Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Baskische Roadmap

ETA ist zu einem Waffenstillstand bereit. 30 Organisationen legen Weg zur Verhandlungslösung fest

Von Ingo Niebel *

Die Untergrundorganisation Euskadi Ta Askatasuna (ETA, Baskenland und Freiheit) ist bereit, einen »unbefristeten und verifizierbaren Waffenstillstand« zu verkünden und »auch noch weiter zu gehen«. Das sagten zwei ihrer Vertreter in einem Interview, das die linke baskische Tageszeitung Gara am Sonntag (26. Sep.) veröffentlichte. Einen Tag zuvor hatte die verbotene baskische Linkspartei Batasuna (Einheit) gemeinsam mit 30 weiteren Parteien und Organisationen die ETA in der Erklärung von Gernika (span.: Guernica) erneut dazu aufgerufen. Darüber hinaus richteten sie weitgehendere Forderungen an die Regierung in Madrid, zu denen unter anderem eine Amnestie der 760 politischen Gefangenen und 2000 Flüchtlingen zählte.

Die Erklärung stellt einen Fortschritt in den Bemühungen der illegalisierten linken Unabhängigkeitsbewegung dar, einen zukünftigen Friedensprozeß auf der Basis einer breiten Massenmobilisierung zu erreichen. Bisher gestalteten Batasuna und die mit ihr kooperierende sozialdemokratische Eusko Alkartasuna (EA, Baskische Solidarität) den Prozeß allein. Nun werden sie von der Batasuna-Abspaltung Aralar, dem baskischen Landesverband der gesamtspanischen Izquierda Unida (IU, Vereinigte Linke) und dessen ausgeschertem Flügel Alternatiba unterstützt. Sie unterzeichneten das Dokument mit.

Daß sich die ETA dieser Entwicklung keineswegs verschließt, wird in dem Gara-Interview deutlich. Darin stellen die beiden Vertreter klar: »ETA will auf dem sich weiter vertiefenden Lösungsweg voranschreiten, bis sich im Baskenland eine echte demokratische Lage abzeichnet.«. Es ist die dritte Äußerung dieser Art innerhalb eines Monats. Vor einer Woche hatte die Organisation bereits erklärt, sie sei bereit, mit den internationalen Mediatoren um den südafrikanischen Anwalt Brian Currin über tiefergehende Maßnahmen zu sprechen.

Madrid hat erneut ablehnend reagiert. Die Regierung von Premier José Luis Rodríguez Zapatero (PSOE) besteht weiterhin auf das bedingungslose Ende des bewaffneten Kampfes. Das fordert auch die bürgerliche Baskischen Nationalpartei (PNV). Beide Parteien haben gerade einen strategischen Pakt geschlossen, der Zapateros Minderheitsregierung bis zur Wahl 2012 im Amt halten wird. Im Gegenzug erhält die Autonome Baskische Gemeinschaft die Erlaubnis, Arbeit und Renten ab 2011 selbst zu verwalten. Das Paket hat einen Wert von 472 Millionen Euro und stärkt die PNV-kontrollierte Regionalverwaltung. Beide Parteien wollen so der linken Verhandlungsinitiative eine Alternative gegenüberstellen. Gleichzeitig will Zapatero das Parteiengesetz verschärfen, um die verbotene Linke definitiv bei den baskischen Kommunalwahlen 2011 auszuschließen.

* Aus: junge Welt, 28. September 2010


Zurück zur Spanien-Seite

Zurück zur Homepage