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"Das Außenministerium muss eine Führungsposition einnehmen"

Die Antrittsrede von US-Außenministerin Condolezza Rice (im Wortlaut)

Im Folgenden dokumentieren wir die nur unwesentlich gekürzte Antrittsrede der neuen US-Außenministerin und bisherigen Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice vom 27. Januar 2005 in einer vom Amerika Dienst besorgten Übersetzung.


Condoleezza Rice:

Ich möchte mich wirklich sehr herzlich für diese überaus freundliche Begrüßung bedanken. Ich möchte meine Rede damit beginnen, meiner Bewunderung und Wertschätzung für die Arbeit, die Außenminister Colin Powell in den vergangenen vier Jahren geleistet hat, Ausdruck zu verleihen. Ich habe gerade mit ihm gesprochen, um ihm das mitzuteilen.

Vor uns liegen viele Herausforderungen. Zurzeit erleben wir eine bemerkenswerte Phase in der Geschichte unseres Landes. Der Präsident hat wahrlich ehrgeizige Ziele für die amerikanische Außenpolitik formuliert und das Außenministerium muss in dieser Zeit, in der die Diplomatie so wichtig für die Festigung des in den vergangenen Jahren Erreichten und zur Umsetzung der Ziele für eine freiere und wohlhabendere Welt ist, eine Führungsposition einnehmen. Ich kann mir keine bessere Mission vorstellen, als dass die Vereinigten Staaten für Freiheit eintreten und denjenigen zur Seite stehen, die auf die Erfüllung ihres Wunsches nach Freiheit hoffen. Der Präsident und ich werden darauf achten, dass dieses Ministerium die Bemühungen anführt und nicht nur die Politik umsetzt, aber dafür benötigen wir Ideen sowie intellektuelle Anregungen. Ich brauche Ihre Ideen. Meine Tür wird Ihnen offen stehen. Seien Sie sich bitte bewusst, dass uns die Geschichte ruft. Ich freue mich darauf, mit jedem einzelnen von Ihnen auf dieses Ziel hinzuarbeiten.

Der Präsident hat eine ehrgeizige Agenda formuliert und er erwartet viel von uns. Ich möchte, dass Sie wissen, dass ich mich für Sie einsetzen werde, die Mitarbeiter des auswärtigen und öffentlichen Dienstes und die örtlichen Angestellten im Ausland und Sie werden sich ebenfalls dafür einsetzen, damit wir diese ehrgeizigen Ziele gemeinsam verwirklichen.

Ich weiß, dass das ein Beruf ist, der viel von einem verlangt. Er verlangt Ihren Familien und Ihnen viel ab und manchmal fordert er das größte Opfer. Ich möchte zu Beginn deutlich machen, dass mir bekannt ist, dass es in diesem Saal Gedenktafeln gibt, die an diejenigen erinnern, die dieses größte Opfer bringen mussten und wir werden uns bei der Umsetzung der vor uns liegenden Ziele immer daran erinnern, was sie für dieses Land getan haben.

Ich möchte Ihnen versichern, dass ich sicherstellen werde, dass wir über die für die Umsetzung dieser Agenda notwendigen Mittel verfügen. Ich vertraue auf die Ausbildung und ich vertraue auf Bildung und Weiterbildung des Diplomatischen Corps. Ich hoffe, dass das Diplomatische Corps in den nächsten Jahren noch vielfältiger wird, denn eines der wunderbaren Dinge an den Vereinigten Staaten ist, dass in dieser einen Nation Menschen jeglicher Herkunft, Ethnie und Religion leben. Es ist erstaunlich, dass wir wirklich eine Nation aus diesen vielen geschaffen haben und wir werden zu einem Diplomatischen Corps werden, das diese Vielfalt widerspiegelt, denn das ist außerordentlich wichtig in einer Welt in der Unterschiede noch immer eine Lizenz zum Töten darstellen.

Dies ist eine großartige Zeit für die Vereinigten Staaten. Es ist eine großartige Zeit für das internationale System. Wir benötigen Verbündete, die in der vor uns liegenden großen Sache an unserer Seite stehen und ich freue mich darauf, mit Ihnen auf dieses Ziel hin zu arbeiten.

Ich möchte nun mit einer persönlichen Erinnerung schließen; ich gehörte zuletzt 1989 bis 1991 der Regierung an. Das war ebenfalls eine außergewöhnliche Zeit. Ich hatte das Glück, dass ich am Ende des Kalten Krieges Expertin für die Sowjetunion im Weißen Haus war, einen interessanteren Posten kann man sich kaum vorstellen. So hatte ich an der deutschen Wiedervereinigung und der Befreiung Osteuropas sowie dem friedlichen Zusammenbruch der Sowjetunion teil.

Aber ich erkannte, dass ich lediglich die Früchte der guten Entscheidungen erntete, die bereits 1946, 1947 und 1948 getroffen wurden. Viele dieser Entscheidungen wurden durch gute Arbeit in diesem Hause, durch die Mitarbeiter des Außenministeriums, herbeigeführt. In diesen Tagen muss es den Anschein gehabt haben, dass der Vormarsch der Freiheit nicht gesichert ist. Denken Sie darüber nach. Die Bürgerkriege in Griechenland und der Türkei 1947, aufgrund der Berlin-Krise die dauerhafte Teilung Deutschlands 1948, die Zündung einer Atombombe durch die Sowjetunion fünf Jahre bevor wir dies erwartet hätten und der Sieg der Kommunisten in China.

Es kann nicht so gewirkt haben, als wäre der Vormarsch der Freiheit gesichert gewesen, aber irgendwie haben sich Menschen wie Truman, Acheson und Marshall und auf dem Capitol Hill natürlich auch Senator Vandenberg zusammengetan. Sie entwickelten eine Politik und schufen eine Reihe von Institutionen, die uns dauerhaften Frieden bescherten. Während damals niemand in der Lage gewesen wäre, sich ein demokratisches Deutschland oder Japan vorzustellen, sitzt Präsident Bush heute, wenn er gegenüber Kanzler Schröder oder Premierminister Koizumi sitzt, nicht nur Freunden, sondern demokratischen Freunden gegenüber.

Ich weiß, dass es Stimmen gibt, die sich fragen, ob die Demokratie im steinigen Boden der West Bank, im Irak oder Afghanistan Wurzeln schlagen kann. Ich glaube, dass wir als Amerikaner, die wissen, wie steinig der Weg zur Demokratie ist, glauben müssen, dass dies gelingen kann. Und wir müssen das, damit wir mit denjenigen zusammen arbeiten, die diese Ziele erreichen wollen, damit ein zukünftiger Präsident eines Tages einem demokratischen Präsidenten oder Premierminister eines Staates im Nahen Osten gegenüber sitzen kann, der bis dahin nicht demokratisch war.

Das ist unsere Aufgabe. Das ist unsere Mission. Ich weiß, dass Sie hart dafür arbeiten werden und das werde ich auch. Nun werde ich mich, wenn Sie nichts dagegen haben, auf die Suche nach meinem Büro machen. Vielen Dank.

Originaltext: Rice Begins Tenure at State
Siehe http://usinfo.state.gov


Hier geht es zum offiziellen Lebenslauf von Condoleezza Rice.


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