Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

"Glaubensfreiheit und Toleranz bleiben ein wichtiger Bestandteil der staatlichen Politik der Republik Usbekistan"

Streit um die Menschenrechte - Dokumente der UNO, der EU und der usbekischen Regierung zum Vergleich

Im November 2006 hat eine Reihe westlicher Länder unter Führung der USA im Dritten Ausschuss der UN-Generalversammlung versucht, eine Resolution in die UN-Vollversammlung einzubringen, worin die Menschenrechtssituation in Usbekistan kritisiert wird und gewisse wirtschaftliche und politische Sanktionen gegen das zentralasiatische Land vorgesehen sind. Dieses Vorhaben scheiterte indes an der fehlenden Mehrheit. Der Vertreter Usbeskistans hatte in einem Geschäftsordnungsverfahren auf "Nichtbefassung" mit dem Antrag plädiert und dieser Antrag wurde mehrheitlich angenommen.
Nichtsdestoweniger haben die USA Usbekistan in ihre Liste der "besonders beunruhigenden Staaten" aufgenommen, was das usbekische Außenministerium zu einer Protestnote veranlasste.
Schließlich ist daran zu erinnern, dass die Europäische Union seit den blutig niedergeschlagenen Demonstrationen in Andischan im Mai 2005 Sanktionen gegen Usbekistan verhängt hatte. Sie sind 2006 verlängert worden, sollen aber im Februar 2007 neu beraten werden. Die UN-Generalversammlung hatte im Dezember 2005 ebenfalls eine Resolution (60/174) mehrheitlich verabschiedet, in der Usbekistan wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen angeklagt wurde.
Im Folgenden dokumentieren wir:

  • die Mitteilung über die Abstimmung im Dritten Ausschuss,
  • einen Artikel der Deutschen Welle über das EU-Sanktionsregime,
  • die Protestnote des usbekischen Außenministeriums gegen die US-Regierung.
Den - gescheiterten - Resolutionsentwurf für die 61. Sitzungsperiode der UN-Generalversammlung können Sie im Wortlaut (englisch) hier lesen: Situation of human rights in Uzbekistan.
Ebenfalls als pdf-Datei dokumentieren wir ein "Aide-memoire" Usbekistans zu den Vorwürfen, die in der erwähnten UN-Resolution aus dem Jahr 2005 erhoben wurden (hier geht es zu dieser Resolution 60/174).



Aus der Pressemitteilung des UN-NEWS CENTRE vom 20. November 2006

In other actions today, the General Assembly’s Social, Humanitarian and Cultural (Third) Committee considered but did not act on a draft resolution which would have voiced serious concern about the continuing human rights violations in Uzbekistan.
There was no vote on the draft because the country’s representative, supported by Azerbaijan and China, sought a “no-action motion,” a procedural tactic that blocked action on the text.
The representative of Finland on behalf of the European Union and the representative of Canada opposed the motion, which passed by a close margin: 74 in favour to 69 opposed, with 24 abstentions.


EU hält an Sanktionen gegen Usbekistan fest

Die EU-Außenminister haben beschlossen, den von Usbekistan angebotenen Dialog über Menschenrechtsverletzungen anzunehmen. Die bereits getroffenen Sanktionen sollen weiter gelten. Deren Wirkung ist allerdings umstritten. Nach der blutigen Niederschlagung der Demonstration in Andischan im Mai vergangenen Jahres hatte die Europäische Union Sanktionen gegen das Regime von Präsident Islam Karimow verhängt, die vorerst noch nicht aufgehoben werden. Das Waffenembargo gegen Usbekistan wurde um 12 Monate verlängert. Diejenigen Staatsvertreter, die an der Niederschlagung des Aufstands in Andischan beteiligt waren, dürfen für mindestens weitere sechs Monate nicht in die EU einreisen. Dennoch signalisiert die EU, zu einem Dialog mit Usbekistan bereit zu sein. So begrüßte die EU den Vorschlag von usbekischer Seite, noch in diesem Jahr Gespräche über die Ereignisse von Andischan und deren Folgen zu führen. Außerdem bewertet die EU die Bereitschaft Usbekistans zu einem Dialog über Menschenrechtsverletzungen als positiv. Über die Sanktionen gegen Usbekistan möchte die EU in drei Monaten wieder beraten. Wenn sich bis dahin die Lage im Lande ändere, könnten sie gelockert werden.

