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Sieben-Punkte-Plan Putins zur Beendigung des Ukraine-Konflikts

Von der Regierung in Kiew zunächst abgelehnt. Treffen in Minsk am 5. September. Informationen aus Russland

Im Folgenden die letzten Meldungen aus Russland und der Ukraine:

Putin schlägt Plan für Beendigung des Ukraine-Konflikts vor *

Russlands Präsident Wladimir Putin hat am Mittwoch einen Plan zur Beendigung des blutigen Konfliktes in der in Ost-Ukraine vorgeschlagen. Das aus sieben Punkten bestehende Papier sieht vor allem einen international kontrollierten Waffenstillstand vor.

Der Plan fordert sowohl das ukrainische Militär als auch die Volksmilizen im Südosten der Ukraine auf, „die aktiven Angriffshandlungen“ einzustellen. Die ukrainische Armee soll ihre Artillerie und ihre Raketenwerfer auf eine Distanz abziehen, die Angriffe auf Städte und Ortschaften unmöglich macht. Der dritte Punkt sieht eine umfassende und objektive internationale Kontrolle der Waffenruhe sowie eine internationale Überwachung der durch die Umsetzung der Punkte 1 und 2 entstandenen Sicherheitszone vor.

Viertens sollen die Luftangriffe auf Zivilisten und Ortschaften im Kampfgebiet gestoppt werden. In Punkt fünf schlägt Putin einen Gefangenenaustausch ohne Vorbedingungen und nach der Formel „alle gegen alle“ vor. Die Punkte sechs und sieben sehen die Einrichtung von humanitären Korridoren für Flüchtlinge und den Transport von Hilfsgütern in die ostukrainischen Gebiete sowie die Entsendung von Wiederaufbau-Teams vor, um die zerstörten Infrastrukturen vor dem Winter wiederherzustellen.

Putin stellte seinen Plan am Mittwoch im Flughafen Ulan-Bator nach dem Abschluss seines Mongolei-Besuchs Medien vor. Der russische Staatschef bestätigte, dass er am Vormittag mit dem ukrainischen Präsidenten Pjotr Poroschenko telefoniert habe und dass ihre Meinungen über mögliche Auswege aus der Krise sehr nahe gewesen seien.


Nach Telefonat mit Putin: Poroschenko kündigt ständige Waffenruhe an

Der ukrainische Präsident Pjotr Poroschenko hat in einem Telefongespräch mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin nach eigenen Angaben einen ständigen Waffenstillstand in der Ost-Ukraine vereinbart. Dies teilte Poroschenkos Presseamt am Mittwoch mit.

Bei dem Gespräch mit Putin sei eine zeitlich unbegrenzte Feuereinstellung im Donezbecken vereinbart worden, so Poroschenkos Presseamt im Internet. Auch sei ein Einvernehmen über Schritte erreicht worden, die für die Herstellung des Friedens notwendig seien. Zuvor hatte der Kreml mitgeteilt, dass Putin und Poroschenko weitgehend einig über Wege aus der Krise seien.

* Beide Nachrichten aus: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 3. September 2014; http://de.ria.ru


Jazenjuk lehnt Putins Sieben-Punkte-Plan ab

Die ukrainische Regierung hält nichts von Putins Vorschlag. Dieser sei ein Plan zur Wiederherstellung der Sowjetunion, sagte Ministerpräsident Arseni Jazenjuk.

Die ukrainische Regierung hat den Sieben-Punkte-Plan von Kremlchef Wladimir Putin zur Beilegung der Ukraine-Krise abgelehnt. "Das ist ein Plan zur Vernichtung der Ukraine und zur Wiederherstellung der Sowjetunion", sagte Ministerpräsident Arseni Jazenjuk. Putins Initiative sei ein Versuch der Augenwischerei für die internationale Gemeinschaft vor dem Nato-Gipfel. "Er will den Konflikt einfrieren und damit neue Sanktionen gegen Russland vermeiden", sagte er. Der beste Plan für ein Ende des Konflikts bestehe aus nur einem Punkt. "Russland soll seine Armee aus der Ukraine abziehen", sagte Jazenjuk.

Russland und die Ukraine haben sich derweil auf Bedingungen für einen Weg zu einer Waffenruhe in der Ostukraine geeinigt. Das teilte das Präsidialamt in Kiew mit. Die Präsidenten Petro Poroschenko und Wladimir Putin hätten die Vereinbarung in einem Telefongespräch getroffen.

Nach: ZEIT online, 03.09.2014; http://www.zeit.de/


Und die letzten Meldungen von RIA Novosti:

Poroschenko unterstützt Bereitschaft Russlands zu Realisierung von Aktionsplan zu Donbass

Der ukrainische Präsident Pjotr Poroschenko hat die Bereitschaft der russischen Seite zur Realisierung eines gemeinsamen Aktionsplans zu einer friedlichen Beilegung des Konflkts in Donbass (Donezbecken) unterstützt.

Wie der Pressedienst des ukrainischen Präsidenten mitteilt, hat er das am Mittwoch bei Telefonkonsultationen mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel gesagt.

Die Gesprächspartner behandelten die Bemühungen der ukrainischen Präsidenten um das Erzielen des Friedens im ukrainischen Donbass. Poroschenko brachte die Hoffnung zum Ausdruck, dass die Vorschläge zu einer Feuereinstellung durch alle Seiten in die Tat umgesetzt werden.

