Bündnis gegen Hugo Chávez
Venezuelas Opposition macht mobil
Von Harald Neuber *
Die venezolanische Opposition hat ein Bündnis gegen die Regierung gegründet. Sie bekommt dabei
auch Unterstützung aus Deutschland.
Oppositionsparteien in Venezuela wollen gemeinsame Strategien gegen die linksgerichtete
Regierung von Präsident Hugo Chávez entwickeln. In der vergangenen Woche stellten die Gegner
seiner sozialen Reformpolitik in Caracas ein neues Bündnis aus gut einem Dutzend Parteien und
politischen Organisationen vor. Mit Blick auf die 2010 bevorstehenden Wahlen der Stadträte und der
Nationalversammlung (Parlament) wollen die Regierungskritiker ein gemeinsames Programm und
eine einheitliche Kandidatenliste erstellen. Ob der Versuch gelingt, ist fraglich. Zwei
Zusammenschlüsse der »Antichavistas« sind in den vergangenen Jahren schon an Differenzen
zwischen den beteiligten Gruppen zerbrochen.
Diese Schwierigkeiten sind den Protagonisten der »Mesa Unitaria« (was soviel wie Einheitstisch
bedeutet) offenbar bewusst. Unisono betonten beteiligte Oppositionspolitiker in den vergangenen
Tagen die Notwendigkeit, ein alternatives Programm zu erarbeiten. Man wolle sich nicht nur durch
die Gegnerschaft zur bestehenden Linksregierung definieren, sagte Alfonso Marquina von der
sozialdemokratischen Partei Un Nuevo Tiempo (UNT – Eine Neue Zeit). Das neue Bündnis sei »zu
einem entscheidenden Zeitpunkt« in der Auseinandersetzung mit der Regierung ins Leben gerufen
worden, fügte der politische Koordinator der UNT, Enrique Ochoa Antich, an.
Nach Angaben der spanischen Tageszeitung »El País« wollen die Chávez-Gegner nun in elf
Arbeitsgruppen ein alternatives Regierungsprogramm entwickeln. Auf der Agenda stehen dabei
Themen wie der Kampf gegen die Korruption, die politische Mobilisierung und Dezentralisierung.
Unverhohlen hoffen sie auch darauf, aus möglichen negativen ökonomischen Entwicklungen durch
die Weltwirtschaftskrise politischen Profit schlagen zu können.
Schon vor Beginn dieser Bündnisarbeit zeichnen sich Konflikte mit der Regierung ab. In einem
Zeitungsinterview kündigte der Oppositionspolitiker Leopoldo López die Gründung von
»kommunalen Netzwerken« an. Diese Basisstrukturen seien eine der »strategischen Linien« beim
angestrebten Aufbau einer schlagkräftigen Opposition, sagte López dem Blatt »Nueva Prensa«. In
Táchira, einem im Südwesten an der Grenze zu Kolumbien gelegenen Bundesstaat, zeigt sich, wie
diese Strukturen arbeiten: Innenminister Tarek El Aissami beklagte am Freitag den Aufbau von
paramilitärischen Gruppen in Táchira durch den christdemokratischen Gouverneur César Pérez
Vivas. Dessen COPEI – eine Schwesterpartei der deutschen CDU – habe den Aufbau bewaffneter
Gruppen »zur Verteidigung der Regierung« angekündigt, zitierte El Aissami aus Erklärungen. Dies
werde man nicht erlauben, »denn ebenso hat auch der Paramilitarismus in Kolumbien begonnen«.
Der Innenminister kündigte an, jede Person festnehmen zu lassen, die ohne staatliche Autorisierung
polizeiliche Aufgaben auszuüben versucht. Für diesen Fall schloss El Aissami selbst die Übernahme
der Sicherheitsorgane in Táchira durch Bundesbehörden nicht aus.
Hinter der Neugruppierung der Opposition in Venezuela stehen auch ausländische Kräfte. Die CDUnahe
Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) unterstützt über ihr Regionalbüro in Caracas seit Jahren die
politische Arbeit der Chávez-Gegner. Anfang Oktober vergangenen Jahres veröffentlichte Büroleiter
Georg Eickhoff versehentlich einen internen Tätigkeitsbericht zu dieser Aufbauarbeit. Aus dem
dreiseitigen Papier ging hervor, dass die KAS vor allem mit der COPEI und der rechtspopulistischen
Gruppe »Primero Justicia« (Zuerst Gerechtigkeit) zusammenarbeitet. Vorrangiges Ziel der
konservativen deutschen Parteistiftung sei es, die Zusammenarbeit von Bildungswerken dieser
Gruppen zu fördern. Im Hinblick auf die kommenden Wahlen müssten Anstrengungen verstärkt
werden, einen »Kandidaten der Einheit im Oppositionslager« zu nominieren, schrieb Eickhoff vor
acht Monaten. Eben dies geben nun auch die Mitglieder des neuen Oppositionsbündnisses als Ziel
an.
* Aus: Neues Deutschland, 16. Juni 2009
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