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Wunsch des UN-Generalsekretärs nicht erhört

MINURSO-Mission für die Westsahara ein Jahr verlängert / Mandatserweiterung aber von Frankreich blockiert

Von Jerko Bakotin *

Die UNO-Mission in der Westsahara ist zwar für ein Jahr verlängert worden – doch wieder wird sie ohne die Aufgabe bleiben, die Menschenrechtslage in dem Territorium zu beobachten.

MINURSO – das ist die 1991 vom Weltsicherheitsrat ins Leben gerufene »UN-Organisation für die Abhaltung eines Referendums in der Westsahara«. Dieser Tage verlängerte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die Mission in ihrer bisherigen Form, obwohl UN-Generalsekretär Ban Ki Moon im April darüber hinaus die Einsetzung eines Menschenrechtsbeobachters gefordert hatte.

Der größte Teil des Territoriums der Westsahara – das etwas größer als Großbritannien ist, aber nur etwa eine halbe Million Einwohner zählt – wurde 1975 von Marokko besetzt. Bis 1991 hatte die Frente Polisario, die nach Unabhängigkeit der ehemaligen spanischen Kolonie strebt, einen Guerillakrieg gegen die nordafrikanische Monarchie geführt. Damals wurde ein Waffenstillstand ausgehandelt, mit dem Ziel einer Volksabstimmung. Die aber hat wegen marokkanischer Obstruktionen niemals stattgefunden.

»Marokko geht seit Jahren unverhältnismäßig hart gegen friedliche Demonstranten vor. Da möchte man keine Zeugen. Allein vorletzte Woche, als eine Delegation der UNO die Hauptstadt El Aaiun (Laayoune) besucht hat, gab es mehr als 70 Verletzte«, sagte Mohamed el-Mamun Ahmed Brahim, Vertreter der Polisario in Deutschland, in einem Gespräch mit »nd«.

Durch seine Ablehnung, eine dauerhafte Beobachtung der Menschenrechtslage zu erlauben, hat Marokko schon jahrelang Unterstützung durch Frankreich, das mit seiner ehemaligen Kolonie ein strategisches Bündnis eingegangen ist. Diese Unterstützung ist auch einer der Gründe, warum das versprochene Referendum nie stattfand: Paris hat im UN-Sicherheitsrat immer zugunsten Rabats gehandelt.

Zugleich bekam Marokko während seines Krieges gegen die Polisario militärische Hilfe, obwohl die Besetzung der Westsahara nach dem Völkerrecht illegal ist und kein Staat, zumindest offiziell, die Hoheit Marokkos über das Territorium anerkannt hat.

Auch was die jüngste, einstimmig verabschiedete Resolution betrifft, äußerten UNO-Diplomaten gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters die Meinung, dass Frankreich bereit wäre, seine Vetorecht im Interesse Marokkos zu benutzen.

»Wir verstehen überhaupt nicht, warum Frankreich sich gegen die Wünsche des UNO-Generalsekretärs stellt. Die Franzosen haben in Mali, der Zentralafrikanischen Republik, Libyen und Afghanistan interveniert, nach eigener Bekundung im Interesse von Demokratie und Menschenrechten. Aber in der Westsahara sind sie nicht bereit, dafür zu stimmen, dass eine UNO-Mission die Beobachtung der Menschenrechte übernimmt. MINURSO ist eine Mission, die bisher nicht mit einem derartigen Mandat ausgestattet ist«, beklagte der Polisario-Vertreter in Deutschland.

In der Zwischenzeit geht es auch um die Ausbeutung der Naturschätze, etwa der profitablen Phosphatminen oder der reichen Fischgründe vor der westsaharischen Küste, und zwar mit Billigung der Europäischen Union. 2011 hatte das Europäische Parlament (EP) ein Fischereiabkommen mit Marokko abgelehnt, mit dem europäischen Fangflotten der Zugang zu Marokkos Gewässern – Westsahara inklusive – ermöglicht worden wäre. Dennoch genehmigte das EU-Parlament im Dezember ein ähnliches Abkommen. Die Meinung der Sahrauis dazu wurde nicht berücksichtigt, obwohl sich die Polisario als von der UNO anerkannte Vertreterin der saharauischen Bevölkerung klar dagegen ausgesprochen hatte. Des weiteren hat Marokko Bohrrechte für die Erdölprospektion an ausländische Unternehmen vergeben.

»Die humanitäre Hilfe für die Flüchtlingslager der Polisario ist sehr stark zurückgegangen. Die Leute leiden«, fügt Ahmed Brahim hinzu. Etwa hunderttausend saharauische Flüchtlinge befinden sich schon seit vier Jahrzehnten in den von der Polisario verwalteten Lagern im südwestlichen Algerien.

»Die einzige Lösung für den Konflikt um die Westsahara wäre eine Referendum, in dem die Bevölkerung entscheiden könnte, ob sie für eine Eingliederung in Marokko, für Autonomie oder Unabhängigkeit ist. Aber das ist nur dann möglich, wenn der Sicherheitsrat Kapitel VII der UNO-Charta anwenden würde, weil das die Durchsetzung einer Resolution auch ohne die Zustimmung der beteiligten Parteien ermöglicht.« Aber so, wie die politische Lage derzeit ist, bleibt die Westsahara noch lange »Afrikas letzte Kolonie«.

* Aus: neues deutschland, Montag, 12. Mai 2014


Resolution 2152 (2014) des UN Sicherheitsrats (englisch):
www.un.org [externer Linkl]

UN-Resolution 2152 (2014) vom 29. April 2014 (deutsch)



POLISARIO begrüßt UN-Resolution

Polisario Front hails Security Council’s commitment to Saharawi right to self-determination **

Washignton (United States)- Polisario Front expressed satisfaction with the Security Council’s commitment in favour of a political solution to the Western Sahara conflict based on Saharawis’ inalienable right to self-determination,” Ahmed Boukhari, Polisario Front representative at the UN.

The Sahrawi official made the statement in reaction to the United Nations Security Council’s adoption of a resolution on Western Sahara, in which it reiterates its call to a “fair, sustainable and mutually acceptable political solution, providing Western Sahara people’s self-determination.”

Boukhari was speaking against the status quo in relation to Western Sahara issue.

For Ahmed Boukhari, such a process implies the holding of a self-determination referendum which includes the option of independence, in conformity with the UN General Assembly Resolutions 1514 (XV) and 1541 (XV), as well as the United Nations’ settlement plan which was approved by the UN Security Council in 1991.”

Concerning the issue of Sahrawi Human rights, Boukhari said that the Polisario Front regretted that the MINURSO remains the only United Nations peace mission without a human rights monitoring mechanism.

There are however “hard evidence” on the “serious and systematic” human rights violation by Morocco and despite the fact that the UN Secretary General said, in his report, to be in favour of an “independent and impartial” monitoring mechanism of human rights in Western Sahara, noted the Sahrawi representative. (SPS)

** Quelle: Westernsahara-Newsletter, 7.05.2014


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