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Noch nicht geheilt

Venezuela: Chávez mit neuer Krebsdiagnose. Neuwahlen nicht mehr ausgeschlossen

Von Modaira Rubio, Caracas *

Venezuelas Präsident Hugo Chávez hat am Wochenende in einer Fernsehansprache angekündigt, daß er sich in Havanna erneut einer Krebsoperation unterziehen muß. Der Staatschef war erst am Freitag aus der kubanischen Hauptstadt nach Caracas zurückgekehrt.

Nachdem er sich intensiv am Wahlkampf beteiligt hatte und am 7. Oktober einen deutlichen Sieg über die rechte Opposition erringen konnte, hatte Chávez seine öffentlichen Auftritte deutlich reduziert. Der Grund dafür sei gewesen, so der Präsident nun, daß er unter einer Entzündung und Schmerzen am Becken gelitten habe. Dort war ihm bereits im vergangenen Jahr ein Krebstumor entfernt worden. Aufgrund der Beschwerden sei er wieder zu Untersuchungen nach Kuba gereist, wo nun wieder bösartige Zellen festgestellt worden seien, die einen erneuten chirurgischen Eingriff notwendig machen.

In seiner Ansprache bedauerte Chávez, daß er durch diese Mitteilung »bei Millionen Venezolanern Schmerz und Trauer auslösen« müsse. Wichtig sei nun, die eigenen Reihen geschlossen zu halten, denn es werde nicht an Versuchen fehlen, die schwierige Lage auszunutzen »um den Kapitalismus und Neoliberalismus zu restaurieren und Schluß mit unserem Heimatland zu machen«. Er räumte ein, daß man sich vorbereiten müsse, falls er aus Gesundheitsgründen seine offiziell im Januar beginnende neue Amtszeit nicht antreten könne. Die venezolanische Verfassung sieht in einem solchen Fall Neuwahlen innerhalb von drei Monaten vor. Sollten diese nötig werden, werde er dazu aufrufen, für Vizepräsident und Außenminister Nicolás Maduro zu votieren. Dieser sei »einer der fähigsten jungen Anführer, um den Prozeß fortzusetzen, falls ich dies nicht können sollte«. Unter allen Umständen komme es darauf an, den Sieg der Bolivarischen Revolution zu sichern und auf dem venezolanischen Weg zum Sozialismus eine neue Demokratie aufzubauen.

Unmittelbar nach der Rede des Präsidenten verbreiteten seine Anhänger im Internet unzählige Genesungswünsche. Für den gestrigen Sonntag wurde zu Solidaritätskundgebungen in allen Orten des Landes aufgerufen. Chávez selbst unterstrich die Erfolge des von ihm geführten revolutionären Prozesses und forderte die Einhaltung der Verfassung. »Nach so vielen Kämpfen haben wir heute ein freies Heimatland«, unterstrich er. Es müsse jetzt darauf ankommen, die Wahlen am kommenden Sonntag klar zu gewinnen, um der Konterrevolution den Weg zu versperren.

Die rechte Opposition verbreitete hingegen, Chávez habe einen Staatsstreich vollzogen und mit Maduro bereits einen Nachfolger eingesetzt. In Gerüchten ist die Rede von zahlreichen Privatflugzeugen, die von den venezolanischen Flughäfen starten würden. Der rechte Flügel der Regierungsgegner rief nur Stunden nach der Rede des Präsidenten zum Boykott der Regionalwahlen am kommenden Sonntag, zu einer Militärrebellion sowie zur Gründung eines Nationalen Übergangsrates nach libyschem und syrischem Vorbild auf.

* Aus: junge Welt, Montag, 10. Dezember 2012


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