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Gericht bestätigt Souveränität

US-Energiekonzern unterliegt gegen Venezuela im Streit um Verstaatlichung. Weitere Verfahren offen

Von Harald Neuber * Venezuelas Botschafter in London, Samuel Moncada, kommentierte die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes von Großbritannien am Mittwoch nachmittag (19. März) mit einem einzigen Wort. »Exzellent« sei der Ausgang des Verfahrens zwischen seinem Land und dem US-amerikanischen Energiekonzern ExxonMobil ausgegangen. Kurz zuvor hatte der britische Richter Paul Walker entschieden, zwölf Milliarden US-Dollar des staatlichen venezolanischen Erdölunternehmens PdVSA wieder freizugeben.

Diese Gelder waren vor knapp zwei Monaten ebenfalls von einem britischen Gericht auf Antrag ExxonMobils eingefroren worden. Das Privatunternehmen mit Sitz im texanischen Irving reagierte damit auf die Verstaatlichung von Ölvorkommen am Orinoco-Fluß im Süden von Venezuela im vergangenen Jahr. Die Staatsführung des süd­amerikanischen Landes hatte damals ein Gesetz erlassen, das die internationalen Energiekonzerne zwang, sich in Mischunternehmen einzugliedern, bei denen der venezolanische Staat Mehrheitseigner bleibt. Während andere Konzerne die Umstrukturierung akzeptierten, zog sich ExxonMobil aus den Förderprojekten zurück und klagte vor mehreren Gerichten. Die zwölf Milliarden US-Dollar sollten für etwaige Entschädigungszahlungen gesperrt bleiben.

Zu Unrecht, wie Walker nun entschied. Er habe das erste Urteil widerrufen weil weder Kläger noch beklagter unter britische Rechtsprechung fielen, sagte der Londoner Richter. Nun werden Venezuela und ExxonMobil vor dem Schlichtungsgremium der Weltbank einen Ausgleich finden müssen. Dabei geht es um die Frage, ob Venezuela dem transnationalen Konzern nur die ursprüngliche Investitionssumme in Höhe von einer Milliarde US-Dollar erstatten muß, oder auch die erwarteten Gewinne in Höhe von zusätzlichen vier Milliarden.

In Venezuelas Hauptstadt Ceracas wurde das britische Urteil mit Freude aufgenommen. ExxonMobil habe die britische Justiz gegen einen souveränen Staat mißbrauchen wollen, sagte der Energieminister des südamerikanischen Landes, Rafael Ramírez, sei nun aber in seine Schranken verwiesen worden. Der Richterspruch stelle deswegen zugleich »einen großen Sieg für diejenigen Länder dar, die eine souveräne Kontrolle ihrer Ressourcen anstreben«, so Ramírez. Für Genugtuung in Venezuela dürfte auch gesorgt haben, daß der Kläger gezwungen ist, die Prozeßkosten zu übernehmen. ExxonMobil muß damit gut 760000 US-Dollar an Venezuela zahlen.

Neben dem Schiedsverfahren bei der Weltbank ist ein weiterer Streit noch offen. Denn parallel zu dem nun revidierten Urteil in Großbritannien hatte ein Gericht in New York Ende Januar 315 Millionen US-Dollar der PdVSA bei der US-amerikanischen Mellon-Bank einfrieren lassen. Auch dagegen hat das Staatsunternehmen Rechtsmittel eingelegt.

* Aus: junge Welt, 20. März 2008

Venezuela besiegt Exxon vor Gericht in London

Mittwoch, 19. März 2008

Einen kompletten Sieg hat das staatliche venezolanische Erdölunternehmen PdVSA gegen den US-Multi ExxonMobil errungen. Ein Gericht in London hat gestern alle im Februar gegen PdVSA verhängten Sanktionen aufgehoben, darunter das Einfrieren von Vermögenswerten in Höhe von 12 Milliarden Dollar. Venezuelas Energieminister Rafael Ramírez wertete den Urteilsspruch von Richter Paul Walter als "Sieg des ganzen Landes bei der Verteidigung der Erdölsouveränität".

Da ExxonMobil das Gericht in London belogen habe, könne PdVSA nun seinerseits eine Schadensersatzklage gegen den Multi anstrengen. Dazu warte man aber die offizielle Urteilsbegründung des Londoner Gerichts ab. Richter Walter habe PdVSA ausdrücklich dazu aufgefordert, den durch das Vorgehen von Exxon erlittenen Schaden juristisch geltend zu machen.

Richter Walter gab Exxon ausserdem 48 Stunden Zeit, öffentlich Verleumdungen gegen PdVSA zurückzunehmen, die der Konzern im Zusammenhang mit dem Verfahren verbreitet hatte.

In jedem Fall muss Exxon an PdVSA nun mehr als 766.000 Dollar für die Prozesskosten zahlen, berichtet die venezolanische Agentur ABN. Dafür hat der US-Multi 21 Tage Zeit. Angesichts der Dollarschwäche ermächtigte der englische Richter PdVSA ausserdem, einige der erlittenen Schäden in Euro zu berechnen.

Quelle: Mitteilung der Botschaft der Bolivarischen Republik Venezuela in der Bundesrepublik Deutschland; www.botschaft-venezuela.de




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