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Sensenmann zieht um

Dschibuti: USA müssen nach gehäuften Bruchlandungen Drohnen verlegen

Von Georges Hallermayer *

Auf Drängen der Regierung Dschibutis müssen die USA ihre Kriegsdrohnen aus ihrer Militärbasis Camp Lemonnier auf dem Internationalen Flughafen der Hauptstadt, die ebenfalls Dschibuti heißt, verlegen. Das berichtete Radio France International am Dienstag. Von Dschibuti-Ambouli, dem größten Verkehrsflughafen des nordostafrikanischen Kleinstaats, starteten seit 2011 täglich bis zu 16 mit Luft-Boden-Raketen bestückte Drohnen zu Mordeinsätzen nach Somalia und Jemen – wohlgemerkt zusätzlich zu zahlreichen bemannten Militärflugzeugen, auf der einzigen Start- und Landebahn. Neue Basis der unbemannten Tötungsmaschinen der Typen MQ-1 »Predator« (deutsch: »Räuber«) oder MQ-9 »Reaper« (»Sensenmann«) ist nun der Flughafen von Chabelley etwa zwölf Kilometer südwestlich der Hauptstadt.

Grund des Umzugs ist eine Reihe von Bruchlandungen und Beinahe-Zusammenstößen mit Zivilflugzeugen. Seit 2011 sind einem Bericht der Neuen Zürcher Zeitung zufolge sieben der wetter- und unfallanfälligen Drohnen entweder direkt auf das Flughafengelände oder in der unmittelbaren Nähe abgestürzt. Eine stürzte in ein dicht besiedeltes Wohngebiet. Um die politische Brisanz dieser »Pannen« zu illustrieren: Die kleine Inselrepublik Seychellen hatte nach einem solchen Vorfall im Jahre 2012 die Einstellung der Drohnenflüge verlangt. In Niger, wo das Afrikakommando der USA (Africom) auf dem zivilen Flughafen Mano Dayak der Provinzhauptstadt Agadez Drohnen starten läßt, ist im April diesen Jahres eine Drohne gestartet, die dann irgendwo zwischen Mali und Algerien abstürzte. Das Risiko diplomatischer Verwicklungen fliegt also permanent mit.

Der Zwangsumzug in Dschibuti hat nun aber vor allem finanzielle Folgen. Seit 2003 haben die USA ihren Stützpunkt Camp Lemonnier zu einem der global bedeutendsten Logistikzentren für militärische Lufttransporte, Kampfflugzeuge und Kriegsdrohnen sowie zur größten US-Militärbasis auf dem afrikanischen Kontinent ausgebaut. Africom hat dort etwa 2500 Soldaten stationiert, die Hälfte der amerikanischen Truppen in Afrika. Mit dem Umzug der Drohnen fallen jetzt – passend zur Haushaltssperre für zivile Einrichtungen – Investitionen von etwa einer Milliarde US-Dollar an. Das Verteidigungsministerium fordert vom Kongreß die umgehende Zahlung von mindestens 13 Millionen Dollar, um neue Hangars und Unterkünfte für die etwa 800 Spezialkräfte zu schaffen. Um keine Zeit zu verlieren, haben die Marines bereits mit Installationsarbeiten begonnen, bis zivile Unternehmen sie ablösen.

Die politische Bedeutung von Camp Lemonnier wird durch die Verlegung der Drohnen derweil nicht beeinträchtigt oder gar in Frage gestellt. Dschibuti hat die 30 bis 38 Millionen Dollar Miete für das Camp fest eingeplant, von der politisch-ökonomischen Abhängigkeit des Kleinstaates ganz zu schweigen. Und Africom, der imperialistische Adler, wird weiterhin im Namen des »Kampfes gegen den Terrorismus« seine drohenden Schatten über den afrikanischen Kontinent werfen.

* Aus: junge Welt, Samstag, 5. Oktober 2013


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