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Merkel schürt in Kiew NATO-Hoffnungen

Auch Assoziierungsabkommen mit der EU soll kommen / Gespräche mit Juschtschenko

Bundeskanzlerin Angela Merkel will eine schrittweise Annäherung der Ukraine an die EU und die NATO unterstützen. Einen raschen Beitritt lehnte Merkel bei ihrem ersten offiziellen Besuch in dem osteuropäischen Land weiter ab, kündigte aber ein Assoziierungsabkommen mit der EU an.

»Es ist eine sehr klare engere Anbindung an die Europäische Union«, sagte Merkel nach einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Viktor Juschtschenko in Kiew. Es gebe jedoch »keinen Automatismus« für eine EU-Mitgliedschaft. Die EU-internen Schwierigkeiten schlössen eine Erweiterung vorerst aus.

Deutschland will die Ukraine auch auf dem Weg zu einem Aktionsplan für eine NATO-Mitgliedschaft unterstützen. Merkel betonte, dies sei keine Frage Dritter.

Juschtschenko sprach von einem Fortschritt auf dem Weg zur EU. »Wir spüren einen intensiven Dialog«, sagte er und dankte Merkel. Die Frage eines NATO-Beitritts sei dagegen »viel empfindlicher«. »Ich bin ein Optimist, wir gehen einen richtigen Weg.«

Bei einem Gipfel der EU und der Ukraine soll im September voraussichtlich der politische Teil eines erweiterten Partnerschaftsabkommens mit der EU unter Dach und Fach kommen. Ein Assoziierungsabkommen würde noch etwas darüber hinaus gehen und der Ukraine die Teilnahme am Binnenmarkt sowie eine Erleichterung bei Visafragen ermöglichen. Die NATO-Außenminister beraten im Dezember über eine Aufnahme der Ukraine in den »Aktionsplan für eine Mitgliedschaft«. US-Präsident George W. Bush will einen raschen Beitritt von Georgien und der Ukraine. Russland lehnt jedoch einen NATO-Beitritt ab und drohte der Ukraine mit einem Ende der Zusammenarbeit in sensiblen Wirtschaftsfeldern. Merkel sagte dazu: »Das ist eine Frage zwischen der Ukraine und den NATO-Mitgliedsstaaten.« Sie sagte jedoch nicht, ob Berlin den Wunsch Kiews unterstützen wird, beim NATO-Außenministertreffen im Dezember den Status eines offiziellen Kandidaten zu erhalten.

Der ukrainische Präsident sagte Deutschland zu, die Verpflichtungen bei Gaslieferungen aus Russland zu erfüllen. Merkel erklärte, sie gehe von »verlässlichen Lieferbeziehungen« aus. Juschtschenko warnte angesichts anstehender Preisverhandlungen unter anderem mit Russland vor »politischer Erpressung«. Deutschland und die Ukraine vereinbarten einen Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen. Hierbei gebe es großes Potenzial, sagte Merkel. Das Handelsvolumen zwischen Deutschland und der Ukraine wächst stetig.

Die Ukraine ist politisch gespalten in ein pro-westliches und ein NATO-kritisches Lager. Hinzu kommt, dass Juschtschenko und Ministerpräsidentin Julia Timoschenko - die Protagonisten der »Orangenen Revolution« von 2004 - in vielen innenpolitischen Fragen zerstritten sind.

* Aus: Neues Deutschland, 22. Juli 2008

Weitere Meldungen

Ukrainischer Außenminister zweifelt an Aufnahme Kiews in NATO-Aktionsplan

KIEW, 22. Juli (RIA Novosti). Der ukrainische Außenminister Wladimir Ogrysko ist nicht sicher, dass die Ukraine im Dezember in den so genannten Aktionsplan für die künftige NATO-Mitgliedschaft eingebunden wird.

"Ich kann die Zukunft nicht vorhersagen. Aber wir werden unseren Teil des Weges gehen", sagte Ogrysko am Dienstag (22. Juli) auf einer Pressekonferenz in Kiew. Dabei äußerte er die Hoffnung, dass die Ukraine in diesen Aktionsplan im Dezember doch noch einsteigt.

Ungeachtet dessen, dass mehr als die Hälfte der Bevölkerung der Ukraine gegen eine NATO-Mitgliedschaft des Landes ist, hat die Führung in Kiew den Antrag auf Aufnahme der Ukraine in den Aktionsplan gestellt. Allerdings wurde beim jüngsten NATO-Gipfel im vergangenen April in Bukarest beschlossen, die Lösung des Problems auf Dezember dieses Jahres zu verschieben.

"Wir werden bis Dezember einen soliden Vorschuss akkumulieren und (der NATO) zeigen, was wir zwischen April und Dezember getan haben", sagte Ogrysko. Dabei erinnerte der Außenminister daran, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel am vergangenen Montag (21. Juli) beim Treffen mit Präsident Viktor Juschtschenko in Kiew gesagt hatte, dass die Ukraine NATO-Mitglied werde.


Ukraine: Behörden dementieren Blockade von Nato-Schiffen in Odessa

KIEW, 21. Juli (RIA Novosti). Der ukrainische Sicherheitsdienst hat Berichte dementiert, laut denen einige am Militärmanöver Sea Breeze 2008 beteiligte Nato-Kriegsschiffe bei einer Protestaktion im Hafen Odessa blockiert worden waren.

„Zwei Gummiboote wurden heute um 7.30 Uhr Ortszeit im Hafen Odessa von einer Grenzpatrouille festgehalten, als sie illegal versuchten, in See zu stechen. In den Booten befanden sich vier Personen im Alter von 20 bis 22 Jahren, die sich als Gegner der internationalen Militärübung Sea Breeze-2008 bezeichneten“, sagte der Sprecher des Sicherheitsdienstes, Wladimir Romanenko, am Montag.
„Natürlich konnten die vier festgenommenen Grenzverletzer die Manöverbeteiligten keineswegs behindern“, hieß es.

Mitglieder der ukrainischen Partei Bratstwo (Bruderschaft) haben zuvor behauptet: "Zehn Bratstwo-Boote haben am Montagmorgen den Ausgang des Hafens Odessa blockiert, um die Teilnahme der ausländischen Kriegsschiffe an den Nato-Übungen zu verhindern".
"Die Nato-Übungen in Odessa werden von zahlreichen Protestaktionen der örtlichen Bevölkerung begleitet", so die Partei.
Zuvor hatte der ukrainische Verteidigungsminister Juri Jechanurow erklärt, das Manöver finde trotz aller Proteste statt.

Sea Breeze 2008 wird vom 14. bis 26. Juli nahe Odessa sowie der Halbinsel Krim und im anliegenden Schwarzmeer-Gewässer durchgeführt. Daran nehmen die Marine Aserbaidschans, Belgiens, Armeniens, Großbritanniens, Georgiens, Griechenlands, Dänemarks, Kanadas, Lettlands, Mazedoniens, Deutschlands, der USA, der Türkei, Frankreichs und der Ukraine teil.

Quelle: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 21. und 22. Juli 2008




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