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Profit mit dem Krieg

Vereinigte Arabische Emirate wollen sich unabhängig von ausländischen Rüstungskonzernen machen

Von Karin Leukefeld, Abu Dhabi *

Am heutigen Donnerstag endet in Abu Dhabi die diesjährige internationale Messe für Verteidigungs- und Wehrtechnik (IDEX). Die fünftägige Schau, bei der auch der ukrainische Präsident Petro Poroschenko auf Einkaufstour ging, findet alle zwei Jahre in der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) statt. In diesem Jahr waren 55 Staaten vertreten; mehr als 1.000 Firmen präsentierten ihre Mordwerkzeuge.

Seit 1993 findet diese mittlerweile größte Waffenschau der Welt statt. Eine extra Sektion widmet sich ausschließlich den maritimen Waffensystemen. 2015 ist mit UMEX auch eine Ausstellung für »Unbemannte Flugobjekte« hinzugekommen. Dort nahm vor allem die Reklame für die US-Drohne »Predator« einen großen Raum ein. »Zählen Sie auf uns. Beispiellose Erfahrung. Einzigartige Fähigkeiten«, lautet der zynische Werbespruch des Herstellers General Atomics.

Für die Vereinigten Arabischen Emirate hat die Messe erheblich an Bedeutung gewonnen. Einheimische Waffenschmieden wie das Firmenkonsortium Adcom, das auf den Bau von Drohnen und Kommunikationstechnologie spezialisiert ist, nutzen die Möglichkeiten, um weltweit Waffen zu verkaufen. Daneben versorgen sich auch Hilfsorganisationen, darunter die der Vereinten Nationen, bei Rüstungskonzernen wie Adcom.

Der »Stolz der Vereinigten Arabischen Emirate« sei »Global Yabhon«, ein großes, unbemanntes Flugzeug, erklärte mir ein Vertreter von Adcom auf der Messe. Das sei speziell für das Löschen großer Brände in abgelegenen Gegenden konzipiert worden. Indes verdient das Konsortium erheblich mehr mit Drohnen für Kampfeinsätze. Diese werden bisher zwar ausschließlich an die Streitkräfte der Vereinigten Arabischen Emirate geliefert, doch das soll sich ändern.

Dahinter steht auch der Anspruch des Golfstaates, sich »unabhängig« von Waffenlieferungen aus dem Ausland zu machen. So ist in den vergangenen zehn Jahren die Rüstungsindustrie erheblich ausgebaut worden. Ob Sturm- oder Scharfschützengewehre, ob Aufklärung, Luftwaffe oder die Herstellung von Munition und Raketen – in vielen Bereichen haben sich Firmen aus den VAE selbständig gemacht, die zuvor eng mit internationalen Konzernen kooperiert hatten.

Der Drang zur Eigenständigkeit soll vermutlich die Bevölkerung auf dem Weg hin zur großen regionalen Waffenschmiede im Mittleren Osten mitnehmen. Denn noch verdienen andere an den Kriegen in Irak, Syrien, Libyen und Zentralafrika. Noch nie war das Geschäft mit dem Mordwerkzeug so gut wie heute: Allein die Streitkräfte der VAE hatten am zweiten Tag bereits 20 Verträge im Wert von umgerechnet etwa 2,27 Milliarden Euro abgeschlossen.

»Und, wie hat Ihnen die Ausstellung gefallen?« erkundigte sich nach meinem Messebesuch der pakistanische Taxifahrer. »Wissen Sie eigentlich, dass die Waffen verkaufen, die bei uns die Menschen töten und vertreiben?« fragte er. »Und dann kommen wir hierher, um zu arbeiten und unsere Familien zu ernähren. Das ist wirklich schwer auszuhalten.«

* Aus: junge Welt, Donnerstag, 26. Februar 2015


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