Rückkehr Thaksins nach Thailand eingeleitet
Vertraute des Ex-Premiers besetzen neue Ministerposten / Militär will auf Störfeuer verzichten
Von Thomas Berger *
Thailand hat nach mehr als einmonatiger Hängepartie eine neue Regierung.
Im vom König
abgesegneten Kabinett tummeln sich engste Vertraute von Ex-Premier
Thaksin Shinawatra. Trotz
dessen Kontrolle aus der Ferne will die Führung des Militärs die
Regierungsgeschäfte nicht stören.
Für Samak Sundaravej war es ein wichtiger Tag. Erst die Bestätigung
durch den Monarchen,
Thailands Staatsoberhaupt, macht den vom Parlament mit großer Mehrheit
Gewählten wirklich zum
Premier des südostasiatischen Landes. Damit ist zunächst auch die
fünfwöchige Krise beendet, die
sich nach dem unerwartet hohen Wahlsieg seiner Volksmacht-Partei (PPP)
am 23. Dezember
entwickelt hatte. Pläne seiner Widersacher, die Rückkehr der
Weggefährten Thaksins an die Macht
zu verhindern -- notfalls per gerichtlicher Wahlannullierung -- sind
gescheitert.
Der Triumph Samaks wird nur dadurch etwas getrübt, dass nicht er,
sondern Thaksin aus seinem
Londoner Exil weite Passagen der Kabinettsliste geschrieben hat. Da
Samak bei den Ministerposten
auch Rücksicht auf fünf Koalitionspartner zu nehmen hatte, blieben dem
neuen starken Mann in
Bangkok kaum mehr lukrative Posten für eigene Leute. Mehr noch als
erwartet steht damit die erste
demokratisch legitimierte Administration seit dem Putsch vor 16 Monaten
unter dem direkten
Einfluss jenes Mannes, der damals gestürzt wurde. Die Rückkehr Thaksins
ist endgültig eingeleitet.
Es mag noch bis Mai dauern, bis er persönlich seine Füße wieder auf
thailändischen Boden setzt. Doch hat er nun einige seiner wichtigsten
Vertrauten am Kabinettstisch sitzen, die nicht wie er und
110 andere damalige Spitzenfunktionäre der zwangsaufgelösten
»Hauspartei« TRT (Thai Rak Thai)
für fünf Jahre als politische Amtsträger gesperrt sind. Sein Schwager
Somchai Wongsawat führt das
Bildungsressort, und als Thailands Außenminister wird nun Thaksins
persönlicher Rechtsbeistand
Noppadon Pattama auf internationalem Parkett auflaufen. Finanzminister
Surapong Suebwonglee ist
nicht nur Generalsekretär der PPP, sondern auch einer der engsten
Getreuen des Ex-Premiers,
seinerzeit dessen Regierungssprecher.
Mit Zähneknirschen fügt sich die Spitze des Militärs den neuen
politischen Realitäten im Land.
Selbst der damalige Putschführer Sonthi Boonyaratglin, im Herbst als
Armeechef ausgeschieden,
kündigte an, keine Störfeuer gegen Samak und dessen Team zu planen.
Dabei gibt es eine
Personalentscheidung, die mehr als jede andere Unruhe in der Generalität
auslöst: Der Premier wird
in Personalunion auch Verteidigungsminister sein und als solcher erst
der dritte Zivilist auf diesem
Posten. Dass Samak umgehend beteuerte, sich in interne
Armeeangelegenheiten nicht einmischen
zu wollen, beruhigte nur wenige. Insgesamt bleiben er und die Männer,
die Sonthi beim Putsch zur
Seite standen, auf Konfrontationskurs.
Eine schnelle Ablösung der Chefs in den Teilstreitkräften durch eigene
Leute, wie sie mancher PPP-Aktivist
erträumte, ist nicht in Sicht. Das verhindert schon ein Gesetz, das
diese Woche in Kraft trat
und noch von der Interimsadministration ausgearbeitet worden war. Es
räumt mit der Praxis auf,
dass der jeweilige Premier über die Neubesetzung militärischer
Spitzenposten entscheiden kann. Er
und sein Minister, im Falle Samaks in einer Person vereint, sind künftig
nur noch Teil eines
siebenköpfigen Komitees, in dem noch der Oberkommandierende, die Führer
von Heer, Luftwaffe
und Marine sowie der Verteidigungssekretär sitzen.
Dass die Ermittlungen gegen Thaksin wegen Korruption nicht gestört
werden, hatten einige der
Partner zur Voraussetzung für den Koalitionseintritt gemacht. Sogar
Noppadon versicherte, das
Gerichtsverfahren nicht zu beeinflussen. Die Schamgrenze scheint aber
auch hier zu fallen. Aus
höchsten Regierungskreisen wurde bekannt, dass über eine
Amnestieregelung für Thaksin
beratschlagt werde. Diese könnte im Falle einer Verurteilung im Nachgang
zur Anwendung kommen,
um beim Prozess selbst vor der internationalen Öffentlichkeit das
Gesicht zu wahren.
* Aus: Neues Deutschland, 11. Februar 2008
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