"Streitkräfte auf der ganzen Welt in Stellung bringen"
Die Umgestaltung der globalen Verteidigungshaltung der Vereinigten Staaten
Im Folgenden dokumentieren wir die Rede des Staatssekretärs für politische Angelegenheiten im US-Verteidigungsministerium, Douglas J. Feith, im Zentrum für strategische und internationale Studien in Washington vom 3. Dezember 2003. Der Text gibt einen hervorragenden Überblick über die bereits vollzogenen und noch bevorstehenden Veränderungen in der US-amerikanischen Militärstrategie. Die Übersetzung wurde vom "Amerika Dienst" besorgt.
Von Douglas J. Feith
Ich freue mich, wieder hier im Zentrum für strategische und
internationale Studien zu sein. Ich möchte Ihrem Präsidenten, John
Hamre, für die Gastfreundschaft des Zentrums und für seine
kontinuierlichen Beiträge zur nationalen Sicherheitspolitik der
Vereinigten Staaten danken.
Die Abteilung politische Angelegenheiten im Pentagon hat zwei
Hauptaufgabenbereiche. Es gibt die alltäglichen Aufgaben - den Entwurf
von Anweisungen für Unterhändler beispielsweise oder die Arbeit an
Koalitionsfragen im Krieg gegen den Terrorismus, Gespräche mit anderen
Ländern zum Thema Verteidigung oder die Reaktion auf einen Bürgerkrieg
in Liberia. Diese aktuelle Arbeit zieht für gewöhnlich die meiste
Aufmerksamkeit des Kongresses, der Presse und der Öffentlichkeit auf
sich.
Aber ein Teil der wichtigsten von uns geleisteten Arbeit macht selten
Schlagzeilen. Das zweite wichtige Aufgabengebiet der Abteilung für
politische Angelegenheiten ist die längerfristige Einschätzung der
amerikanischen Verteidigungsstrategie.
Schon bei seiner Amtsübernahme bat Präsident Bush das
Verteidigungsministerium um seine Einschätzung, wie sich die Vereinigten
Staaten in den kommenden Jahrzehnten am besten positionieren. Er und
Verteidigungsminister Rumsfeld haben einen sehr großen Bedarf an
strategischem Denken - das heißt, an großen, umfassenden Ideen, die
einen auf Jahre hinaus gültigen Kurs festlegen.
Diesen Bestrebungen wurde der Name "Umstrukturierung" verliehen, weil
der Präsident möchte, dass das Verteidigungsministerium kühne Pläne
entwirft, gründlich umgestaltet wird und die Art und Weise ändert, wie
wir:
-
unsere Streitkräfte ausbilden und ausrüsten,
- sie für Kampf-, Stabilitätsoperationen und anderweitig einsetzen,
- diese Streitkräfte auf der ganzen Welt in Stellung bringen,
- mit Verbündeten und Partnern zusammenarbeiten und
- Beschaffungs- und andere Geschäftsaktivitäten durchführen.
Einige legen "Umstrukturierung" eng aus und denken dabei nur an den
Einsatz neuer Technologien zur Herstellung besserer Waffen. Aber das
Konzept ist umfassender.
Ein Hauptmerkmal der Umstrukturierung ist die Neuausrichtung unserer
globalen Verteidigungshaltung - das heißt, die Modernisierung des Typs,
der Standorte, Anzahl und Fähigkeiten unserer Streitkräfte sowie der Art
unserer Bündnisse. Über diesen Aspekt der Umstrukturierung möchte ich
heute mit Ihnen sprechen.
Noch vor dem 11. September erklärte Präsident Bush, die
Sicherheitsbedrohungen der Zukunft würden von denen des Kalten Krieges
abweichen und eine andere Denkweise und Organisation unserer
Verteidigung erfordern. Die Umstrukturierung war eines seiner
Wahlkampfthemen. Seit dem Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums,
bemerkte er, habe sich die Welt sehr viel radikaler verändert als unsere
eigenen Verteidigungsdoktrinen, Institutionen, Bündnisse und unser
Gerät.
