000 Regierungsgegner den Verkehr lahm. Sie skandierten »Hau ab, Yingluck« und begannen mit ihren Trillerpfeifen ein ohrenbetäubendes Konzert. Oppositionsführer Abhisit Vejjajiva setzte sich an die Spitze eines Demonstrationszugs zur US-Botschaft. Dort überreichten die Demonstranten ein Schreiben, in dem sie der Regierung jegliche Legitimation absprechen. Die US-Botschaft liegt mitten im Einkauf- und Hotelviertel der Stadt. Botschaften haben ihre Staatsangehörigen aufgerufen, Menschenaufläufe zu meiden.

Der Wortführer der Opposition, Suthep Thaungsuban, lehnte am Donnerstag abend alle Verhandlungen mit der Regierung ab. Er versprach seinen Anhängern einen Sieg innerhalb von zwei Tagen.

Um Gerüchten über einen bevorstehenden Militärcoup vorzubeugen, teilte die Armee mit, daß zwölf Bataillone in den nächsten Tagen nach Hua Hin rund 200 Kilometer südwestlich von Bangkok ziehen. Dort lebt der König in einem Palast. Er soll den Soldaten an seinem Geburtstag, dem 5. Dezember, den Fahneneid abnehmen.

*** Aus: junge Welt, Samstag, 30. November 2013


Zurück zur Thailand-Seite

Zurück zur Homepage