„Der ukrainische Staatschef unterstützte die Bereitschaft der russischen Seite zur Realisierung eines gemeinsamen Aktionsplans zu einer friedlichen Regelung. Nach Meinung des Präsidenten Poroschenko soll der Aktionsplan die gegenseitigen Verpflichtungen hinsichtlich des Regimes der zweiseitigen Feuereinstellung, seines Monitorings und der Erfüllung durch die OSZE, den Abzug aller ausländischen Truppen vom Territorium der Ukraine, die Einrichtung einer Puffergrenzzone und die Freilassung aller Geiseln beinhalten“, informiert der Pressedienst des ukrainischen Präsidenten.

Poroschenko teilte auch der Bundeskanzlerin mit, dass er damit rechne, dass ein solcher gemeinsamer Aktionsplan Grundlage für Konsultationen einer dreiseitigen Kontaktgruppe sein könnte, die am 5. September in Minsk zusammentrete.

Aus: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 4. September 2014; http://de.ria.ru




Putins Sieben-Punkte-Plan Ermahnung für den "Landsturm"

Von Gesine Dornblüth, Büro Moskau **

Russland eine Konfliktpartei in der Ukraine? Darüber verliert der Aktionsplan des russischen Präsidenten kein Wort. Doch erstmals rief Wladimir Putin die prorussischen Separatisten in der Ostukraine auf, ihre Angriffe zu stoppen. Der ukrainische Premierminister Jazenjuk goss unterdessen neues Öl ins Feuer.

Der erste Punkt in Wladimir Putins Plan sieht vor, dass das ukrainische Militär sowie die Separatisten – Putin sprach von "bewaffneten Formationen des Landsturms" - ihre Angriffe in den Gebieten Donezk und Lugansk stoppen. Das erklärte der russische Präsident während eines Staatsbesuches in der Mongolei.

"Zweitens: Die bewaffneten militärischen Einheiten der Ukraine müssen sich auf Positionen zurückziehen, von denen aus der Beschuss von Siedlungen mit Artillerie oder Salvenfeuer unmöglich ist. Drittens muss man eine vollwertige und objektive internationale Kontrolle über die Einhaltung der Bedingungen des Waffenstillstands und über die Lage in der Sicherheitszone vorsehen."

Ferner müssten Luftangriffe auf die Zivilbevölkerung aufhören, es müsse einen bedingungslosen und vollständigen Gefangenenaustausch geben, und es müssten humanitäre Korridore für Flüchtlinge und Hilfslieferungen eingerichtet werden, so Putin. Schließlich sollten Brigaden in die zerstörten Orte reisen können, um soziale und lebenswichtige Infrastruktur zu reparieren. Putin weiter:

"Eine finale Übereinkunft zwischen der Führung in Kiew und den Vertretern der Südostukraine könnte schon bei dem Treffen der Kontaktgruppe am 5. September dieses Jahres erreicht und festgeschrieben werden."

Die Ukraine-Kontaktgruppe hatte sich zuletzt Anfang vergangener Woche in Minsk getroffen. Er habe den Aktionsplan für die Ostukraine heute mal eben während des Fluges in die Mongolei hingeschrieben, sagte Putin. Er las von einem Zettel ab, den ihm ein Assistent zuvor gereicht hatte. Russland kommt in diesem Plan als Konfliktpartei nicht vor. Neu ist, dass Putin auch die Separatisten aufruft, ihre Angriffe zu stoppen. Offiziell hieß es in Russland bisher immer, der sogenannte "Landsturm" verteidige die Zivilbevölkerung gegen die "Strafaktionen" des ukrainischen Militärs.

Verwirrungen über Waffenstillstand

Den ganzen Tag über hatte es heftige Verwirrungen um einen angeblich bereits vereinbarten Waffenstillstand gegeben. Am Morgen hatten die Präsidenten Poroschenko und Putin miteinander telefoniert. Das Präsidialamt der Ukraine hatte daraufhin mitgeteilt, es sei bereits ein anhaltender Waffenstillstand vereinbart worden. Putins Sprecher Dmitrij Peskow dementierte:

"Die Positionen der beiden Präsidenten zu möglichen Schritten, die für eine schnelle Waffenruhe nötig sind, stimmen in vielem überein. Die Interpretation, im Ergebnis des Telefonats gäbe es bereits eine Waffenruhe, ist aber falsch. Es geht um Schritte, die der Waffenruhe vorausgehen müssen."

Es wäre nicht der erste Waffenstillstand. Bereits im Juni hatte Präsident Poroschenko eine zunächst einseitige Waffenruhe ausgerufen. Sie wurde von Teilen der Separatisten gebrochen und hielt keine zwei Wochen. Putin betonte heute, sein 7-Punkte Plan sei eine Weiterentwicklung des Telefonats mit Poroschenko.

"Ich setze darauf, dass die Führung der Ukraine den Fortschritt in unseren bilateralen Beziehungen unterstützt und das positive Element der Kontaktgruppe für eine abschließende, umfassende Lösung der Situation in der Ostukraine nutzt."

Zu einem möglichen politischen und rechtlichen Status der Südostukraine äußerte sich Putin heute nicht. In Kiew goss unterdessen Premierminister Arsenij Jazenjuk Öl ins Feuer. Agenturmeldungen zufolge sagte er bei einer Kabinettssitzung, die ukrainische Regierung plane, entlang der Staatsgrenze zu Russland eine Mauer oder einen Elektrozaun mit Minen und Stacheldraht aufzubauen.

** Aus: Deutschlandfunk, 3. September 2014; http://www.deutschlandfunk.de


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