Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Streik und Streit um Öl

Beschäftigte chinesischer Ölförderer im Tschad legen Arbeit nieder. Gebrochene Versprechen und Umweltprobleme. Regierung will günstigen Treibstofftarif

Von Georges Hallermayer *

Seit Sonntag streiken im Tschad erneut über 1000 Beschäftigte mehrerer chinesischer Ölförderanlagen. Sie fordern eine Lohnerhöhung, die ihnen die Unternehmensleitungen bereits im Januar zugesagt hatten, die aber seitdem nicht ausbezahlt wurden. Im Januar hatten über 1500 Arbeiter im Ölbecken von Bongor und in der Region von Logon im Süden des zentralafrikanischen Landes die Arbeit niedergelegt. Sie verlangten, daß bestimmte chinesische Direktoren gehen sollten, die sich seit April vergangenen Jahres geweigert hatten, die Wahl gewerkschaftlicher Vertreter zuzulassen. Drei Tage lang legten die Arbeiter einige Ölquellen still. Auf staatliche Vermittlung hin versprach die Unternehmerseite dann, die Forderungen zu erfüllen. Der Streik wurde beendet.

Die Gewerkschaftsvertreter sind zwar inzwischen gewählt, aber die versprochene Lohnerhöhung blieb aus. In den Gesprächen forderten die neugewählten Betriebsräte nun eine überfällige Erhöhung von 200 Prozent, um vor allem die Fahrtkosten zur Arbeit aufzufangen. Das den Worten eines Gewerkschafters nach »beleidigende Angebot« der chinesischen Manager von zwei Prozent mehr Lohn provozierte die Arbeiter zum Streik. Der ist vorerst für drei Tage angesagt und wird erneut einige Bohrstätten lahmlegen.

Auch mit der Staatsmacht legten sich die Unternehmen an: Vom 12. August bis zum 16. Oktober vergangenen Jahres mußte die CNPCIC (China National Petroleum Corporation International Chad) im Becken von Bongor ihren Betrieb einstellen. Ölminister Djerassem Le Bemadjiel beklagte, daß das chinesische Staatsunternehmen, um Kosten zu sparen, absichtlich jahrelang Rohöl versickern ließ und gegen Umweltauflagen verstieß. Obwohl auch dem Staat durch den Förderstopp Einnahmen entgingen – 75 Prozent des tschadischen Haushalts kommen aus der Ölförderung – forderte der Minister von CNPCIC, Mülltransporter anzuschaffen, um den Ölschlamm abzutransportieren, und Verbrennungsanlagen zu bauen. Eine Prüfung durch das britische Inspektionsunternehmen Alex Steward International soll derzeit die Höhe der bislang entstandenen Umweltschäden feststellen, die auf Kosten von ­CNPCIC zu beheben sind.

Das chinesische Staatsunternehmen betreibt im Tschad seit Juni 2011 auch die Raffinerie SRN (Societe de Raffinage N’Djamena). CNPCIC hält 60 Prozent des Kapitals, die Republik Tschad 40 Prozent. Die Anlage deckt den nationalen Bedarf und ermöglicht zudem Exporte. Für Spannungen sorgt allerdings die fehlende Einigung auf einen für die tschadische Bevölkerung tragbaren Treibstofftarif. Die chinesische Seite fordert den Marktpreis, um ihre Investitionen schnell zu amortisieren und Gewinn zu machen. Die tschadische Regierung ist dagegen bemüht, den Preis möglichst niedrig zu halten. Diese Spannungen führten sogar zu Betriebsstillegungen, Verhandlungen mit der Konzernspitze in Peking und zur Auswechselung des Generaldirektors von SRN sowie des Petroleumministers.

* Aus: junge Welt, Dienstag, 11. März 2014


Zurück zur Tschad-Seite

Zurück zur Homepage