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Romneys vage Botschaften

Auftritt des Präsidentschaftskandidaten auf dem Parteitag der US-Republikaner

Von Max Böhnel, New York *

Der republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney versprach bei seinem großen Parteitagsauftritt, vier »enttäuschende« Obama-Jahre vergessen zu machen. Überzeugen konnte er seine Kritiker nicht.

Zu Beginn seiner 45-minütigen Rede, die von allen großen Fernsehsendern in den USA live übertragen wurde, nahm Romney formell die Nominierung als Präsidentschaftskandidat der Republikaner für die Wahl am 6. November an. Er ließ sich im Schnellverfahren, das angestrengt locker wirkte, über seine Kindheit, seinen Vater und seine Ehe aus. Danach nannte er jene fünf Punkte, die unter seiner Präsidentschaft zur Halbierung der Arbeitslosigkeit, zum Sprung aus der Wirtschaftskrise und zur Energieunabhängigkeit der USA bis 2020 führen sollen: Er wolle das Bildungssystem stärken, neue internationale Handelsverträge schließen und einen ausgeglichenen Staatshaushalt schaffen. Und natürlich das Mantra jedes konservativen Kandidaten seit Jahrzehnten - Steuersenkungen für Unternehmen und Deregulierung. Immer wieder versuchte Romney, unentschlossene Wähler emotional anzusprechen. Er betonte mit Blick auf sein im Vergleich zu Obama schlechtes Image bei Frauen, er habe in seiner Geschäftskarriere immer gerne Frauen gefördert. Er nannte seine Mutter, die sich einmal um einen Senatorensitz beworben hatte, sowie Ex-Außenministerin Condoleezza Rice. Die Republikanerin hatte tags zuvor eine außenpolitische Rede gehalten. Romney sprach zudem direkt Wähler an, die Obama gewählt hatten, nun aber enttäuscht sind. »Da ist etwas verkehrt an der Art, wie er seinen Job als Präsident gemacht hat, wenn Sie das beste Gefühl am Tag hatten, an dem Sie für ihn stimmten«, sagte Romney. Obama habe das Land in die falsche Richtung geführt. Für zu viele Amerikaner seien »die guten Tage« seltener geworden. Kurz vor Romneys Rede hatte Hollywoodstar Clint Eastwood einen bizarren Auftritt. Der 82-Jährige machte sich über Obama lustig und sprach zu einem leeren Stuhl, als säße der Präsident darauf.

Zwei Mal wurde dann Romneys Rede unterbrochen. Nicht weit von der Rednertribüne entfernt hatten nach etwa 15 Minuten mehrere Aktivistinnen der linken feministischen Aktionsgruppe »Codepink« zwei Transparente gezeigt, auf denen »People before profits« (Menschen vor Profiten) und »Democracy is not a business« (Demokratie ist kein Geschäft) stand. Sie skandierten die Sätze ein paar Mal, bevor sie aus dem Saal gezerrt wurden.

Kommentatoren hatten mit Spannung auf die Rede gewartet, die sie als wichtigste in Romneys Karriere ankündigten. Doch der oft als hölzern und roboterhaft scheinende Kandidat schaffte es auch dieses Mal nicht, seine Person mehr ins Spiel zu bringen. In einer Umfrage des TV-Senders ABC und der »Washington Post« drei Tage vor dem Republikaner-Konvent hatten 61 Prozent der eingeschriebenen Wähler angegeben, sie würden Obama für freundlicher und liebenswerter halten. Romney erhielt da nur 27 Prozent. Gleichzeitig sagten allerdings 47 Prozent, sie würden Romney unterstützen - ein Prozent mehr als Obama. Der Grund: Zwei Drittel halten den Wirtschaftskurs des Landes für verfehlt.

An diese Umfrageergebnisse erinnernd, hieß es am Freitag in einem Kommentar in der »New York Times«, Romney brauche sich »gar nicht um Liebenswürdigkeit bemühen«, um die Wahlen zu gewinnen. Zwei, drei weitere negative Berichte vom Arbeitsmarkt würden dafür schon ausreichen. Wie er jedoch Arbeitsplätze schaffen will, darüber sagte Romney nichts. Ebenso vage blieb der Kandidat bei seinen außenpolitischen Vorstellungen. Er kündigte an, als Präsident schärfer als Obama gegen Russland und Iran vorzugehen. Gegenüber wichtigen Verbündeten wie Polen und Israel, das Obama »vor die Hunde geworfen« habe, würden sich die USA unter seiner Führung wieder loyal verhalten.

Gespannt wird am Wochenende auf die Umfrageergebnisse nach dem Republikaner-Parteitag gewartet. Normalerweise ergeben sich unmittelbar nach einer »Convention« höhere Zustimmungsraten für die Partei und die Kandidaten. Sie werden dann, wenn die gegnerische Partei mit ihrem Parteitag folgt, meist wieder ausgeglichen. Der nächste große Termin im Rennen um das Weiße Haus ist die Convention der Demokraten nächste Woche in Charlotte, im Bundesstaat North Carolina.

* Aus: neues deutschland, Samstag, 01. September 2012


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