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Kriminelle Ordnungshüter

Polizeiskandal erschüttert Thailand: Hochrangige Beamte häuften Milliarden Baht an

Von Thomas Berger *

Bei der Polizei in Thailand geht nicht alles mit rechten Dingen zu. Nun ist die Behörde von einem neuen Skandal betroffen, der die öffentliche Diskussion des südostasiatischen Königreichs bestimmt. Offenbar über Jahre sollen führende Beamte vor allem in der Zentralen Ermittlungsbehörde (CIB) einen Ring unterhalten haben, der tief in kriminelle Machenschaften verwickelt war und nun aufgeflogen ist. Der CIB-Chef, sein Stellvertreter und mehrere andere Offiziere wurden bereits am Sonntag festgenommen, weitere Verhaftungen gab es am Montag und weitere sollen folgen, wie der nationale Polizeichef Somyot Pumpanmuang am Dienstag auf einer Pressekonferenz verkündete

Die Ermittler gaben sich vor den Journalisten jedoch schmallippig. Grund dafür ist, dass weitere Personen im Visier und vermutlich auch kurz vor einer Festnahme stehen. Die weiteren Untersuchungen sollen mit zu vielen Details nicht gefährdet werden, hieß es aus dem Polizeiapparat.

Schon jetzt wird allerdings deutlich, dass die Anführer des kriminellen Netzwerkes Millionen von thailändischen Baht sowie andere Reichtümer angehäuft haben. So sollen sie Schutzgelder von Glücksspielbetreibern kassierten haben. Im Gegenzug konnten diese ungestört ihre Geschäfte fortführen. Außerdem sollen die Mitglieder des Kartells auf ähnliche Weise auch vom illegalen Ölschmuggel profitiert haben.

Bei den Razzien am Wochenende wurden die Häuser von CIB-Chef Generalleutnant Pongpat Chayapan und seinem Stellvertreter Generalmajor Kowit Wongrungroj von den Ermittlern durchsucht. Sie konnten dabei Bargeld, Antiquitäten, wertvolle Buddhafiguren und manches mehr in Safes und Verstecken sicherstellten. Der Gesamtwert soll sich bis in den Milliardenbereich erstrecken.

Die Polizeikommandeure sollen von 2010 bis in dieses Jahr hinein unter anderem auch jeweils drei bis fünf Millionen Baht von ihnen unterstellten Offizieren kassiert haben, wenn es um die jährlichen Beförderung ging. Allein 50 Millionen Baht sollen sie aus dieser Einnahmequelle bezogen haben, hieß es am Dienstag. Ein Oberst, der offenbar beim Einsammeln dieser Form des Handgeldes federführend war, hatte sich erst am 20. November unter mysteriösen Umständen zu Tode gestürzt und war umgehend eingeäschert worden. Bereits damals waren die Verdächtigen von ihren Ämtern enthoben und auf inaktive Posten versetzt worden. Nun soll auch der Fall wieder aufgerollt und tiefgehender untersucht werden.

Justizminister Paiboon Koomchaya hat am Montag die Anti-Geldwäsche-Agentur AMLO und die Sonderermittlungsbehörde DSI instruiert, die Polizeiführung bei ihren Untersuchungen zu unterstützen. Dieser Schritt dient dazu, das ganze Ausmaß der Verstrickungen aufzudecken, indem zunächst alle den Beschuldigten gehörenden Immobilien ausfindig gemacht werden. In bisher unbekannt gebliebenen Objekten könnten sich weitere »Einnahmen« aus den kriminellen Machenschaften verbergen.

Unterdessen hat der Strafgerichtshof einen Antrag auf Kaution abgelehnt. Die Beschuldigten bleiben bis auf weiteres bis mindestens 5. Dezember in Untersuchungshaft. Unter den Festgenommenen sind neben den teils ranghohen Polizeibeamten auch mehrere Zivilisten. Einigen Mitgliedern des Kartells werden überdies Kidnapping und andere Straftaten vorgeworfen, darunter der in Thailand schwerwiegende Vorwurf der Majestätsbeleidigung - die Schmiergeldeinnahmen sollen teilweise »im Namen der Monarchie« getätigt worden sein.

* Aus: junge Welt, Donnerstag, 27. November 2014


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