Entsetzen über die Angriffe auf Hungerstreikende in der Türkei
Protestbrief an den türkischen Präsidenten, an Schröder und Fischer
Der Arbeitskreis Asyl Oldenburg (Donnerschweer Str. 16, 26123 Oldenburg, Tel/Fax 0441/1 56 62, e-mail: reinhold@isgard.de) hat unmittelbar nach Bekenntwerden der Militär- und Polizeiangriffe auf türkische Gefängnisse reagiert und nachstehenden Protestbrief formuliert. Zur Nachahmung empfohlen.
An
Staatspräsident: FAX: 0090-312 427 13 30
Ministerpräsident: 0090-312 417 04 76
Generaldirektor der Haftanstalten Ali Suat Ertosun: Fax: 0090 312 414 63 01,
email: ertosun@adalet.gov.tr
Bundeskanzler Gerhard Schröder: Fax: 030 4000 2357,
e-mail: bundeskanzler@bundeskanzler.de
Außenminister Joseph Fischer: Fax: 01888 17 3402,
e-mail: poststelle@auswaertiges-amt.de
Justizminister Hikmet Türk: Fax: 0090 312 418 5667,
e-mail: sturk@adalet.gov.tr
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrter Herr Justizminister,
sehr geehrter Herr Innenminister,
sehr geehrte Damen und Herren,
der Arbeitskreis Asyl Oldenburg protestiert auf das Schärfste gegen die seit
den frühen Morgenstunden des 19.12.00 durchgeführten Angriffe auf Gefangene
in der Türkei. Um 4:00 Uhr landeten Militärhubschrauber auf den Dächern des
Ümraniye Gefängnis in Istanbul. Weitere breit angelegte Operationen folgten
in anderen Gefängnissen, um den Hungerstreik der politischen Gefangenen
gewaltsam zu beenden. Daraufhin haben sich HASAN GÜNGÖRMEZ im
Ümraniye-Gefängnis und ein Gefangener im Bayrampasa Gefängnis in Istanbul
selbst verbrannt. AHMET IBILI im Ümraniye-Gefängnis wurde durch Schüsse der
Sicherheitskräfte ermordet, ebenso MURAT ÖZDEMIR in Bursa und FIDAN KALSEN
in
Canakkale. SEVGI ERDOGAN starb im Usak - Gefängnis. Wir fordern die
sofortige
Einstellung der Angriffe von der türkischen Regierung.
Die Regierung der Bundesrepublik fordern wir zu sofortiger Intervention auf.
Bei dutzenden Angehörigen der Gefangenen wurden kurz nach Anfang des
Massakers die Häuser gestürmt. Ein Jugendlicher ist bei einem Protest
angeschossen worden und befindet sich anstelle im Krankenhaus im
Polizeirevier. Hunderte Angehörige wurden vor den Gefängnissen, sowie auf
der
Strasse festgenommen.
Die Hungerstreikenden waren nicht bewaffnet, und sie haben für eine
Verbesserung ihrer Lebensbedingungen im Gefängnis das letzte eingesetzt, was
sie noch besaßen: Ihr eigenes Leben! Diese Leben wurden jetzt mit Ihrer
Billigung ausgelöscht, so wie viele Leben von Gefangenen in der Türkei seit
Jahren in menschenverachtender Weise ausgelöscht werden.
Der militärische Angriff auf die politischen Gefangenen in Ihrem Land ist
daher als ein Angriff auf die Würde des Menschen zu werten und absolut nicht
zu vereinbaren mit den Zielen, die Sie sich und Ihr Land für die Zukunft
gesetzt haben, und von denen sie die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union
seit Jahren vergeblich zu überzeugen versuchen.
Die Regierung der Türkei hatte schon nach dem letzten Hungerstreik im Jahre
1996 versprochen, eine Gefängnisreform durchzuführen, die die Interessen der
Gefangenen ernst nimmt. Mittlerweile dürfte auch Ihnen bekannt sein, daß von
der Regierung eingegangene Versprechungen auch gleichzeitig Verpflichtungen
sind, die eingehalten werden müssen, um nicht unglaubwürdig zu sein. Ihre
Politik erscheint uns allerdings mehr als unglaubwürdig, denn immer noch
steht politische Willkür auf der Tagesordnung, Folter, Unterdrückung, Terror
und Vernichtung, statt Schritte zur Demokratie und Meinungsfreiheit.
Diese Politik der Vernichtung steht allerdings auch nicht im Einklang mit
Ihrer Forderung, in die Europäische Union aufgenommen zu werden, da Ihre
politische Kultur mehr von einer Schießkultur geprägt ist, als von Schritten
in Richtung Demokratie.
Wir sind entsetzt über den brutalen Angriff auf die Gefangenen, die ihren
eigenen Körper als letzte Waffe eingesetzt haben - im Kampf für Reformen,
die
Sie versprochen haben.
Arbeitskreis Asyl Oldenburg
gez. I. Lechleitner, J. Brandl, R.H. Kühnrich, A. Heinze, W. Heinze, P. Niebuhr, D. Greshnykh, C. Ratter
Oldenburg, 19.12.2000
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