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Chávez operiert

Venezuelas Präsident erholt sich in Havanna von Eingriff. Vize ruft vor Regionalwahlen zur Einheit auf

Von Modaira Rubio, Barinas *

Venezuelas Präsident Hugo Chávez ist am Dienstag (Ortszeit) in der kubanischen Hauptstadt Havanna erneut operiert worden, nachdem in seinem Körper wieder bösartige Tumorzellen entdeckt worden waren. Am späten Abend teilte sein Stellvertreter Nicolás Maduro dann in einer über alle Rundfunk- und Fernsehsender des Landes übertragenen Ansprache mit, der Eingriff sei erfolgreich verlaufen und der Staatschef erhole sich in seinem Zimmer von den Folgen.

In den Stunden zuvor waren in Venezuela erneut Gerüchte über den Gesundheitszustand des Präsidenten im Umlauf gewesen, so daß angespannt auf offizielle Informationen gewartet wurde. Maduro, der in seiner Ansprache dazu aufrief, das »Giftverspritzen« zu unterlassen und die »Traurigkeit des Volkes und der Familienangehörigen« zu respektieren, konnte durch seine Worte die Lage auf den öffentlichen Plätzen zahlreicher Städte des Landes beruhigen, wo sich erneut Tausende Menschen versammelt hatten, um auf die Ergebnisse des Eingriffs zu warten.

Chávez älterer Bruder Adán, der Gouverneur im Bundesstaat Barinas ist und sich am Sonntag um die Wiederwahl bewirbt, erklärte am Dienstag, niemand dürfe »die Traurigkeit mit Schwäche verwechseln«. Wichtig sei nun, bei den Regionalwahlen am 16. Dezember einen umfassenden Sieg zu erringen, »um jeden Versuch einer Destabilisierung zu vereiteln«.

Den letzten Umfragen zufolge, wie sie etwa das Institut ICS am 8. Dezember veröffentlicht hatte, liegen die Kandidaten der Revolution bei der Entscheidung über die Gouverneure und Regionalparlamente in den Bundesstaaten auch in für die Opposition besonders bedeutenden Regionen wie Miranda, Zulia, Carabobo und Táchira vorn. Die im Vergleich zur Präsidentschaftswahl vom 7. Oktober erwartete geringere Beteiligung werde zwar beiden Seiten schaden, so ICS, doch mehr die Regierungsgegner treffen. Tatsächlich hat es den Anschein, daß vor allem große Teile der Mittelschicht diesmal frustriert nicht an der Abstimmung teilnehmen wollen. Über die Weihnachtsfeiertage haben viele von ihnen Auslandsreisen gebucht, die Flüge sind schon in den Tagen vor den Wahlen ausgebucht. Die Möglichkeit der Briefwahl gibt es in Venezuela nicht.

Wie aus den von der staatlichen Nachrichtenagentur AVN publizierten Umfrageergebnissen hervorgeht, führt in Carabobo der Kandidat der Vereinten Sozialistischen Partei (PSUV), Francisco Ameliach, mit 44,4 Prozent vor dem Oppositionsvertreter Henrique Salas Feo, der demnach auf 41,1 Prozent kommt. In Miranda liegen der frühere Vizepräsident Elías Jaua und der gescheiterte Präsidentschaftskandidat der Opposition, Henrique Capriles, fast gleichauf. Vorn liegt aber auch hier das Regierungslager, Jaua soll ICS zufolge auf 48,7 Prozent kommen, während Capriles mit 46,3 Prozent das Gouverneursamt verlieren würde.

In Táchira liegt José Gregorio Vielma Mora von der PSUV mit 37,8 Prozent vor César Pérez Vivas vom Oppositionsbündnis MUD, der auf 34,6 Prozent kommen soll. William Méndez von der kleinen Partei OPINA kommt hier auf 25,2 Prozent. Ebenfalls im Westen Venezuelas liegt Zulia, wo die Opposition bislang immer siegen konnte. Diesmal jedoch hat Francisco Arias Cárdenas gute Chancen, den Staat für die PSUV zu gewinnen. ICS prognostiziert ihm 49,7 Prozent gegenüber 47,5 Prozent für Amtsinhaber Pablo Pérez Vivas. Die Besonderheit ist hier, daß Arias Cárdenas den Bundesstaat bereits von 1995 bis 2000 regierte, damals jedoch in Opposition zu Chávez stand.

Der Gesundheitszustand des Staatschefs und die daraufhin von der Opposition losgetretene Haßkampagne gegen ihn haben aus den Regionalwahlen eine erneute Abstimmung über den Präsidenten und sein sozialistisches Projekt gemacht. Das zeigen auch die spontanen Mahnwachen, die sich im ganzen Land gebildet haben. »Chávez wird gesund werden, die Revolution wird weitergehen. Es kommt darauf an, am Sonntag zu wählen, um dem Comandante einen neuen Sieg zu verschaffen«, sagte eine Straßenhändlerin in Barinas gegenüber junge Welt. Die neue Losung sei: »Mit Chávez – jetzt mehr denn je!«

* Aus: junge Welt, Donnerstag, 13. Dezember 2012


Unabhängig von Personen

Rafael Correa: Der revolutionäre Prozeß muß auch ohne Chávez weitergehen

Zusammengefasst von André Scheer **


Ecuadors Präsident Rafael Correa erklärte, die »revolutionären Prozesse« müßten weitergehen, unabhängig davon, wer sie anführe. Er sagte dies im Zusammenhang mit der durch den Gesundheitszustand seines venezolanischen Amtskollegen Hugo Chávez ausgelösten Unsicherheit. »Auch falls er aufgrund der Schwere seines Leidens nicht an der Spitze Venezuelas bleiben kann, müssen die revolutionären Prozesse weitergehen: die Bolivarische Revolution in Venezuela, die Bürgerrevolution in Ecuador, die Prozesse in Argentinien, in Bolivien, unabhängig von den Personen,« erklärte Correa bei einer Pressekonferenz.

Der ecuadorianische Staatschef unterstrich, Chávez sei »sehr notwendig« und bezeichnete ihn als eine regionale Führungspersönlichkeit, die er immer bewundern werde. Zugleich äußerte er, niemand sei unverzichtbar »und sollte dies auch nicht sein«.

Correa, der zu einem Besuch bei Chávez nach Havanna gereist war, wiederholte seinen Wunsch, daß dieser sich »sehr bald« erhole.

Chávez befindet sich in einem »komplizierten und harten« postoperativen Prozeß, nachdem er mehr als sechs Stunden lang in Kuba operiert wurde, informierte am Mittwoch der venezolanische Vizepräsident Nicolás Maduro, designierter Nachfolger des Staatschef, vor seiner Reise auf die Insel. Laut Maduro hat der Staatschef hat neue Operation, die vierte innerhalb von anderthalb Jahren, »korrekt« und »erfolgreich« überstanden.

** Aus: junge Welt, Freitag, 14. Dezember 2012


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