Warnung vor usbekischer Führung

Viele Experten sind der Ansicht, die Politik gegenüber dem Karimow-Regime dürfe nicht geändert werden. Der Grünen-Abgeordnete im Deutschen Bundestag, Volker Beck, meint, man könne nicht davon ausgehen, dass sich die Lage in Usbekistan verbessern werde. Er sagte, für "bloße Zusagen" der usbekischen Führung dürfe man die Sanktionen gegen Taschkent nicht aufheben. Beck wörtlich: "Die usbekische Regierung ist von ihrem Stil her dazu geneigt, alle möglichen Erklärungen zu unterschreiben und dann für die Verbesserung der Menschenrechtslage nichts zu tun. Mein Eindruck von meinem Besuch letzten Monat in Usbekistan ist, dass die Menschenrechtslage dramatisch schlecht ist, dass sie sich eben seit dem Aufstand in Andischan weiter verschlechtert hat. Gesprächspartner von uns wurden nach unserer Rückreise verhaftet und von den usbekischen Sicherheitsbehörden unter Druck gesetzt." Das sei kein Signal, auf dessen Grundlage man die Sanktionen lockern könne, so Beck. Er betonte ferner, es gebe bis heute keine internationale Untersuchung der Vorgänge in Andischan. Das Internationale Rote Kreuz habe immer noch keinen freien und ungehinderten Zugang zu den Gefängnissen.

Menschenrechtler: Entwicklung negativ

Die Reaktion der europäischen Menschenrechtler ist eindeutig: Die Sanktionen, auch wenn sie nur symbolisch seien, dürften nicht aufgehoben werden. Imke Dierßen von Amnesty International nannte folgende Gründe: "Die Menschenrechtssituation in Usbekistan ist sehr schlecht und sie hat sich in den letzten anderthalb Jahren, seit den Ereignissen von Andischan im Mai 2005, erheblich verschlechtert. Wir müssen leider erfahren, dass sich Menschen, die sich für Menschenrechte und für Demokratie einsetzen, kaum noch äußern können, ohne Gefahr zu laufen, verhaftet und in unfairen Verfahren zu langjährigen Haftstrafen verurteilt zu werden."

Kritik an EU-Sanktionen

Der im Exil lebende bekannte usbekische Oppositionelle Muhammad Salich befürwortet Sanktionen gegen Usbekistan. Er betonte gegenüber der Deutschen Welle: "Wir waren immer für einen harten Kurs der EU gegenüber Usbekistan, weil wir das Regime kennen." Salich meint aber, die Sanktionen seien zu schwach: "Sie waren unzureichend, aber sie schufen Karimow dennoch gewisse Unannehmlichkeiten. Er war gezwungen, sich auf Russland und China, aber auch auf ‚zweitrangige‘ Staaten zu konzentrieren. Er verlor das Gleichgewicht, könnte man sagen." Der Politologe Zaschpulat Juldaschew geht noch weiter und meint, die Sanktionen seien völlig sinnlos: "Die Sanktionen gegen Usbekistan sind nicht mehr als ein Mückenstich. Sie haben von Anfang an keinen Sinn gemacht." In Usbekistan selbst wird im Zusammenhang mit den EU-Sanktionen behauptet, im Lande seien russische Waffenstandards üblich. Was das Einreiseverbot in die EU für 12 usbekische Staatsvertreter betreffe, so dürften zwei von ihnen das Land nicht verlassen, da sie Träger von Staatsgeheimnissen seien. Die restlichen zehn hätten kein einziges Mal den Wunsch geäußert, nach Europa reisen zu wollen.

Kapitalfluss aus Europa

Unterdessen sind europäische Unternehmen, darunter auch deutsche, an Investitionen in Usbekistan beteiligt. Die deutsche MAN TAKRAF saniert die usbekische Kohleindustrie, was die Förderung des Rohstoffes verdoppeln soll. Besonders bezeichnend ist das "goldene Projekt". Mit deutscher Hilfe will Usbekistan die Goldproduktion von 84 auf mehr als 100 Tonnen jährlich steigern. Das dürfte Usbekistan den fünften oder sechsten Platz unter den größten Goldproduzenten der Welt sichern. Das mit dem Gold verdiente Geld steckt die usbekische Führung schon heute unter anderem in den Bau des modernsten Gefängnisses in Zentralasien.

Quelle: DW-RADIO/Russisch, 13.11.2006, Fokus Ost-Südost


Erklärung des Außenministeriums der Republik Usbekistan

24.11.2006

Die Eintragung Usbekistans vom Außenministerium der Vereinigten Staaten von Amerika in die sogenannte Liste von „Staaten, die eine starke Besorgnis im Bereich der Einhaltung der religiösen Freiheiten hervorrufen“, wurde zumindest von der breiten Öffentlichkeit unseres Landes mit Erstaunen wahrgenommen.

