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Bittergeschmack der Vertreibung

Hamburger Kaffeehaus zahlt 400 Familien aus Uganda keine Entschädigung

Von Knut Henkel, Hamburg *

Laut der internationalen Menschenrechtsorganisation FIAN profitiert das Hamburger Kaffeehaus Neumann von einer Landvertreibung in Uganda. Die Vertriebenen warten bis heute auf Entschädigung.

Elias Mbabazi erinnert sich noch gut an den Tag der Vertreibung. »Soldaten stürmten das Grundstück, feuerten in die Luft, verjagten uns von unserem Land.« Sie zerstörten das Haus, in dem der heute 62-jährige Kleinbauer 17 Jahre lang lebte. 2001 war es, und noch immer kämpft der Kleinbauer aus Mubende in Uganda für eine Entschädigung.

Zu Unrecht wurde Mbabazi von dem Land vertrieben. »Laut den Gesetzen Ugandas geht öffentliches Land nach zwölf Jahren der Nutzung in den Besitz der Bauern über«, so Gertrud Falk vom Food First Informations- und Aktionsnetzwerk (FIAN). Die Menschenrechtsorganisation setzt sich weltweit für ein Grundrecht auf Ernährung ein, und Uganda-Spezialistin Falk war erst im April vor Ort. Dort steht heute die Kaweri Coffee Plantation, die größte Kaffeeplantage Ugandas, und die erste der Neumann Kaffee Gruppe, die in Eigenregie von einem Tochterunternehmen, eben Kaweri, betrieben wird.

Die Neumann Gruppe, ein Hamburger Unternehmen, genießt in der Kaffeewelt einen exzellenten Ruf. Es berät Kleinbauern im Auftrag deutscher Entwicklungsorganisationen wie der GTZ, wirtschaftet nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit und bekennt sich zu den internationalen Arbeits- und Menschenrechten. »Gleichwohl schlägt Neumann in Uganda Profit aus der Vertreibung von Kleinbauern«, kritisierte FIAN-Referentin Falk am Donnerstag in Hamburg.

Die Kleinbauern klagen seit Jahren gegen die für die Vertreibung verantwortliche ugandische Regierung und das Tochterunternehmen der Neumann Gruppe, die die Plantage bewirtschaftet. Doch die Kaweri-Anwälte verzögern bislang erfolgreich den Prozess, moniert FIAN und kritisiert zudem die Art der Bewirtschaftung. »Selbst festangestellte Arbeiter der Plantage klagen über niedrige Löhne und die Verweigerung zentraler Gewerkschaftsrechte. Arbeiterorganisationen scheinen auf der Plantage nicht erwünscht«, heißt es.

Doch FIAN geht es derzeit vor allem darum, der Forderung nach Entschädigung für die 400 damals vertriebenen Familien Nachdruck zu verleihen. Deshalb fand gestern eine symbolische Räumung vor dem Firmensitz der Neumann Gruppe in der Hamburger Speicherstadt statt, wobei einige Tausend Unterschriften an einen Firmenvertreter namens Hans-Georg Müller überreicht wurden. Der sicherte zwar zu, die Vorwürfe der Menschenrechtsorganisation zu prüfen, ließ aber offen, ob das Kaffeehaus zum Dialog mit den Kritikern bereit ist. »Das Gespräch hat das Unternehmen immer wieder verweigert -- für uns vollkommen unverständlich«, so Martin Wolpold-Bosien von FIAN. Genauso unverständlich ist für ihn die Stellungnahme des Unternehmens. In der heißt es, dass einige wenige Familien sich weigerten umzuziehen. Laut FIAN wurden jedoch etwa 2000 Menschen von der Armee vertrieben, damit die größte Kaffeeplantage des Landes entstehen konnte. »Eine Investition, der Neumann Gruppe, die alles andere als nachhaltig ist«, so Wolpold-Bosien, der das Kaffeehaus gestern erneut aufforderte, sich endlich zur Verantwortung zu bekennen.

* Aus: Neues Deutschland, 9. Mai 2008


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