Ich kann berichten, dass die Vereinigten Staaten unter der
Bush-Administration Fortschritte bei der Umstrukturierung erzielt haben.
Erstens haben wir unsere Beziehungen zu Russland umgestaltet. Wir haben
festgestellt, dass die Feindseligkeiten, von denen die
amerikanisch-sowjetischen Beziehungen während des Kalten Krieges
gekennzeichnet waren, beendet sind, Feindseligkeiten, die in der Doktrin
der "gegenseitig zugesicherten Zerstörung" und dem ABM-Vertrag
niedergelegt waren. Daher haben wir zusammen mit der Beendigung der
Feindseligkeiten diese moralisch zweifelhafte Doktrin und diesen
veralteten Vertrag beiseite gelegt. Wir arbeiten mit Russland auf einer
Reihe von Gebieten zusammen. Und die Präsidenten Bush und Putin einigten
sich offiziell auf einen beispiellosen Abbau ihrer Nukleararsenale. Zu
Beginn der Regierungszeit von George W. Bush äußerten viele
Kommentatoren Bedenken wegen des Risikos amerikanisch-russischer
Spannungen bei Rüstungskontrolle, NATO-Erweiterung und anderen Themen.
Dies ist jetzt kein Thema mehr.
Zweitens gestalten wir unsere Bündnisse um. Heute haben wir eine
erweiterte NATO mit zunehmenden (wenn auch immer noch nicht
ausreichenden) Fähigkeiten, einen guten Plan für die Modernisierung der
Befehlsstruktur der NATO, ein neues Vier-Sterne-Kommando der NATO, das
sich speziell auf militärische Umstrukturierung und eine endgültige
Bejahung dieser uralten Frage konzentriert: Kann die NATO Einsätze "out
of area" durchführen. Die NATO hat das Kommando der ISAF in Afghanistan
übernommen, und die NATO war Polen bei der Übernahme des Kommandos einer
multinationalen Division behilflich, die für die Stabilisierung eines
Teils des Südirak zuständig ist.
Entsprechend entwickeln wir ein stabileres amerikanisch-japanisches
Bündnis, ein modernes Bündnis zwischen den Vereinigten Staaten und
Südkorea sowie ein gestärktes Bündnis zwischen den Vereinigten Staaten
und Australien. Unsere wichtigsten Bündnispartner in Asien und im
Pazifik investieren in neue Technologien, übernehmen eine Rolle in
Afghanistan und im Irak, koordinieren mit uns ihr Vorgehen bei globalen
und regionalen Bedrohungen wie dem nordkoreanischen Nuklearprogramm und
arbeiten mit uns bei der Rationalisierung der Präsenz amerikanischer
Truppen in ihrem Land zusammen, um die Bündnisse bis weit ins 21.
Jahrhundert nachhaltig und fähig zu gestalten.
Und natürlich führen wir Umstrukturierungen der militärischen
Fähigkeiten der Vereinigten Staaten durch - der Strategien, Technologie
und Organisation sowie der militärischen Ausrüstung.
So wie wir die Abschreckung und unsere Bündnisse umstrukturiert haben,
möchten wir unser globales Einsatzkonzept umstrukturieren. Unser
derzeitiges Einsatzkonzept spiegelt in vieler Hinsicht noch die
Mentalität und Realität der Zeit des Kalten Krieges wider, während der
die vorne stationierten amerikanischen Streitkräfte defensive
"Stolperdraht-Einheiten" waren, von denen erwartet wurde, in der Nähe
ihres Standorts zu kämpfen. Die für diese Aufgabe eingesetzten
Streitkräfte sind nicht die agilen, schnellen, schlanken Streitkräfte,
die wir für die Zukunft benötigen.