Dieser Schritt demonstriert nochmals das einseitige Herangehen und „die doppelten Standards“ des Außenministeriums der Vereinigten Staaten in Bezug auf solche aktuellen Fragen, wie die Religionsfreiheit und das Glaubensbekenntnis.

Die Glaubensfreiheit und Toleranz waren immer und bleiben auch weiterhin als ein wichtigster Bestandteil der staatlichen Politik der Republik Usbekistan.

Dank der religiösen Toleranz führen in Usbekistan die Vertreter von 18 religiösen Konfessionen, einschließlich islamische, griechisch-orthodoxe, jüdische, katholische und andere Religionen ein friedliches Zusammenleben und pflegen ihre religiösen Bräuche und Traditionen. In den letzten Jahren wurde in Usbekistan keine Tatsache der Entstehung der zwischenreligiösen Widerstände oder der Konfliktsituationen weder zwischen den Konfessionen selbst, noch zwischen den Konfessionen und den staatlichen Strukturen bezeichnet.

In allen im Rahmen der UNO in letzter Zeit durchgeführten größten internationalen Konferenzen, Seminaren und Treffen wird die Erfahrung Usbekistans für die Erreichung des gegenseitigen Verständnisses und der gegenseitigen Achtung zwischen den Religionen jeder Aufmerksamkeit und jeder Unterstützung würdig bezeichnet.

Die Republik Usbekistan hat immer eine prinzipielle und konsequente Stellung in Bezug auf die kategorischen, unbegründeten Behauptungen der einzelnen Politiker, Staatsmänner und Massenmedien eingenommen, die eine offenbar provokatorische Ausrichtung haben und in der Lage sind, das gegenseitige Verständnis zwischen den Religionen zu brechen.

Das betraf in erster Linie die Tatsachen, während der internationale Terrorismus mit heiliger Religion der Moslems, dem Islam zusammengebunden wird, während die westlichen Verlage bedeckt mit Parolen wie „Meinungsfreiheit“, die beleidigenden Beurteilungen, die die Ehre, nationale Würde und Gefühle von hundert Millionen gläubigen Moslems berühren, vervielfältigen.

Usbekistan erklärte immer wieder und erklärt nochmals über seine entschlossene Inakzeptanz von derartigen Handlungen. Ein klares Zeugnis dafür ist die Verurteilung von der usbekischen Seite der Publikation der Karikaturen des Propheten Mohammed und der verantwortungslosen Äußerungen des Papstes Benedikt XVI. über die islamische Religion.

Usbekistan ist eines der anerkannten Zentren der Entstehung und der Entwicklung der islamischen Kultur und der Philosophie. Auf unserem Boden lebten und schufen die größten Theologen und Philosophen, die in der ganzen islamischen Welt geachtet werden, worauf wir sehr stolz sind. Usbekistan verwirklicht eine sukzessive Politik für die Wiederherstellung, Untersuchung und Erhaltung dieses reichen geistigen Erbes.

Wir haben alle Grundlagen, fest zu erklären, dass in unserem Land alle Bedingungen für das freie Glaubensbekenntnis der Anhänger der traditionellen Religionen geschaffen sind. Und diese Bedingungen sind verfassungsmäßig und gesetzlich verankert. Was die Tätigkeit verschiedener missionarischen religiösen Strömungen und Sekten betrifft, so hält die usbekische Seite diesbezüglich an den Hauptbestimmungen des Gesetzes der Republik Usbekistan „Über die Gewissensfreiheit und die religiösen Organisationen“ fest, das bereits in den ersten Jahren nach der Erlangung der Unabhängigkeit der Republik verabschiedet wurde.

In Anknüpfung daran ist die usbekische Seite der Meinung, dass der Beschluss des Außenministeriums der USA über die Eintragung der Republik Usbekistan in die sogenannte Liste von „Staaten, die eine starke Besorgnis im Bereich der Einhaltung der religiösen Freiheiten hervorrufen,“ nicht begründet und nichts anderes ist, als die Einmischung in die inneren Angelegenheiten des souveränen Usbekistans.

Quelle: Mitteilung der Botschaft Usbekistans in Berlin.


Zurück zur Usbekistan-Seite

Zur Menschenrechts-Seite

Zur Seite "Embargo und Sanktionen"

Zurück zur Homepage