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Andalusische Nadelstiche

Gewerkschaft setzt Kampf um Finca "Las Turquillas" fort

Von Carmela Negrete *

Mehrere hundert Mitglieder der Andalusischen Arbeitergewerkschaft (SAT) sind am Samstag kurzzeitig auf das Gelände der in der Provinz Sevilla gelegenen Finca Las Turquillas eingedrungen. Schon am 1. Mai hatten die Gewerkschafter das Gelände, das der spanischen Armee gehört, vorübergehend okkupiert, waren aber nach wenigen Stunden von der Polizei geräumt worden. Am Samstag verzichteten sie darauf, Auseinandersetzungen zu provozieren und zogen sich bereits nach wenigen Minuten wieder vom Gelände zurück. Statt dessen haben sie vor den Zugängen der Finca ein Protestcamp errichtet.

Die SAT fordert, die Finca erwerbslosen Landarbeitern zur Bewirtschaftung zu überlassen. Der Generalsekretär der Gewerkschaft, Diego ­Cañamero, kritisierte, daß in der Region die meisten landwirtschaftlichen Flächen für den Anbau von Weizen und Kernobst genutzt würden, die von der Europäischen Union hoch subventioniert würden. Diese Art der landwirtschaftlichen Nutzung schaffe jedoch nur wenige Arbeitsplätze und könne zum großen Teil automatisiert erledigt werden. Zugleich seien in Andalusien jedoch 40 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung erwerbslos. Als Alternative schlägt die SAT die Gründung von Kooperativen vor, durch die sich die Betroffenen selbst ihre Arbeitsplätze schaffen können. Dabei kritisiert die SAT die Praxis der EU, ihre Förderung nach der Hektarzahl der jeweiligen Betriebe und nicht nach deren Produktion zu bemessen. Die größten Profiteure dieser EU-Politik, durch die jährlich fünf Milliarden Euro nach Spanien fließen, seien deshalb nicht die kleinen und mittleren Produzenten, sondern Großgrundbesitzer wie die Gräfin von Alba, die ihre Ländereien hauptsächlich zum Kassieren dieser Finanzmittel unterhalten und dort nur leicht maschinell zu erntende Güter anbauen.

»In Andalusien gibt es 22000 Hektar öffentlichen Grund und Bodens, die vielen Erwerbslosen Arbeit geben könnten«, unterstrich auch der Bürgermeister des berühmten »kommunistischen Dorfes« Marinaleda, Juan Manuel Sánchez Gordillo, der für die Vereinigte Linke (IU) im andalusischen Parlament sitzt und neben Cañamero der bekannteste Vertreter der SAT ist.

Die Regionalregierung hingegen will einen Großteil dieser Flächen an private Investoren verkaufen. Deshalb hatte die IU bereits im vergangenen Sommer die Gründung eines Bankinstituts für die öffentlichen Ländereien vorgeschlagen. Lola Álvarez, SAT-Sekretärin in Córdoba, machte gegenüber junge Welt jedoch auf die Differenzen aufmerksam, die es in dieser Frage auch innerhalb der IU gebe. Der Plan enthalte zwar schöne Worte, komme aber zu spät: »Die ersten Schritte zu dessen Umsetzung würden in jedem Fall erst 2016 unternommen, genau zum Ende der Legislaturperiode.«

* Aus: junge Welt, Montag, 6. Mai 2013


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