Unsere Streitkräfte in Übersee sollten nicht länger in Stellung bleiben,
um den Kalten Krieg zu führen. Unmittelbar nach dem Zerfall der
Sowjetunion haben wir die Anzahl der vorne stationierten amerikanischen
Truppen reduziert. Aber sie blieben in ihren Standorten aus der Zeit des
Kalten Krieges konzentriert, von wo sie verlegt werden mussten, um sich
mit Krisen an anderen Orten zu befassen - auf dem Balkan, am Persischen
Golf, in Zentralasien und andernorts. Die Grundvoraussetzungen für unser
Einsatzkonzept der Vornestationierung haben sich grundlegend verändert:
Wir erwarten von unseren Streitkräften nicht mehr, dass sie in der
Stellung kämpfen; ihre Aufgabe ist vielmehr, Macht auf Gefechtsfelder zu
projizieren, die womöglich weit von ihren Stützpunkten entfernt sind.
Wir überdenken unser Konzept der vorne stationierten Streitkräfte unter
dem Aspekt unserer neuen strategischen Gegebenheiten. Der Terroranschlag
vom 11. September hat uns drastisch vor Augen geführt, wie gefährlich
diese Gegebenheiten sein können:
-
Ebenso wie Schurkenstaaten können Terroristen ungeheuer zerstörerische
Gewalt befehligen, unter anderem durch den Zugang zu chemischen,
biologischen oder atomaren Waffen, aber auch indem sie auf die kritische
Infrastruktur abzielen, auf die sich fortschrittliche Gesellschaften
verlassen.
- Die Vereinigten Staaten und freundlich gesinnte Territorien sind
angreifbar.
- Die Verbreitung chemischer, biologischer und atomare Waffen und
Raketen
dauert an.
- Regierungslose Gebiete dienen als Brutstätte für globalen Terrorismus.
- Von diesen Quellen ausgehende Bedrohungen könnten unmittelbare
militärische Reaktionen erforderlich machen.
Präsident Bush und Verteidigungsminister Rumsfeld haben eine Überprüfung
der Vornestationierung der amerikanischen Streitkräfte angewiesen, die
von überholtem orthodoxen Denken frei und langfristig ausgelegt ist.
Unser Ziel ist die grundlegendste und umfassendste Umstrukturierung der
globalen Verteidigungshaltung der Nation seit die Vereinigten Saaten
eine Weltmacht geworden sind.
In der unmittelbaren Nachkriegszeit hatte Dean Acheson das Gefühl, dass
durch seine Arbeit Institutionen geschaffen wurden, die lange überdauern
würden; diese Argumentation untermauerte er, indem er seinen Memoiren
den Titel Present at the Creation gab. Auch Präsident Bush und
Verteidigungsminister Rumsfeld denken über die relativ ferne Zukunft
nach. Bei der Erarbeitung von Plänen für die Neuausrichtung unserer
Streitkräfte im Ausland konzentrieren sie sich nicht auf die aktuellen
diplomatischen Themen, sondern auf die strategischen Erfordernisse und
Möglichkeiten der kommenden Jahrzehnte.
Ich möchte eindeutig klarstellen, was wir mit der Umgestaltung unserer
globalen Verteidigungshaltung erreichen möchten und was nicht:
-
Wir möchten keine Sparmaßnahmen, Einschränkung amerikanischer
Verpflichtungen, keinen Isolationismus oder Unilateralismus. Im
Gegenteil, unsere Pläne für die Neuausrichtung unserer Streitkräfte sind
durch die Anerkennung des strategischen Werts unserer
Verteidigungsbündnisse und Partnerschaften mit anderen Staaten
motiviert.
- Wir möchten unsere Fähigkeit zur effektiveren Erfüllung unserer
internationalen Verpflichtungen verbessern.
- Wir möchten sicherstellen, dass unsere Bündnisse in Zukunft fähig,
finanzierbar, nachhaltig und relevant sind.
- Wir konzentrieren uns nicht ausschließlich auf Truppenstärken, sondern
befassen uns auch mit den Fähigkeiten der Streitkräfte.
