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Wortmeldung aus dem Knast

El País interviewt Batasuna-Sprecher: Arnaldo Otegi rät ETA zu Waffenstillstand

Von Ingo Niebel *

Die »Strategie der Unabhängigkeitsbewegung ist inkompatibel mit der bewaffneten Gewalt«, zitiert El País Arnaldo Otegi in ihrer Sonntagausgabe. Das Interview mit dem inhaftierten Sprecher der verbotenen baskischen Linkspartei Batasuna war von der spanischen Tageszeitung schriftlich geführt worden, nachdem das Madrider Innenministerium ein direktes Gespräch verweigert hatte. Otegi beantwortete 46 von 52 eingereichten Fragen. Offen ließ er jene, die sich auf seine persönliche Zukunft bezogen oder die auf eine direkte Verurteilung der Untergrundorganisation Euskadi Ta Askatasuna (ETA, Baskenland und Freiheit) hinausliefen.

Der Fragenkatalog drehte sich um die Haltung der baskischen Linken zur ETA, die Ernsthaftigkeit ihrer Vorschläge zu einer Verhandlungslösung sowie um die Zukunft von Batasuna angesichts des fortdauernden Verbots. Otegi beantwortete die Fragen als Führungsmitglied von Batasuna. Er riet der ETA, »einen unilateralen, dauerhaften und verifzierbaren Waffenstillstand« zu verkünden. Eine organisatorische Verbindung von Batasuna zur klandestinen Organisation bestehe nicht, erklärte er. Es existiere lediglich eine Übereinstimmung in den strategischen Zielen »Unabhängigkeit und Sozialismus«.

Die Haltung der baskischen Linken zum bewaffneten ETA-Kampf vergleicht er mit der Position der irischen Sinn Féin und von Nelson Mandela zur politischen Gewalt. Im Falle eines neuerlichen ETA-Anschlags, den Otegi für äußerst unwahrscheinlich hält, rechne er mit einer Ablehnung durch Batasuna, da diese sich zur Gewaltlosigkeit aller Seiten bekannt habe. Er sei der Meinung, daß die ETA bereit ist, an einer friedlichen Lösung auf der vorbereiteten Basis mitzuarbeiten.

»Es gibt keinen anderen Weg zur Unabhängigkeit als den über friedliche und demokratische Wege«, macht Otegi deutlich, der Batasuna bei Verhandlungen während des Friedensprozesses 2006/2007 vertreten hatte. Damals hätten sowohl die spanische Regierung unter José Luis Rodríguez Zapatero als auch die ETA zum Scheitern beigetragen, weil sie meinten, sie könnten mittels Repression oder Drohungen den jeweils anderen zum Einlenken bewegen.

Otegi sieht keine Gefahr für die Existenz seiner Partei, wenn diese nicht zu den Wahlen 2011 zugelassen würde. »Die baskische Linke hat ihre Positionen nicht erneuert, weil sie an die nächsten Wahlen, sondern weil sie an die kommenden Generationen denkt«, erklärte der Politiker. Zu seiner eigenen Zukunft sagte er: »Ich werde auf der Bank der Mehrheitsfraktion - die der linken Unabhängigkeitsbewegung - im Parlament Platz nehmen.« Für November erwartet Otegi, der seit einem Jahr inhaftiert ist, seinen nächsten Prozeß wegen Betätigung für Batasuna.

* Aus: junge Welt, 18. Oktober 2010


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