- Wir sprechen nicht davon, in Stellungen zu kämpfen, sondern uns zum
Kampf zu bewegen.
- Wir sprechen nicht nur über die Stationierung von Streitkräften, wir
sprechen über die Fähigkeit zur Verlegung von Streitkräften, zu dem
Zeitpunkt und an den Ort, an dem sie benötigt werden.
Mit der Umgestaltung der globalen Verteidigungshaltung der Vereinigten
Staaten möchten wir:
-
dass unsere Streitkräfte angesichts der vielen weltweiten
strategischen Unwägbarkeiten besser reagieren können;
- dass unsere Militärpräsenz zunehmend rotiert unter Betonung - wie ich
bereits ausgeführt habe - der Fähigkeiten und nicht so sehr der
Truppenstärke;
- so viel wie möglich von der strategischen Voreinlagerung von Gerät und
Unterstützung profitieren;
- unsere Fähigkeiten besser nutzen, indem wir unsere Streitkräfte eher
als globale statt nur als regionale Trümpfe sehen;
- mehr Kampffähigkeiten in kürzerer Zeit zum Einsatz bringen, das heißt,
wir möchten die Fähigkeit haben, unsere Streitkräfte so schnell wie
möglich an Krisenherde zu verlegen, wo immer sie auch stationiert sein
mögen.
Eine gestärkte Rolle der Bündnispartner
Um es nochmals zu betonen: Unsere vorne und unsere im Inland
stationierten Streitkräfte stehen gleichermaßen nur für einen Teil
unserer militärischen Fähigkeit. Ein anderer Teil wurzelt in dem
Netzwerk von Bündnissen und Sicherheitsbeziehungen, das wir mit anderen
Nationen geschaffen haben. Wenn die Vereinigten Staaten auf der Welt
handeln, handeln sie nicht im Alleingang, sondern als Teil einer
Staatengemeinschaft. Dieses Netzwerk von Freundschaften und Bündnissen
ist ein wertvolles Element dieser Gemeinschaft. Die Zusammensetzung und
das Wesen dieses Netzwerks haben sich über die Jahre verändert, da sich
die strategischen Gegebenheiten auf der Welt verändert haben. Um
Probleme wie Terrorismus, Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und
gescheiterte Staaten zu überwinden, müssen wir uns anders organisieren
und unsere Fähigkeiten verbessern. Die Neuausrichtung der globalen
Verteidigungshaltung der Vereinigten Staaten ist unerlässlicher
Bestandteil dessen, was wir tun müssen.
Das Verständnis unserer Pläne für eine Neuorientierung sollte die
Anschuldigungen zerstreuen, die Vereinigten Staaten bevorzugten
"Unilateralismus" in nationalen Sicherheitsangelegenheiten. Unsere Pläne
werden dazu beitragen sicherzustellen, dass den Vereinigten Staaten die
Ressourcen und Beziehungen für die Verteidigung zur Verfügung stehen,
damit sie in Zukunft mit Bündnispartnern und Freunden zusammenarbeiten
können.
Wir beabsichtigen, bestehende Sicherheitsbeziehungen zu erweitern und
neue zu entwickeln. Wir möchten Partnerschaften aufbauen, die sich
bestimmter Anliegen annehmen, Kompatibilität zwischen den Streitkräften
sicherstellen und den Austausch nachrichtendienstlicher Erkenntnisse
erleichtern. In einigen Fällen werden die amerikanischen Streitkräfte
eine unterstützende Rolle übernehmen, in anderen Fällen werden sie
unterstützt. Beispielsweise haben wir eine unterstützende Rolle
übernommen, als die westafrikanischen ECOWAS-Streitkräfte vor kurzem in
Liberia intervenierten und die australischen Streitkräfte ihre
Friedenseinsätze in Osttimor durchführten. Beispiele für die
Unterstützung der amerikanischen Streitkräfte sind die ISAF-Truppen der
NATO in Afghanistan sowie die Rolle der britischen und polnischen
Streitkräfte bei der Übernahme des Kommandos der multinationalen
Divisionen im Irak.
Veränderungen des globalen Einsatzkonzepts der Vereinigten Staaten
sollen unseren Bündnispartnern und Freunden auch bei der Modernisierung
ihrer eigenen Streitkräfte, Strategien und Doktrinen behilflich sein. So
wie wir die Neuausrichtung der amerikanischen Streitkräfte mit ihnen
erörtern, diskutieren wir auch kooperative
Umstrukturierungsbestrebungen. Die neuen NATO-Reaktionskräfte und die
Umstrukturierung des Alliierten Kommandos in Norfolk sind Beispiele für
gemeinsame Umstrukturierungsbestrebungen der Bündnispartner.
Die Neuausrichtung des amerikanischen Einsatzkonzepts wird auch zur
Stärkung unserer Bündnisse beitragen, da die amerikanische
Truppenpräsenz an die Gegebenheiten vor Ort angepasst wird. Ziel ist der
Abbau von Spannungen mit dem Aufnahmestaat, die sich aus Unfällen und
anderen Problemen durch dortige Empfindlichkeiten ergeben. Der Abzug des
Expeditionsgeschwaders der US-Luftwaffe vom Luftwaffenstützpunkt Prinz
Sultan sollte beispielsweise unsere Beziehungen zu den Saudi-Arabern
verbessern, und die Verlegung der amerikanischen Streitkräfte aus dem
dicht bevölkerten Gebiet um Seoul nach Süden wird zur Beilegung
verschiedener Probleme mit der koreanischen Öffentlichkeit beitragen und
gleichzeitig anderen wichtigen militärischen Zielen dienen.
Mit der Unsicherheit umgehen
Unser neues Einsatzkonzept betont Behändigkeit, um auf sich wandelnde
Gegebenheiten zu reagieren. Nachrichtendienstliche Erkenntnisse sind nie
perfekt, deswegen müssen wir uns gegen Fehler bezüglich auftretender
Bedrohungen absichern. Wir müssen planen, aber wir müssen uns auch auf
Überraschungen vorbereiten. Unsere Streitkräfte werden in ausgewählten
Regionen vorne stationiert, damit sie potenzielle Krisenherde schnell
erreichen können. Darüber hinaus möchten wir mit verschiedenen Regionen
der Welt vertraut bleiben.
Konzentration auf die Regionen, aber auch über die Regionen hinaus
Im Kalten Krieg konzentrierten wir uns auf Bedrohungen für bestimmte
Regionen. Jetzt befassen wir uns mit Bedrohungen globaler Natur. Daher
sind globale Strategien und Aktionen erforderlich. Präsident Bushs
Proliferation Security Initiative ist ein Beispiel einer globalen
Strategie für den Umgang mit der Verbreitung chemischer, biologischer
und atomarer Waffen sowie raketenfähigem Material und raketenfähiger
Technologie. Wir müssen in der richtigen Stellung sein - mit den
richtigen Streitkräften, den richtigen Beziehungen und den richtigen
Befugnissen zur Umsetzung dieser Strategie. Darüber hinaus möchten wir
unsere Fähigkeit zur Projizierung von Macht von einer Region zur anderen
entwickeln - Bedrohungen respektieren nicht die Verwaltungsgrenzen des
Plans des Unified Command im US-Verteidigungsministerium.
Die Erarbeitung von Unterstützungsfähigkeiten von den Frontlinien
entfernt hat ihren Wert - Rückgriff auf so genannte
"Reachback"-Technologie. Nachrichtendienstliche Unterstützung,
einschließlich der Bewertung von Schäden durch Gefechtseinwirkung kann
beispielsweise von außerhalb des Gefechtsfeldes geleistet werden. Wir
könnten auch in der Lage sein, unseren Einsatz der
"Reachback"-Fähigkeiten unserer Bündnispartner und Freunde zu erhöhen.
Entwicklung schnell dislozierbarer Fähigkeiten
Weil unsere vorne stationierten Streitkräfte wahrscheinlich nicht dort
kämpfen werden, wo sie stationiert sind, muss unser Ziel darin bestehen,
sie je nach Sachlage schnell zu den entscheidenden Gebieten verlegen zu
können.
Wir können Macht schnell projizieren, sei es von Stützpunkten in den
Vereinigten Staaten oder in Übersee, aber eine
Unterstützungs-Infrastruktur in Übersee ist nützlich. Beispiele für ein
auf einer solchen Infrastruktur gründendes expeditionsartiges Vorgehen
bei der Kriegführung sind das Kosovo, ein Fall von Machtprojizierung
innerhalb einer Region beim Streben nach regionaler Stabilität gemeinsam
mit regionalen Verbündeten, und Afghanistan, ein Fall von globaler
Machtprojizierung, bei dem die Streitkräfte von amerikanischen,
europäischen und asiatischen Gefechtsfeldern nach Zentralasien kamen.
Wir ermutigen die Bündnispartner zur Einrichtung verlegbarer - wirklich
einsetzbarer - Hauptquartiere und Streitkräfte. Wir beabsichtigen eine
Verstärkung der gemeinsamen Ausbildung für expeditionsartige Einsätze,
beispielsweise die Beteiligung der Bündnispartner an so genannten
"High-End"-Übungen der Vereinigten Staaten.
Damit dieses Konzept der Dislozierungsfähigkeit funktioniert, müssen
sich die amerikanischen Streitkräfte reibungslos in den Aufnahmestaat,
aus ihm und durch ihn bewegen können; der Einrichtung rechtlicher und
unterstützender Arrangements mit vielen freundlich gesinnten Nationen
wird dabei großer Wert beigemessen. Wir führen oder beabsichtigen
Verhandlungen mit vielen Ländern über den Rechtsschutz für amerikanische
Mannschaften durch Stationierungsabkommen und (als Artikel 98 bekannte)
Übereinkommen, die die Rechtsprechung des Internationalen
Strafgerichtshofs im Hinblick auf die Aktivitäten unserer Streitkräfte
begrenzen. Und wir setzen so genannte Querversorgungsvereinbarungen um,
so dass wir die Länder schnell für die Unterstützung entschädigen
können, die sie für unsere Militäreinsätze leisten.
Konzentration auf Fähigkeiten, nicht Zahlen
Die militärischen Fähigkeiten haben sich in den letzten zehn Jahren
infolge von Technologie und Innovationen bei der Taktik erstaunlich
verbessert. Unsere Kriege in Afghanistan und im Irak haben der Welt
gezeigt, wie relativ kleine Streitkräfte große, strategische Effekte
erzielen können. Bei einem einzigen Jagdbomber-Einsatz werden jetzt
zahlreiche Ziele getroffen, wohingegen in der Vergangenheit mehrere
Einsätze erforderlich waren, um ein einziges Ziel zu treffen. Kleine,
durch Luftnahunterstützung unterstützte Teams von Sondereinsatzkräften
und Marineinfanteristen, die häufig mit einheimischen Streitkräften
zusammen operieren, konnten in Afghanistan und im Irak Aufgaben
erfüllen, die in der Vergangenheit Brigaden oder Divisionen erfordert
hätten. Althergebrachtes militärisches Denken in Zahlen ist von den
Ereignissen gründlich überholt worden. Seit langer Zeit bestehende
Vorstellungen über das Verhältnis von offensiven zu defensiven
Streitkräften und darüber, wie viel von einer bestimmten Anzahl von
Truppen oder Trägersystemen erreicht werden kann, müssen gründlich
revidiert werden.
Militärs und Politiker auf der ganzen Welt beginnen erst jetzt, die
Lektionen der jüngsten Kämpfe zu verinnerlichen und zu würdigen, warum
amerikanische Regierungsvertreter die Bedeutung militärischer
Fähigkeiten im Gegensatz zur Truppenstärke betonen. Diese Lektionen sind
von großer Bedeutung für die Neuorientierung unseres globalen
Einsatzkonzepts. Wie ich bereits ausgeführt habe, ist unser Hauptziel,
erhöhte Fähigkeiten vorzuschieben, was entscheidend für die Sicherheit
der Vereinigten Staaten sowie ihrer Bündnispartner und Freunde ist.
Dieses Ziel erfordert nicht, dass wir zusätzliche Streitkräfte
vorschieben. Tatsächlich können wir jetzt sehr viel mehr Fähigkeiten
vorne stationieren als bisher mit einer kleineren Truppenstärke. Wir
möchten sicherstellen, dass unsere Bündnispartner und Freunde erkennen,
dass wir mit der Umgestaltung unserer Einsatzhaltung unsere
Verpflichtung zur Sicherung unserer gemeinsamen Interessen stärken,
sogar an Orten, an denen wir möglicherweise die Truppenstärke
verringern.
Schlussbemerkung
In der vergangenen Woche gab Präsident Bush bekannt, dass er "das
globale Einsatzkonzept unserer Streitkräfte zur Bewältigung der uns
konfrontierenden neuen Herausforderungen neu ausrichten" und auf der
ganzen Welt Konsultationen zu diesem Thema führen werde. Ich habe die
Grundsätze und Ziele unserer Arbeit an der Neuorientierung erörtert. Ich
möchte jedoch betonen, dass keine endgültigen Entscheidungen getroffen
worden sind.
Die von Präsident Bush letzte Woche angekündigten Konsultationen werden
also echte Konsultationen sein - alle vom Präsidenten schließlich
getroffenen Entscheidungen werden von den Beiträgen abhängen, die wir im
Lauf dieser Konsultationen erhalten. Wie unsere Partner auf unsere Ideen
reagieren, ist ebenso wichtig für uns wie die Schritte, die sie zur
Förderung unserer gemeinsamen Sicherheitsinteressen mit der
Unterstützung durch den Aufnahmestaat und anderen Mitteln zu unternehmen
bereit sind.
In der Tat sind die Konsultationen per se ein Element unseres globalen
Einsatzkonzepts. Sie tragen zur Stärkung unserer Beziehungen bei, da sie
unsere Denkweise und unsere Beurteilung der Bedrohungen und
militärischen Erfordernisse in Einklang bringen. Sie bieten uns eine
Chance, das unserer globalen Neuorientierung zu Grunde liegende Prinzip
zu erklären - wie unsere Konzentration auf Fähigkeiten statt Zahlen.
Bei ihren jüngsten Reisen nach Asien und Europa haben die Minister
Rumsfeld und Powell begonnen, unsere Bestrebungen zu beschreiben.
Nächste Woche werden mein Kollege, Staatssekretär im Außenministerium
Marc Grossman, und ich diese Konsultationen weiterführen, an denen im
Lauf der Zeit amerikanische Bündnispartner in jeder Region der Welt
beteiligt werden. Dies ist eine globale Initiative, und unsere
Konsultationen werden global sein.
Unsere Freunde und Bündnispartner reagieren sensibel auf Veränderungen
des amerikanischen Einsatzkonzepts in Übersee. Aus diesem Grund
konsultieren wir sie, bevor der Präsident oder Verteidigungsminister
Rumsfeld Entscheidungen über Veränderungen treffen. Welche
Verbesserungen der militärischen Effektivität die aktuellen
Entscheidungen über das Einsatzkonzept auch hervorbringen werden - sie
werden unseren Interessen nur voll und ganz dienen, wenn sie auch dazu
beitragen, unsere Verbindungen zu unseren Freunden, Verbündeten und
Partnern auf der ganzen Welt zu bewahren und zu stärken. Wir sind
zuversichtlich, dass sie das tun werden.
Originaltext: Transforming the U.S. Globale Defense Posture
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